Kates Geheimnis
ihrem Körper. Es war nur ein Traum gewesen. Es hatte keinen Sinn, ihn verstehen zu wollen.
Aber was hatte KC gemeint?
Sie schaute auf die Uhr. Es war fünf Uhr morgens.
Jill wusste, dass sie unmöglich wieder einschlafen konnte. Sie würde die Küche suchen und sich einen Kaffee machen - nachdem sie geduscht und sich umgezogen hatte. Sie fürchtete sich vor dem Schlafen, davor, dass dieser schreckliche Albtraum wiederkommen könnte.
Jill las Zeitung und trank Kaffee, als Alex in die Bibliothek spaziert kam, wo sie sich niedergelassen hatte. Sie erstarrte. Es war erst halb neun.
»Guten Morgen«, sagte er. Er trug seine Levis und einen schwarzen Wollpulli mit Zopfmuster. Er schaute sie abwartend an.
Jill legte die Zeitung weg und stand auf. »Ich schulde dir eine dicke Entschuldigung«, begann sie nervös.
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»Ja, das tust du.« Er hielt ihrem Blick stand.
Sie studierte sein Gesicht, blickte ihm lange in die Augen und versuchte zu entscheiden, ob sie ihm trauen konnte oder nicht. Sein Blick wirkte verschleiert, ausdruckslos. »Mir ist klar geworden, dass ich mich mehr und mehr auf dich verlassen habe
... Ich habe nicht viele Freunde.« Sie hielt inne. Sie wollte hinzufügen: Aber ich
habe Angst, dir zu vertrauen. Kannst du mir das verübeln? Doch sie wagte es nicht, ihm ihre Gedanken und Gefühle ganz zu enthüllen. Er wartete darauf, dass sie ihre Rede beendete. Jill versuchte zu lächeln, doch es wollte ihr nicht gelingen. »Ich hätte dich um Erlaubnis bitten sollen, mir deine Dateien anzusehen ...«
Er fiel ihr ins Wort: »Du traust mir nicht. Du glaubst, dass ich diese Dateien mit Kates Briefen gelöscht habe. Oder?«
Jill schaute ihn an und bemerkte seinen vorwurfsvollen Blick. »Ich weiß nicht, was ich denken soll«, flüsterte sie schließlich. »Ich habe gehofft, wir wären Freunde. Aber kannst du es mir verübeln, dass ich ganz sichergehen wollte?« Nach kurzem Zögern fügte sie hinzu: »Ich habe nicht wirklich erwartet, diese Briefe auf deinem Computer zu finden.«
Er fuhr sich mit der Hand durch das kurze, dichte Haar; er wirkte verärgert, aber auch mitfühlend. »Ich schätze, ich verstehe schon, dass es dir in dieser 425
Situation sehr schwer fällt, irgendeinem Mann zu trauen.«
»Danke«, flüsterte Jill. »Ich werde nicht noch einmal herumschnüffeln.« Und irgendwo in ihrem Inneren, vielleicht in ihrem Herzen, war sie erleichtert und auf alberne Weise glücklich darüber, dass sie diesen Streit beigelegt hatten.
Er sah sie an. »Du bist unglaublich zäh und hartnäckig«, sagte er schließlich, »und das gehört zu den Dingen, die mir an dir so gut gefallen. Ich erwarte gar nicht, dass du dich änderst.« Endlich lächelte er.
Das Lächeln brachte sein schönes Gesicht und seine wahnsinnig blauen Augen zum Strahlen. Jills Herz raste. Er glaubte ihr nicht ganz - sie war nicht einmal sicher, ob sie ihre Beteuerungen selbst glaubte.
»Jill.«
Sie sah ihm in die Augen, als er mit fester, gebieterischer Stimme ihre Gedanken unterbrach.
»Du kannst mir vertrauen«, sagte er. »Ich will dir helfen. Wir sind Freunde.«
Jill nickte. Sie wollte ihm glauben. Aber seine unterdrückte Wut von gestern Nacht hatte ihr mehr Angst eingejagt als Thomas’ lautstarke Ausbrüche.
Wenn er unschuldig war, warum war er dann so wütend auf sie geworden?
Was für ein schrecklicher Gedanke.
»Ist der heiß?«, fragte Alex freundlich, als sei alles vergeben und vergessen. Er bezog sich auf die große 426
silberne Kanne auf dem Tischchen vor Jill, die das Küchenpersonal für sie mit dampfend heißem Kaffee gefüllt hatte. Sie stand auf einem Silbertablett, zusammen mit eiskalter Milch, einer Zuckerdose und einer Karaffe mit frisch gepresstem Orangensaft.
Jill fuhr sich über die Lippen, während er ihr Schweigen als Ja nahm und sich eine Tasse frisch gebrühten Kaffee einschenkte. Und sie fragte sich: Wenn er unschuldig war, warum hatte er ihr dann nicht angeboten, sich seine Dateien anzusehen? Um ihren Verdacht ein für alle Mal auszuräumen?
Jill wurde unwohl bei diesem Gedanken. Sie wollte nicht an ihm zweifeln. Aber sie konnte nicht anders.
»Alex? Kann ich dich was fragen?«
Er nippte an seinem Kaffee und sah sie mit seinen leuchtend blauen Augen an. »Klar.«
»Glaubst du, dass Thomas die Briefe gelöscht hat?«
Er ließ die Tasse sinken und hielt ihrem Blick stand, zögerte aber mit der Antwort. »Nein. Das glaube ich nicht«, sagte er mit fester Stimme. »Ich glaube, dass es
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