Katharina von Medici (German Edition)
Mittel bedienen müßte. Sie weiß, daß der Herrscher, der zu Giften greift, durch Gift umkommt. Die Borgias, ebenso wie Bianka, die Großherzogin von Toskana, bilden ein berühmtes Beispiel für die Gefahren, welche solch elende Hilfsmittel mit sich bringen. Bei Hofe spricht sich alles herum. Einen armen Teufel könnt Ihr töten, welchen Zweck hätte es, ihn zu vergiften? Wenn man aber vornehme Leute damit angreifen wollte, gäbe es da irgendeine Möglichkeit, daß es geheim bliebe? Auf Coligny zielen konntet nur Ihr, die Königin oder die Guisen. Niemand hat sich darin getäuscht. Glaubt mir, nicht zweimal bedient man sich ungestraft des Gifts in der Politik. Fürsten haben immer Nachfolger. Was die Kleinen anlangt, wenn sie, wie Luther, durch die Macht der Ideen Souveraine werden, so tötet man ihre Lehren nicht, wenn man sich auch ihrer Person entledigt. Die Königin stammt aus Florenz und weiß, daß Gift nur die Waffe persönlicher Rachegedanken sein kann. Mein Bruder, der sie seit ihrem Eintreffen in Frankreich nicht verließ, weiß, welchen Kummer ihr Madame Diana bereitete; nie hat sie daran gedacht sie zu vergiften. Sie hätte es gekonnt. Was aber würde der König, Euer Vater, gesagt haben? Nie war ein Weib mehr in ihrem Rechte, nie der Straflosigkeit sicherer. Frau von Valentinois lebt noch heute.«
»Und die Behexungen?« fuhr der König fort.
»Sire,« sagte Kosmus, »solche Sachen sind wahrlich so harmlos, daß wir uns, um blinde Leidenschaften zu befriedigen, dazu hergeben, wie Ärzte, die Pillen aus Brotkrumen Leuten reichen, die sich einbilden, krank zu sein. Eine Frau glaubt, auf des Treulosen Haupt ein Unglück heraufzubeschwören, wenn sie das Herz seiner Wachsbilder durchbohrt. Was wollt Ihr? Das sind unsere Steuern.«
»Der Papst verkauft Ablaß«, sagte Lorenz Ruggieri lächelnd.
»Hat meine Mutter mit Behexungen gearbeitet?«
»Wozu taugen jemandem, der alles vermag, wirkungslose Mittel?«
»Könnte die Königin Katharina Euch in diesem Augenblicke retten?« fragte der König mit finsterer Miene.
»Aber wir schweben ja in keinerlei Gefahr, Sire«, antwortete Lorenz Ruggieri ruhig. »Bevor ich dies Haus betrat, wußte ich, daß ich es heil und gesund verlassen würde, ebenso wie ich weiß, welch böse Gesinnung der König in ein paar Tagen meinem Bruder gegenüber hegen wird; doch, wenn er irgendwie Gefahr läuft, wird er über sie triumphieren. Wenn der König mit dem Degen regiert, regiert er auch durch die Gerechtigkeit!« fügte er hinzu, auf die berühmte Devise einer für Karl den Neunten geprägten Medaille anspielend.
»Ihr wißt alles. So werde ich bald sterben, und es ist gut so«, fuhr der König fort, der seinen Zorn hinter einer fieberhaften Ungeduld verbarg. »Wie aber wird mein Bruder enden, der Eurer Voraussage gemäß König Heinrich der Dritte sein muß?«
»Eines gewaltsamen Todes.«
»Und Herr von Alençon?«
»Wird nicht regieren.«
»Heinrich von Bourbon wird also herrschen?«
»Ja, Sire.«
»Und wie wird er enden?«
»Eines gewaltsamen Todes.«
»Und was wird, wenn ich tot bin, aus Madame?« fragte der König, auf Marie Touchet hindeutend.
»Frau von Belleville wird sich verheiraten, Sire.«
»Lügner seid Ihr! Schickt sie fort, Sire!« rief Marie Touchet.
»Aber, mein Liebchen, die Ruggieri haben mein Edelmannswort«, entgegnete der König lachend.
»Wird Marie Kinder haben?«
»Ja, Sire; die gnädige Frau wird mehr als achtzig Jahre leben.«
»Soll man sie festnehmen lassen?« sagte Karl der Neunte zu seiner Geliebten.
»Und mein Sohn, der Graf von Auvergne?« fragte Karl der Neunte; er ging fort, um ihn herbei zu holen.
»Warum habt Ihr ihm gesagt, daß ich mich verheiraten würde?« sagte Marie Touchet zu den beiden Brüdern in dem Moment, wo sie allein waren.
»Madame,« antwortete Lorenz würdig, »der König hat uns befohlen, die Wahrheit zu sagen, also sagen wir sie.«
»Ist es also wahr?« forschte sie.
»Ebensosehr wie es auf Wahrheit beruht, daß der Gouverneur von Orleans bis über beide Ohren in Euch verliebt ist.«
»Aber ich liebe ihn doch nicht«, rief sie.
»Das stimmt, gnädige Frau«, erklärte Lorenz; »doch bestätigt Euer Thema, daß Ihr den Mann heiraten werdet, der Euch in diesem Augenblicke liebt.«
»Könntet Ihr nicht ein bißchen für mich lügen?« meinte sie lächelnd; »denn wenn der König gar an Eure Vorhersagungen glaubte!...«
»Ist es nicht auch notwendig, daß er an unsere Unschuld glaubt?« sagte
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