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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Kosmus, der Favoritin einen Blick voller Feinheit zuwerfend. »Die vom Könige uns gegenüber getroffenen Vorsichtsmaßnahmen haben uns all die Zeit über, die wir in Eurem hübschen Kerker verbrachten, zu der Annahme Anlaß gegeben, daß die okkulten Wissenschaften ihm gegenüber verleumdet worden sind.«
    »Seid ruhig,« antwortete Marie, »ich kenne ihn, all sein Mißtrauen ist zerstreut.«
    »Wir sind unschuldig«, erwiderte stolz der hohe Greis.
    »Desto besser,« sagte Marie, »denn der König läßt in diesem Augenblicke Euer Laboratorium durchforschen; eure Öfen und Fiolen werden von erfahrenen Männern untersucht.«
    Die beiden Brüder blickten sich lächelnd an.
    Dies Lächeln, welches soviel bedeuten sollte wie:
    ›Arme Tröpfe, glaubt ihr, wenn wir Gifte herzustellen vermögen, wissen wir nicht, wie wir sie verstecken müssen?‹ hielt Marie Touchet für einen Spott der Unschuld.
    »Wo sind des Königs Leute?« fragte Kosmus.
    »Bei René«, antwortete Marie.
    Kosmus und Lorenz warfen sich einen Blick zu, durch den sie einunddenselben Gedanken wechselten: ›Das Hotel von Soissons ist unverletzlich!‹
    Der König hatte seine Verdachtgründe so gut vergessen, daß, als er seinen Sohn holte und Jakob ihn dabei aufhielt, um ihm ein von Chapelain gesandtes Billett einzuhändigen, er es mit der Gewißheit öffnete, daß sein Arzt ihm hinsichtlich der Untersuchung der Offizin darin mitteile, alles dort Vorgefundene diene einzig und allein alchimistischen Forschungen.
    »Wird er glücklich leben?« fragte der König, den beiden Alchimisten seinen Sohn zeigend.
    Kosmus nahm des kleinen Kindes Hand und betrachtete sie voller Aufmerksamkeit.
    »Herr,« sagte Karl der Neunte zu dem Greise, »wenn Ihr den Geist verneinen müßt, um an Eures Unterfangens Möglichkeit zu glauben, erklärt mir doch, wie Ihr an dem zweifeln könnt, was Eure Macht bedeutet. Der Gedanke, den Ihr vernichten wollt, ist die Leuchte, die Euren Nachforschungen Licht spendet. Ach, ach, heißt das nicht sich bewegen und die Bewegung leugnen?« rief der König, der, befriedigt, dies Argument gefunden zu haben, seine Geliebte triumphierend anblickte.
    »Der Gedanke,« antwortete Lorenz Ruggieri, »ist die Ausübung eines inneren Sinnes, so wie die Fähigkeit, mehrere Gegenstände zu sehen und ihre Dimensionen und Farben wahrzunehmen, eine Wirkung unseres Gesichtes ist. Das hat nichts mit dem zu schaffen, was man von einem anderen Leben verlangt. Der Gedanke ist eine Fähigkeit, die selbst zu unseren Lebzeiten mit den Kräften, die sie produzieren, aufhört.«
    »Ihr seid konsequent«, warf der König überrascht ein. »Doch ist die Alchimie eine atheistische Wissenschaft.«
    »Eine materialistische, Sire, was ein großer Unterschied ist. Der Materialismus ist die Konsequenz der indischen Lehren, die durch die Isismysterien nach Chaldäa und Ägypten übertragen und von Pythagoras nach Griechenland gebracht wurden. Pythagoras ist einer der Halbgötter der Menschheit: seine Lehre der Verwandlung ist die Mathematik des Materialismus, das lebendige Gesetz ihrer Phasen. Jeder der verschiedenen Schöpfungen, aus denen die irdische Schöpfung sich zusammensetzt, ist die Macht zu eigen, die Bewegung, die sie in eine andere drängt, zu verzögern.«
    »Die Alchimie ist also die Wissenschaft der Wissenschaften!« rief Karl der Neunte begeistert. »Mich verlangt Euch bei der Arbeit zu sehen ...«
    »Immer, wenn Ihr wollt, Sire; Ihr werdet nicht ungeduldiger sein als die Königin, Eure Mutter...«
    »Ach, darum hat sie Euch so lieb!« schrie der König.
    »Heimlich beschützt das Haus Medici unsere Nachforschungen seit fast einem Jahrhundert.«
    »Sire,« sagte Kosmus, »dies Kind wird fast hundert Jahre alt. Wechselfälle wird es erleben, wird aber glücklich und geehrt sein, da der Valois Blut in seinen Adern pulst...«
    »Ich will Euch besuchen, meine Herren«, erklärte der König, der wieder guter Laune geworden war. »Ihr könnt gehen.«
    Die beiden Brüder grüßten Marie und Karl den Neunten und zogen sich zurück. Ernst stiegen sie die Stufen hinunter, ohne sich umzusehen und ohne zu sprechen. Sie drehten sich nicht einmal nach den Fenstern um, als sie auf dem Hofe waren, da sie zuversichtlich wußten, daß des Königs Auge sie bespähte. Tatsächlich erblickten sie Karl den Neunten am Fenster, als sie zur Seite einbogen, um durch das Straßentor zu gehen.
    Als Alchimist und Astrolog auf der Rue de l'Autruche waren, blickten sie vor und hinter

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