Katharina von Medici (German Edition)
sich, um zu sehen, ob man ihnen auflauere oder sie verfolge. Bis an die Louvregräben gingen sie, ohne ein Wort zu äußern; als sie sich dort aber allein befanden, sagte Lorenz zu Kosmus in dem Florentiner Dialekte jener Zeit:
»Affè d'Iddio! como le abbiamo infinocchiato!«
(Potzblitz, den haben wir schön eingewickelt!)
»Gran mercès! a lui sta di spartojarsi ...«
(Mag's ihm gut bekommen! Er soll zusehen, wie er sich da heraushilft), antwortete Kosmus. »Mag mir die Königin Gleiches mit Gleichem vergelten, wir haben ihr einen großen Dienst geleistet.«
Einige Tage nach dieser Szene, die auf Marie Touchet ebenso stark wie auf den König wirkte, rief Marie in einem jener Augenblicke, wo der Geist durch das Übermaß der Wonne in irgendwelcher Weise vom Körper losgelöst ist: »Lorenz Ruggieri ist mir wohl verständlich geworden, Karl, Kosmus aber hat nichts geäußert.«
»Das ist wahr«, versetzte der König, von dieser plötzlichen Erleuchtung überrascht. »In ihren Reden lag ebensoviel Wahrheit wie Falschheit. Geschmeidig sind diese Italiener wie die Seide, die sie herstellen.«
Solcher Argwohn erklärt den Haß, den der König Kosmus gegenüber an den Tag legte, als la Moles und Coconnas Verschwörung vors Gericht kam: da er in ihm einen der Anzettler dieser Angelegenheit erkannte, glaubte er von den beiden Italienern an der Nase herumgeführt worden zu sein, denn ihm wurde bewiesen, daß seiner Mutter Astrolog sich nicht ausschließlich mit den Sternen, mit Projektionspulver und dem reinen Atome beschäftige.
Trotz des geringen Glaubens, den viele Leute diesen Dingen schenken, bestätigten die Ereignisse, welche dieser Szene folgten, die von den Ruggieri gegebenen Orakel. Der König starb drei Monate später.
Der Graf von Gondi folgte Karl dem Neunten ins Grab, wie es ihm sein Bruder, der Marschall von Retz, der Ruggieri Freund, prophezeit hatte. Er glaubte an ihre Weissagungen.
Marie Touchet heiratete Karl von Balzac, Marquis von Entragues, Gouverneur von Orleans, von welchem sie zwei Töchter hatte. Die berühmteste dieser Töchter, des Grafen von Auvergne Stiefschwester, war Heinrichs des Vierten Geliebte und wollte bei der Bironschen Verschwörung ihren Bruder auf den französischen Thron setzen, indem sie das Haus Bourbon von ihm vertrieb.
Der Herzog von Angoulême gewordene Graf von Auvergne erlebte Ludwigs des Vierzehnten Regierung. Er prägte Geld auf seinen Gütern und verschlechterte dabei den Feingehalt des Goldes; Ludwig der Vierzehnte aber ließ ihn unbehelligt, soviel Ehrfurcht hatte er vor dem Blute der Valois.
Kosmus Ruggieri lebte bis zur Zeit der Regierung Ludwigs des Dreizehnten. Er sah den Sturz des Hauses Medici in Frankreich und den Sturz der Concini. Die Geschichte hat dafür Sorge getragen zu konstatieren, daß er als Atheist, das heißt als Materialist starb.
Die Marquise von Entragues wurde über achtzig Jahre alt.
Lorenz und Kosmus hatten als Schüler den berühmten Grafen von Saint-Germain, welcher unter Ludwig dem Fünfzehnten solches Aufsehen erregte. Dieser berühmte Alchimist wurde nicht weniger als hundertdreißig Jahre alt, das Alter, welches gewisse Biographen der Marion de Lorme geben. Von den Ruggieri etwa konnte der Graf die Anekdoten über die Bartholomäusnacht und über die Regierung der Valois erfahren haben, in welchen er sich gefiel eine Rolle zu spielen, indem er sie in der Ichform erzählte. Der Graf von Saint-Germain hat als letzter der Alchimisten diese Wissenschaft in der besten Weise erklärt; jedoch hat er nichts geschrieben. Die in dieser Novelle dargelegte kabbalistische Lehre rührt von eben dieser geheimnisvollen Persönlichkeit her.
Es ist etwas Merkwürdiges; drei Menschenexistenzen, die des Greises, von dem diese Aufzeichnungen herrühren, die des Grafen von Saint-Germain und die des Kosmus Ruggieri genügen, um die Geschichte Europas von Franz dem Ersten bis Napoleon zu erfassen. Nur fünfzig ihresgleichen würden genügen, um bis auf die erste bekannte Periode der Welt zurückgehen zu können. ›Was bedeuten fünfzig Generationen, wenn man des Lebens Geheimnisse studiert?‹ sagt der Graf von Saint-Germain irgendwo.
Die beiden Träume
Der Marineschatzmeister, Bodard de Saint-James, gehörte Anno 1786 zu jenen Pariser Finanzleuten, deren Luxus der Aufmerksamkeit und dem Gerede der Stadt in gleicherweise reiche Nahrung bot. Zu dieser Zeit ließ er zu Neuilly seine berühmte ›Tollheit‹ bauen, und zur Bekrönung ihres
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