Katharina von Medici (German Edition)
Wie man sieht, gleichen sich alle Volksrevolutionen. Katharinas Politik, welche die Königmacht so sehr begünstigte, konnte von solchen Szenen, die eine neunjährige Italienerin sehr wohl zu begreifen vermochte, angeraten worden sein.
Alexander von Medicis Thronerhebung, zu welcher der Bastard Clemens der Siebente so viel beigetragen hatte, wurde sonder Zweifel durch seine Illegitimität selber und durch Karls des Fünften Liebe zu seiner berühmten Bastardin Margarete veranlaßt. So wurden Papst und Kaiser von dem nämlichen Gefühle beseelt. Zu jener Zeit betrieb Venedig den Handel der Welt, besaß Rom ihre moralische Herrschaft; Italien regierte außerdem durch seine Dichter, Generäle und die in ihm gebornen Staatsmänner. Zu keiner Zeit sah man in einem so interessanten Lande einen reicheren Verein genialer Männer. Ihrer gab es damals so viele, daß die geringsten Fürsten bedeutende Männer waren. Italien barst vor Talent, Mut, Weisheit, Poesie, Reichtum und Galanterie, wiewohl es von ständigen Bürgerkriegen zerrissen ward und das Stelldichein aller Eroberer war, welche seine schönsten Gefilde sich streitig machten. Wenn die Menschen so tapfer sind, scheuen sie sich nicht, ihre Schwäche einzugestehn. Daraus ergibt sich zweifelsohne jenes goldene Zeitalter der Bastarde. Übrigens muß man diesen illegitimen Kindern des Medicäerhauses Gerechtigkeit widerfahren lassen: sie setzten sich glühend für Ruhm und Vermehrung der Güter und der Macht der Familie ein. Sobald der Duca della città di Penna, der Maurin Sohn, als Tyrann von Florenz eingesetzt ward, machte er des Papstes Clemens des Siebenten Interesse für Lorenz des Zweiten damals elfjährige Tochter sofort zu seinem eigenen.
Wenn man den Gang der Angelegenheiten und Menschen in diesem so interessanten sechzehnten Jahrhundert studiert, darf man niemals vergessen, daß die Politik damals eine ständige List, die bei allen Charakteren jenes aufrichtige Benehmen, jene Breitschultrigkeit zerstörte, welche die Einbildungskraft von hervorragenden Persönlichkeiten fordert, als ihr Element erheischte. Da vor allem findet man Katharinas Freisprechung. Diese Beobachtung spricht allen banalen und wahnsinnigen Anklagen der Reformationsschriftsteller das Urteil. Es war die Maienblüte jener Politik, deren Gesetzbuch von Macchiavelli wie von Spinoza, von Hobbes wie von Montesquieu geschrieben wurde, denn der Dialog von Sulla und Eucrates enthält Montesquieus wahren Gedanken; seine Verbindungen mit der enzyklopädischen Partei gestatten ihm nicht, sie anders zu enthüllen. Diese Prinzipien sind heute die geheime Moral aller Kabinette, in denen man die Pläne irgendwelcher großen Herrschaft verfolgt. In Frankreich tadelten wir Napoleon, als er dies italienische Genie, das er in cute hatte, und dessen Kombinationen nicht immer mit Erfolg gekrönt wurden, zur Anwendung brachte. Karl der Fünfte, Katharina, Philipp der Zweite und Julius der Zweite würden in der spanischen Affäre nicht anders vorgegangen sein. Zu der Zeit, wo Katharina geboren ward, würde die Geschichte, vom Gesichtspunkte der Billigkeit aus betrachtet, einem wie ein unmöglicher Roman vorkommen. Karl der Fünfte, gezwungen den Katholizismus angesichts der Angriffe Luthers zu schützen, welcher den Thron bedrohte, indem er die Tiara bedrohte, ließ den Sacco di Roma zu und hielt Papst Clemens den Siebenten gefangen. Dieser nämliche Clemens der Siebente, welcher keinen grausameren Feind als Karl den Fünften besaß, macht ihm den Hof, um Alexander von Medici in Florenz ans Ruder zu bringen, und Karl der Fünfte gibt diesem Bastard seine Tochter. Im Einverständnis mit Clemens sucht Alexander Karl dem Fünften zu schaden, indem er sich mittels Katharina von Medici mit Franz dem Ersten verbündet, und alle beide versprechen, ihm bei der Eroberung von Italien behilflich zu sein. Lorenzino von Medici macht sich zu Herzog Alexanders Genossen der Ausschweifungen und ist sein Augendiener, um ihn töten zu können. Philipp Strozzi, einer der hochherzigsten Charaktere jener Zeit, hielt so große Stücke auf diesen Mord, daß er schwor, jeder seiner Söhne solle eine von des Mörders Töchtern heiraten, und jeder Sohn erfüllte fromm das väterliche Versprechen, als sie allesamt, von Katharinen beschützt, glänzende Verbindungen eingehen konnten, denn der eine ward Dorias Nacheiferer und der andere französischer Marschall. Kosmus von Medici, der Nachfolger Alexanders, mit welchem ihm keinerlei
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