Katharina von Medici (German Edition)
von Alençon, Katharinas letztes männliches Kind, und zwar eines natürlichen Todes. Unerhörte Anstrengungen machte Katharina, um ihres Sohnes Leidenschaften zu bekämpfen. Die Geschichte hat die Erinnerung an das Mahl mit den nackten Weibern überliefert, welches bei der Rückkehr aus Polen in der Galerie von Chenonceaux stattfand; aber sie zog Heinrich den Dritten durchaus nicht von seinen üblen Angewohnheiten ab. Der Königin letztes Wort hat ihre Politik resümiert; übrigens ist die so konform mit dem gesunden Menschenverstand, daß wir alle Kabinette sie unter ähnlichen Umständen in die Praxis umsetzen sehen:
»Ein guter Schnitt ist das, mein Sohn,« sagte sie, als Heinrich der Dritte an ihr Totenbett trat, um ihr zu melden, daß der Feind der Krone zu Tode gefällt sei, »doch jetzt heißts zunähen!«
So zeigte sie an, daß der Thron sich sofort mit dem Hause Lothringen versöhnen und sich seiner bedienen müsse. Das war das einzige Mittel, um dem Hasse der Guisen die Spitze abzubrechen, indem man ihnen die neue Hoffnung gab, den König zu umgarnen. Solch verschlagene weibliche und Italienerinnenbeharrlichkeit aber, die sie stets angewendet hat, ließ sich in keiner Weise mit Heinrichs des Dritten wollüstigem Leben vereinigen. Als die große Mutter (mater castrorum) einmal tot war, starb auch die Politik der Valois.
Ehe der Verfasser dieser Novellen es unternahm, die Sittengeschichte zu behandeln, hatte er geduldig und sorgsam die hauptsächlichen Regierungen der französischen Geschichte, den Streit der Burgunder und Armagnacs, den der Guisen und Valois, die jeder ein Jahrhundert über währten, zu studieren. Seine Absicht lief dahinaus, eine pittoreske Geschichte Frankreichs zu schreiben. Isabella von Bayern, Katharina und Maria von Medici, diese drei Frauen, nehmen einen riesigen Platz darinnen ein, beherrschen die Zeit vom vierzehnten bis sechzehnten Jahrhundert, ja, man kann sagen bis zu Ludwig dem Vierzehnten. Von diesen drei Königinnen ist Katharina die interessanteste und schönste. Männlich war ihre Herrschaft, und sie entehrten weder die schrecklichen Liebschaften Isabellas noch die noch viel schrecklicheren, obwohl minder bekannten der Maria von Medici. Isabella rief die Engländer gegen ihren Sohn nach Frankreich, liebte den Herzog von Orleans, ihren Schwager, und Boisbourdon. Auf Maria von Medicis Rechnung stehen noch viel schlimmere Dinge. Weder die eine noch die andere besaß politisches Genie. Bei solchen Studien und bei diesen Parallelen überzeugte sich der Verfasser von Katharinas Größe. Indem er sich mit den immer wieder erwachenden Schwierigkeiten ihrer Lage befaßte, erkannte er, wie ungerecht die Historiker, die alle von Protestanten beeinflußt wurden, dieser Königin gegenüber gewesen sind. Die Folge davon waren die drei Novellen hier, in denen einige irrige Meinungen über sie, die sie umgebenden Menschen und über die Dinge ihrer Zeit bekämpft werden. Wenn diese Arbeit den »Philosophischen Studien« eingereiht wurde, geschah es, weil sie den Geist der Zeit darlegt und weil man klar darinnen den gedanklichen Einfluß sieht. Bevor ich aber die politische Arena betrete, in der Katharina sich kämpfend mit den beiden großen Schwierigkeiten ihrer Laufbahn auseinandersetzt, muß ich notgedrungen kurze Angaben über ihr vorhergehendes Leben vom Gesichtspunkte einer unparteiischen Kritik aus machen, damit man annähernd den ganzen Verlauf dieser ungeheuren und königlichen Existenz bis zum Augenblicke überschaut, wo die erste dieser Novellen anhebt.
Zu keiner Zeit, in keinem Lande und in keiner herrschenden Familie hat es jemals mehr Verachtung vor der Legitimität gegeben als in dem berühmten Hause der Medici, deren Name in Frankreich Medicis ausgesprochen wird. Hinsichtlich der Macht huldigte sie der nämlichen Doktrin, zu welcher sich heute Rußland bekennt: Jedwedes Oberhaupt, an das der Thron gelangt, wird das wahre, das legitime. Mirabeau hatte Recht zu sagen: Nur eine Unebenbürtigkeit hats in meiner Familie gegeben, und das ist die der Medici; denn allen Bemühungen der bezahlten Genealogisten zum Trotz ist es gewiß, daß die Medici vor Averard von Medici, dem Florentiner Gonfalonier im Jahre 1314, simple Florentiner Kaufleute waren, die sehr reich wurden. Die erste Persönlichkeit, die eine wichtige Stellung in der Geschichte der berühmten toskanischen Republik einzunehmen begann, war Savestrus von Medici, welcher 1378 Gonfalonier geworden war. Von diesem
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