Katharina von Medici (German Edition)
nicht wollten. Ach, der Sieg des Calvinismus wird Frankreich noch mehr kosten, als er bis heute kostete, denn die religiösen und politischen, der allgemeinen Gleichheit usw. anhängenden Sekten von heute sind das Anhängsel des Calvinismus, und angesichts der Fehler der Macht, ihrer Verachtung der Intelligenz, ihrer Liebe für die materiellen Interessen, auf die sie sich stützen will und welche die trügerischsten aller Mittel, zum mindesten einer providentionellen Hilfe sind, wird der Geist der Zerstörung von neuem über den Geist der Erhaltung obsiegen. Angreifer, die nichts zu verlieren und alles zu gewinnen haben, verständigen sich wunderbar, während ihre reichen Widersacher kein Opfer, weder an Geld noch an Eigenliebe, bringen wollen, um sich Verteidiger zu erwerben. Die Buchdruckerkunst kam der von den Waadtländern und Albigensern begonnenen Opposition zu Hilfe. Als der menschliche Gedanke einmal, statt sich zu verdichten, was zu tun er genötigt war, um in der am besten mitteilbaren Form zu bleiben, eine Menge Kleider anlegte und das Volk selber ward, anstatt in gewisser Weise göttlich »erwiesen« zu bleiben, gab es zwei Massen zu bekämpfen: die Menge der Ideen und die Menge der Menschen. In diesem Kriege ist die königliche Macht unterlegen, und wir wohnen in Frankreich jetzt seiner letzten Kombination mit Elementen bei, die sie schwierig, um nicht zu sagen unmöglich gestalten. Die Macht ist eine Aktion, und das auf Wahl begründete Prinzip ist die Diskussion. Mit der Diskussion in Permanenz ist keine Politik möglich.
So müssen wir denn auch ein Weib für sehr groß halten, das diese Zukunft zu erraten wußte und sie so mutig bekämpfte. Wenn das Haus Bourbon dem Hause Valois nachfolgen konnte, wenn es eine Krone aufzuheben fand, so hat es das Katharinen von Medici zu verdanken. Stellt euch vor, der zweite Balafré wäre noch am Leben gewesen, wie tapfer der Béarnaise auch gewesen ist, zweifelhaft ist's, ob er die Krone aufgerafft hätte, zumal man sieht, wie teuer sie ihm der Herzog von Mayenne und die Überbleibsel der Guisenpartei verkauften. Die notwendigen Mittel, deren sich Katharina bediente, die sich Franz des Zweiten und Karls des Neunten Tod – beide starben sie gerade zur rechten Zeit, um sie zu retten – zum Vorwurf machen mußte, sind, bemerkt das wohl, nicht der Gegenstand der Anklagen der calvinistischen und modernen Schriftsteller! Wenn keine Vergiftung statthatte, wie ernsthafte Autoren erklären, so haben sträflichere Kombinationen bestanden: außer Zweifel steht, daß sie Paré hinderte, den einen zu retten, und daß sie an dem anderen einen langwierigen moralischen Mord vollzog. Franz des Zweiten jäher, Karls des Neunten so allmählich herbeigeführter Tod schadeten den calvinistischen Interessen nicht: die Gründe dieser beiden Ereignisse lagen in der höheren Sphäre und wurden weder von den Schriftstellern noch von dem Volke jener Zeit vermutet. Erraten wurden sie nur von den Thous, den l'Hôspitals und von den überlegensten Geistern oder den Anführern der beiden Parteien, welche die Krone begehrten oder verteidigten und solche Mittel als notwendig erachteten. Die Volkslieder, es ist seltsam, griffen Katharinas Sitten an. Man kennt die Anekdote von jenem Soldaten, der sich während Katharinas und Heinrichs des Vierten Konferenz im Wachthause des Schlosses von Tours eine Gans briet und sich dabei ein Liedchen sang, worin die Königin durch einen Vergleich mit der Kanone stärksten Kalibers, welche die Calvinisten besaßen, beleidigt ward. Heinrich der Vierte zog seinen Degen, um den Soldaten zu töten; Katharina hielt ihn zurück und begnügte sich damit, dem Beleidiger zuzurufen: »He, Katharina ists, die dir die Gans spendet!«
Wenn die Amboiser Hinrichtungen auf Katharinas Rechnung geschrieben werden, wenn die Calvinisten diese überlegene Frau für all die unvermeidlichen Unglücksfälle dieses Kampfes verantwortlich machten, so spielte sie dabei eine Rolle wie später Robespierre, der noch zu beurteilen bleibt. Grausam bestraft ward übrigens Katharina für den Vorzug, den sie dem Herzoge von Anjou gab, dem sie die beiden älteren Brüder so wohlfeil verkaufte. Wie allen verzogenen Kindern war Heinrich dem Dritten die Mutter völlig gleichgültig, und er stürzte sich freiwillig in jene Ausschweifungen, die aus ihm machten, was seine Mutter aus Karl dem Neunten gemacht hatte: einen Ehemann ohne Sohn, einen erbenlosen König.
Unglücklicherweise starb der Herzog
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