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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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das?“
    „Es gibt viel zu tun, damit Katharsia wieder …“
    Er unterbrach seinen Satz, denn im Gang näherten sich Schritte. Die Tür tat sich auf. Der Kopf der Nachtschwester erschien im Türspalt.
    Als sie den entseelten Alten bleich und reglos in seinem Bett liegen sah, war sie mit einem Sprung bei ihm und drückte den Notrufknopf. Dann stützte sie sich mit ausgestreckten Armen auf den Brustkorb des leblosen Körpers und begann, ihn mit kurzen, kräftigen Stößen zusammenzupressen.
    „Da werde ich mal wieder in meine Haut schlüpfen“, zirpte Jannis, „bevor sie mir die Rippen bricht.“
    Sando richtete sich rasch auf, gespannt darauf, zu sehen, wie das Leben in den Körper des Alten zurückkehrte. Dabei geschah es, dass Jannis’ hinüberfliegende Seele unversehens seinen Kopf streifte. Für einen kurzen Moment hämmerte sich eine rasende Bildfolge in Sandos Hirn, so schnell, dass er nur einzelne Fetzen wahrzunehmen vermochte. Es waren hauptsächlich Gesichter, die ihn bedrängten, schmerzverzerrte und hasserfüllte, verklärte und in seltsamer Verzückung aufblickende. Da war ein grelles Strahlen, glutheiß wie die Wüstensonne, und ein unerträglicher Schmerz, der sich in seine Brust bohrte.
    Und als die Bilder längst erloschen waren, gellte ein wahnsinniger Schrei aus der Finsternis. Sando schnappte nach Luft. Ihm war, als müsste er ersticken. Er riss seine Augen auf und fand sich langsam im Krankenzimmer wieder. Die Hände festgekrallt am Bettgestell, die Arme ausgestreckt, hing er halb aufgerichtet da – und allmählich dämmerte es ihm, dass nicht er allein es war, der keuchend atmete.
    Er wandte den Kopf und sah, wie die Schwester am Nachbarbett nach Luft ringend die Druckmassage einstellte. Das Gesicht des Alten hatte wieder an Farbe gewonnen. Seine Augen klappten auf und blickten die Schwester an.
    „Na, da haben wir aber noch mal Glück gehabt!“, hörte Sando sie sagen. „Wie können Sie mir nur so einen Schreck einjagen?!“
    Sie fühlte den Puls des Alten und während sie die Schläge zählte, fand Sando seine Fassung wieder. Mühsam löste er seine verkrampften Hände von den kühlen Rohren des Bettgestells und als endlich der Arzt erschien, lag er da, als wäre nichts geschehen.
    Der Arzt, Nacht in den Augen, würdigte ihn denn auch keines Blickes, als er auf den Notfall zusteuerte. „Was ist los, Schwester?“, fragte er und machte dabei den Eindruck, als müsse er ein Gähnen unterdrücken.
    „Er war für kurze Zeit weg. Aber jetzt scheint er wieder stabil zu sein“, meldete die Schwester, der die Luft noch immer recht knapp war.
    „Sehr gut“, lobte sie der Arzt und zu dem Assistenten, der ihn begleitete, sagte er knapp: „Herzanalytik!“
    „Sofort?“ Die Frage des Assistenten klang erstaunt. Wahrscheinlich war es unüblich, solche Untersuchungen in der Nacht durchzuführen.
    „Haben Sie ein Problem damit?“, erwiderte der Arzt eisig. „Der Tod fragt auch nicht nach der Uhrzeit.“
    Wortlos und mit roten Ohren rauschte der Assistent davon.
    Der Arzt setzte Jannis das Stethoskop auf die Brust. „Es ist das zweite Mal heute, dass Sie klinisch tot waren“, sagte er und lauschte in Jannis hinein.
    „Ich wüsste einige, die wünschten, ich bliebe es“, knurrte der Alte mit Schalk in den Augen.
    Der Mediziner lachte. „Es ist erfreulich und mir gleichwohl ein Rätsel, wie schnell Sie wieder auf dem Posten sind. Na ja, die Herzanalytik wird da sicher Aufschluss geben.“
    Er zog sich das Stethoskop von den Ohren und stand auf.
    „Bringen Sie ihn ins Analysezentrum!“, befahl er der Schwester und im Hinausgehen drehte er sich noch einmal um. „Ich bin Ihnen sehr dankbar, Schwester, dass Sie nicht gefragt haben, ob sie meine Anweisung sofort befolgen sollen.“
    Die Schwester lächelte erfreut über dieses Lob und schickte sich an, das Bett mit Jannis hinauszurollen.
    Der richtete sich ungeachtet ihres Protestes auf. „Denk an meine Worte!“, sagte er zu Sando. „Der Hades ist das Verderben Katharsias.“
    „Ach, Sie schon wieder …“, fuhr die Schwester dazwischen. „Immer müssen Sie die Leute mit dem Hades verschrecken.“
    „Der Junge versteht mich sehr gut“, erwiderte Jannis.
    Doch die Schwester winkte ab. „Mach dir nichts draus, Sando. Ich werde versuchen, den Herrn nach der Untersuchung in ein anderes Zimmer zu verlegen, damit er dich nicht mehr mit seinen Gräuelmärchen ängstigen kann.“
    Mit erstaunlicher Leichtigkeit bugsierte sie das breite

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