Katharsia (German Edition)
stehen dir bei, wenn es schwierig wird.“
Er bedachte Ben, Gregor und Nabil mit einem eindringlichen Blick, ehe er den Hügel hinabeilte, um den Gleiter zu besteigen, der schon eine geraume Zeit auf ihn wartete.
DAS VERHÖR
Die Aussicht auf New York verschlug Sando den Atem, als er tags darauf in Begleitung des Präsidenten und eines Offiziers der Gefahrenabwehr das Appartement Battonis betrat. Hier, im obersten Stockwerk eines Wolkenkratzers, wurde die Seele des ehemaligen Präsidentenberaters in Arrest gehalten, bis entschieden war, was mit ihr geschehen sollte. Der Offizier, der das Verhör führen würde, ging zielstrebig voraus, und es war ihm deutlich anzumerken, dass er die Räume nicht zum ersten Mal sah. Im Gegensatz zum Präsidenten und Sando hatte er keinen Blick für die sündhaft teuren Designermöbel, den langen Konzertflügel, die abstrakten Malereien an den Wänden oder die kleinen Skulpturen, die Tische, Mauervorsprünge und Regalflächen bevölkerten. Zügig stapfte er über die Dielen aus edlem Wurzelholz und öffnete schließlich eine gläserne Tür, hinter der eine Bahn aus Kokonmaterial hing. Der Offizier schob sie beiseite und bemerkte Sandos skeptischen Blick.
„Keine Angst“, sagte er lächelnd, „der Raum, den wir jetzt betreten, dient als Schleuse. Darin treffen wir noch nicht auf Battoni.“
Er ließ Wanderer und Sando ein und ordnete sorgfältig den Vorhang wieder. Der Raum war vollständig ausgekleidet mit dem hell schimmernden Vlies, den keine Seele zu durchdringen vermochte. Anders als in dem schicken Salon, durch den sie eben gekommen waren, gab es hier nichts, woran sich das Auge hätte erfreuen können. Dennoch schaute sich der Offizier die Wände auf das Genaueste an. Dann ging er zu einem Tisch, auf dem drei Overalls lagen. Sando bemerkte sie erst jetzt, da sie aus dem gleichen Material gefertigt waren wie die Wände. Als sie die Ganzkörperanzüge übergestreift hatten, bat sie der Offizier, auch die Hauben mit Sichtfenster sorgfältig anzulegen.
„Es wäre fatal, wenn Ihnen die Seele durch den Kopf schweben würde“, sagte er und Sando wusste aus eigener Erfahrung, wovon die Rede war.
Erst als alles zu seiner Zufriedenheit erledigt war, öffnete der Offizier die Tür, hinter der Battonis Seele gefangen gehalten wurde.
Es war ein kleines Zimmer, das ebenso ausgekleidet war wie die Schleuse. Links an der Wand standen schlichte Stühle, die in der eintönigen Umgebung wie ein angenehmer Blickfang wirkten. An der rechten Wand entdeckte Sando Battoni. Er schwebte in Augenhöhe und blickte die Eintretenden feindselig an.
„Was für ein Mummenschanz!“, sagte er gehässig, nicht damit rechnend, dass ihn jemand hören könnte.
Als sich die drei gesetzt hatten, sagte der Offizier in einem Ton, der etwas zu laut war für diesen Raum: „Herr Battoni, hören Sie mich?“
Battoni kicherte belustigt auf. „Na, du machst mir Spaß! Natürlich höre ich dich! Aber du hörst mich nicht.“
Sando gelang es nur mit Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken.
Der Offizier erklärte ziellos in den Raum hinein: „Herr Battoni, wir haben einige Fragen an Sie. Dieser Junge ist ein Auvisor. Er wird uns Ihre Antworten übermitteln.“
Battoni schaute Sando abschätzend an. Er wollte herausfinden, ob der Offizier die Wahrheit gesagt hatte. Sando hielt dem Blick der Seele stand.
„Kannst du mich wirklich hören?“, fragte Battoni.
„Ich höre Sie sehr gut, Herr Battoni.“
„Bist du nicht der Junge, den ich in Paris vernommen habe?“
„Der bin ich. Das Brainscreening werde ich nicht so schnell vergessen.“
Der Offizier mischte sich nun wieder ein.
„Also, alles klar, Herr Battoni? Ab jetzt stelle ich die Fragen!“, sagte er, wobei er das „Ich“ besonders betonte.
„Na, da bin ich aber gespannt!“, murmelte Battoni für sich.
„Herr Battoni“, begann der Offizier, „welche Personen außer Ihnen zählen zur Führung der Geheimorganisation der Seelenretter?“
„Wie Sie richtig bemerkten, handelt es sich um eine Geheimorganisation. Ein Geheimnis beruht darauf, dass man es nicht verrät“, sagte Battoni höhnisch.
Sando gab die Antwort sachlich wieder, ohne den Unterton.
„Ihre Kumpane sehen das offenbar anders“, konterte der Offizier. „Bei Ihrer illegalen Aktion in Paris wurden Sie nicht nur verraten, sondern sogleich umgebracht. Dass Sie jetzt als Seele hier sind, haben Sie Professor Merlin und einem gewissen Fouchet zu verdanken, nicht uns.“
„Das
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