Katharsia (German Edition)
lassen.“
Gregor lehnte das kategorisch ab.
„Ich kriege das Kotzen, wenn ich in Achmeds Nähe komme. Aber lass dich nicht aufhalten.“
Er ließ Sando stehen und schlug sich auf einem Umweg zum Buffet durch. Sando sah ihm kopfschüttelnd nach und ging kurzentschlossen auf die drei zu.
„Ah, der neue Auvisor!“, begrüßte Achmed ihn freundlich. „Nun lerne ich dich endlich mal persönlich kennen.“
Seine Frau richtete ihre beunruhigend schönen Augen auf Sando, während sie an dem goldenen Amulett auf ihrer Brust nestelte.
„Hallo“, sagte Sando reserviert. Das Gespräch mit Gregor wirkte noch nach und so platzte es aus ihm heraus: „Herr General, darf ich Ihnen eine Frage stellen, auch wenn sie Ihnen unangenehm ist?“
Erstaunt, beinahe belustigt, hob Assadi die Brauen.
„Nur zu, Junge! Heraus damit! Wo drückt dich der Schuh?“
„Warum haben Sie Ben nicht vor den KORE-Leuten gewarnt, als er Sie im Büro besucht hat? Haben Sie mit denen gemeinsame Sache gemacht?“
Achmed war von der Direktheit der Frage überrascht. Er fasste den Jungen ins Auge und man sah ihm an, dass er seine Gedanken sammelte. Ben senkte den Blick und rieb sich mit dem Finger an der Augenbraue. Sicher hätte er die Frage gern etwas diplomatischer gestellt.
„Das sollten wir nicht hier am Buffet besprechen“, mischte sich nun Achmeds Frau ein. Sie reichte leere Teller herum. „Holen wir uns eine Kleinigkeit und dann lassen Sie uns nach draußen gehen.“
Sando hielt dies für eine gute Idee, denn sein Magen schmerzte schon vor Hunger. Er suchte das Buffet mit den Augen ab.
„Wenn ich dir etwas empfehlen darf“, sagte die Schöne neben ihm. „Der Cocktail aus Meeresfrüchten ist ausgezeichnet.“
Ohne Weiteres tat sich Sando davon auf und sah Ben vielsagend an. Der verstand den Wink: Sandos Abneigung gegen Meeresfrüchte hatte sich infolge der Seelenkontakte mit ihm verflüchtigt.
„Es hatte auch etwas Gutes, nicht wahr?“, sagte Ben dankbar.
„Genau“, stimmte Sando zu und schob sich im Gedränge auf dem Weg nach draußen eine Garnele in den Mund.
Vor der Halle warteten schon Achmed und seine Begleiterin. Der Himmel war klar. Das gedämpfte Licht der bunten Lampionketten, die das Eingangsportal säumten, nahm den Sternen fast nichts von ihrer Leuchtkraft. Dafür herrschte eine empfindliche Kühle. Sando zog fröstelnd die Anzugjacke über seiner Brust zusammen. Einige Meter abseits des Eingangs blieben sie stehen. Hier waren sie ungestört.
„Ich bin froh, endlich einmal über die Sache sprechen zu können. Sie bedrückt mich schon lange“, begann Achmed ohne Umschweife. „Als du zuletzt bei mir warst, Ben, wusste ich nicht mehr aus noch ein. Du erinnerst dich vielleicht. Ich sah keine Möglichkeit mehr, meine Agila aus dem Warteheim zu holen. Nun – und kaum warst du damals aus der Tür, stand Battoni, der Präsidentenberater, höchstpersönlich in meinem Büro und unterbreitete mir ein unglaubliches Angebot. Heute weiß ich, dass ich es nie und nimmer hätte annehmen dürfen.“
Achmed rieb sich die Schläfen, als schmerzten ihn die Erinnerungen.
„Er legte mir Fotos von Frauen vor. Eine attraktiver als die andere. Er behauptete, die Abgebildeten wären sehr unglücklich und verlangten nach einer anderen Seele. Und er fragte nach meiner Agila, deren Seele ihm als gütig und ausgeglichen geschildert worden wäre. So war es ja auch …“
Er blickte zu der Frau an seiner Seite.
„Nicht wahr, Agila?“
Die Schöne seufzte und schwieg.
Ben, der die ehemalige Lebensgefährtin seines alten Freundes sehr gut kannte, sah die vor ihm Stehende mit großen Augen an. „Agila? Du bist Agila?“
Verlegen schlug sie die Augen nieder. „Na ja … nicht ganz … also … wie soll ich sagen …“, stammelte sie.
„Dann erklär du es mir, Achmed!“
„Ich bin ja gerade dabei, Ben. Bitte unterbrich mich nicht, es fällt mir schwer genug.“
Ben hob entschuldigend die Hände und schwieg.
„Also …“, setzte Achmed erneut an. „Battoni legte mir Fotos von Frauen vor. Ich sollte wählen. Es wäre für eine gute Sache, sagte Battoni. Damit könnte ich den unglücklichen Frauen helfen, zu einer neuen Seele zu kommen. Es wäre ja bestimmt auch in meinem Sinne, wenn Agila auf diese Weise aus dem Warteheim käme. Freilich fand ich das höchst merkwürdig. In mir schrillten die Alarmglocken. Aber ich habe sie ignoriert. Es gibt Situationen, da schiebst du alle Bedenken beiseite, da schlägst du in jeden
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