Katharsia (German Edition)
Pakt ein – und sei es ein Pakt mit dem Teufel. ,Wie soll das gehen mit dem Seelentausch?‘, habe ich gefragt – und da wusste er, dass er mich im Sack hatte. Battoni erklärte mir, es gäbe jemanden in Amerika, der ein Verfahren entwickelt hätte, mit dem er die eingeborene Seele gewissermaßen neutralisieren könne. So entstünde Platz für eine neue Seele. Das Einpflanzen beherrsche man schon ohne nennenswerte Nebenwirkungen. Kurzum – ich ginge keinerlei Risiko ein.“
Achmed blickte zu Boden.
„Ich bin darauf eingegangen, habe die Fotos genommen und gewählt.“
„Was war die Gegenleistung?“, fragte Ben. „Womit hast du diesen kleinen Liebesdienst bezahlt, Achmed?“
Achmed wand sich. Er brauchte einige Zeit, ehe er mit dumpfer Stimme antwortete: „Mit harter Währung habe ich bezahlt. Das kannst du mir glauben, Ben. Mit der härtesten Währung, die man sich vorstellen kann: mit meinem Gewissen! Mit meiner Selbstachtung! Battoni hatte mich in der Hand. Ich war erpressbar geworden. Es ging sogar so weit, dass ich auf sein Drängen hin Ermittlungen gegen die Seelenretter behindert habe. Was sollte ich tun? Ich steckte mit drin in dem Sumpf.“
Er nahm seinen Mut zusammen und schaute Ben und Sando gerade in die Augen.
„Ihr habt euer Leben riskiert gegen diese Bande. Und ich?“
Er schüttelte den Kopf.
„Das wird dich sicher deine schöne Uniform kosten“, bemerkte Ben spröde. Sein Mitleid mit dem alten Freund hielt sich anscheinend in Grenzen.
„Die Uniform ist mir egal“, entgegnete Achmed. „Wenn ich mir nur wieder in die Augen schauen könnte.“
Die Schöne hatte Achmeds Beichte schweigend mit angehört. Nun öffnete sie den Mund und wollte etwas sagen, doch unter den Blicken Sandos und Bens schien sie der Mut zu verlassen. Sie schloss die Augen, sammelte sich und nestelte nervös an ihrer Kette.
Als sie endlich zu sprechen begann, klang ihre Stimme brüchig. „Ihr werdet jetzt sicher fragen, warum ich … ich …“
Irritiert brach sie ab. Sie machte den Eindruck, als jage sie einem Gedanken nach, den sie nicht zu greifen vermochte.
Schließlich stieß sie hervor: „Dieses verdammte Wort ,ich‘! Wen meint es eigentlich? Meint es die Gestalt, die vor euch steht? Oder die fremde Seele, die darin wohnt? Ist es nicht Wahnsinn, erklären zu müssen, von wem die Rede ist, wenn ich einfach nur ,ich‘ sage?“
„Für mich bist du immer meine Agila, das weißt du doch“, sagte Achmed in einem Ton, der verriet, dass sie dieses Thema schon mehr als ein Mal besprochen hatten.
„Wenn es so einfach wäre“, versetzte Agila gedankenverloren und murmelte mehrmals: „Ich … ich … ich …“
Jedes Mal lauschte sie in sich hinein, als wolle sie ergründen, was das Wort in ihr auslöste. Ben räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. „Agila, was wolltest du uns erzählen, bevor du über das ,Ich‘ gestolpert bist?“
Die junge Frau dachte angestrengt nach.
„Ja, ich … ich meine, die Seele der alten Agila … also, ihr werdet sicher wissen wollen, warum ich das alles mitgemacht habe.“
Ihre dunkelbraunen Augen wanderten von Ben zu Sando und den Jungen schauderte bei dem Gedanken, dass in der Tiefe dieses Körpers eine betäubte zweite Seele schlummerte.
„Ich gebe zu“, sprach Agila weiter, „Achmed hat mich nicht lange überreden müssen. Ich wollte endlich raus aus dem Kokon, endlich wieder leben. Alles andere erschien mir zu diesem Zeitpunkt nebensächlich. Die Skrupel kamen erst später.“
Sie sprach langsam und wirkte verkrampft dabei. Ihre Finger krallten sich in den Ärmeln ihres Kleides fest.
„Bis heute komme ich nicht darüber hinweg, dass dieser schöne Körper nicht mir gehört. Irgendwie lehnt sich meine Seele gegen diese Hülle auf. Und die andere, die ein Recht hat, darin zu wohnen, sitzt in irgendeinem Winkel versteckt und meldet sich Tag für Tag. Mal so heftig, dass ich mich selbst nicht mehr kenne und das Gefühl habe, jene andere zu sein, mal sehr subtil. Es ist nur ein fremder Geruch an mir oder ein ungewohnter Tonfall, mit dem ich mich plötzlich sprechen höre.“
Ihren Körper durchlief ein Zittern. „Es macht mir Angst!“
Mit fahrigen Bewegungen schob sie die Ärmel ihres Kleides hoch. Die Haut darunter war übersät mit Narben. Plötzlich begann sie sich zu kratzen, bis das Blut lief.
„Ich muss hier raus!“, keuchte sie.
Achmed sprang herzu, hielt ihre Hände fest. „Agila, hör auf damit!“, rief er.
Nur mit Mühe gelang
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