Katharsia (German Edition)
„Dieses lächerliche Ding mit der Winde und dem Holzeimer?“
„Genau der“, versetzte Sando glucksend.
Nabil winkte beleidigt ab.
„Ich lass mich doch nicht veralbern!“
„Nein, ganz im Ernst.“
Allmählich beruhigte sich Sando wieder und erzählte, was ihm an dem Brunnen aufgefallen war.
„Du meinst tatsächlich, es könnte ein getarnter Zugang zum Hades sein?“, fragte Gregor ungläubig.
„Warum nicht? Wer weiß, wie weit sie schon sind. Vielleicht fehlt nur noch der letzte Durchbruch …“
Das unbestimmte Gefühl, in der Mausefalle zu sitzen, beschlich die Gefährten. Würden sie hier je wieder herauskommen? Sando trieb es rastlos von einem Ende des Kabuffs zum anderen, wobei er sich jedes Mal an Gregor vorbeizwängte, ohne Notiz von ihm zu nehmen. Nabil stand schnaufend an der Tür und spähte durch die Glaswand nach draußen, als erwarte er jemanden, der in der Absicht kam, die Tür für immer zu verrammeln. Gregor war der Einzige, der die Nerven behielt.
„Ruhig Blut!“, sagte er. „Doktor Fasin ist nicht erst seit heute ein Seelenretter. Bisher hat er uns immer heil nach Hause gebracht. Glaubt mir, solange er denkt, wir tappen im Dunklen, wird er weiter den harmlosen und hilfsbereiten Gastgeber spielen.“
Er zeigte auf die Karte an der Wand.
„Die sollten wir schleunigst verschwinden lassen!“
Endlich hatte der nervöse Bewegungsdrang Sandos ein sinnvolles Ziel. Mit zitternden Händen löste er die Klebestreifen. Nabil wollte nicht tatenlos zusehen und sprang Sando zur Seite. Doch Gregor hielt ihn zurück, hieß ihn, den Posten an der Tür nicht zu verlassen, damit er die Sicht von außen durch die Glaswand versperrte. Die Karte sorgsam zu falten, fiel Sando schwerer, als sie auszubreiten. Die Furcht vor Entdeckung und die Enge der Kammer machten das Vorhaben zur Zitterpartie. Gregor half nach Kräften, fasste zu und beruhigte Sando.
„Doktor Fasin!“, rief plötzlich Nabil von der Tür her.
Sando geriet in Hektik. Die letzten Handgriffe noch! Die vermaledeite Karte schien ihre Widerspenstigkeit ins Unermessliche zu steigern.
„Nun macht schon!“, Nabils sonst so tiefe Stimme klang auf einmal auffallend piepsig.
Die Klinke bewegte sich nach unten. Sando fühlte, wie ihm die Karte entrissen wurde. Es war Gregor. Mit fliegenden Händen stopfte er das verräterische Ding in die Schublade des Schreibtisches. Als sie zukrachte, stand Doktor Fasin im Raum.
„Na, meine Herren?“, sagte er, aufmerksam in die Runde blickend.
Sando sah ihn mit großen Augen an, fühlte sich wie das Kaninchen vor der Schlange.
Sei ganz normal jetzt , hämmerte es in ihm. Lächle ihn an! Versuch es wenigstens! Und bleib locker dabei!
Langsam zog er die Mundwinkel nach oben. Ein schmerzhafter Kraftakt.
„Es war ein harter Tag, nicht wahr, Sando?“, fragte der Doktor.
Wie meint er das? Hat er etwas bemerkt?
„Ja, aber es hat sich gelohnt“, hörte sich Sando sagen.
Was zum Teufel rede ich da? Jetzt habe ich alles verraten! Jetzt weiß er, dass wir etwas gefunden haben! Dass wir über ihn Bescheid wissen!
Der Doktor zog die Brauen hoch. „Gelohnt?“
Es ist aus! Er weiß alles! Ich habe es vermasselt! Was sage ich ihm jetzt?
„Ja, Herr Doktor, mit Ihrer Hilfe konnten wir Wolfenhagen finden.“
Habe ich das gesagt? Oder war es Gregor? Oder Nabil? Egal. Der Doktor entspannt sich! Jetzt lächelt er sogar!
Spöttisch betrachtete Doktor Fasin den Monitor, auf dem noch immer der Grundriss des Hades flimmerte.
Sando blieb das Herz stehen.
Wie konnten wir den Computer übersehen?! Jetzt hat er den Beweis! Jetzt ist ihm klar, wonach wir gesucht haben!
„Ach, der Computer! Es ist ja Feierabend!“, sagte Gregor leichthin und schaltete das Gerät ab.
Doktor Fasin nickte beinahe väterlich. „Na dann, meine Herren … Zeit für den Nachhauseweg!“
DIE FESTUNG MAKALA
Etwas Bedrohliches war im Gange, als Doktor Fasin, Sando, Gregor und Nabil mit dem Gleiter den Parkplatz an der verbotenen Zone verließen. Schwaden von Sandstaub wehten heran und trübten die tief stehende Sonne ein. Bald war sie ganz verschwunden. Nur ein blassroter Schein schimmerte noch durch den Nebel, der sich wie ein Schleier über den Gleiter legte und die Landschaft jeglicher Kontur beraubte.
Doktor Fasin aktivierte die Steuerautomatik, weil es ihm nicht mehr gelang, sich zu orientieren. Jeder an Bord spürte: Das war kein gewöhnlicher Sandsturm! Irgendetwas musste in der Wüste unterwegs sein. Etwas, was Tonnen
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