Katharsia (German Edition)
fragte er im Befehlston: „Welches ist der Auslöser für die Hauptstadt?“
Überrumpelt wies der Techniker auf den betreffenden Knopf.
Wolfenhagen nahm die Sicherungshaube ab. „Herr Doktor, Sie sollten sofort die KORE-Truppen der Hauptstadt in Marsch setzen! Ich bereite schon mal das Schlachtfeld vor.“
Er streckte seine Hand zu dem roten Knopf aus. In letzter Sekunde fiel ihm Doktor Fasin in den Arm.
„Sind Sie wahnsinnig, Herr Graf? Wir brauchen die Zeit, um uns vorzubereiten! Was nützt uns ein abgesetzter Präsident, wenn wir hier den Kampf gegen seine Truppen verlieren?“
Wolfenhagen drehte nachdenklich die Sicherungshaube zwischen seinen Fingern.
„Sind seine hiesigen Truppen tatsächlich so stark?“, fragte er. „Oder machen Sie sich nur ins Hemd?“
Er feixte den Doktor an, dem diese Respektlosigkeit die Zornesröte ins Gesicht trieb. „Treiben Sie es nicht zu weit!“, warnte er ihn. „Sie haben Glück, dass jetzt keine Zeit ist, gebührend auf Ihre Unverschämtheit zu antworten.“ Seinen Zorn an einem Taster auslassend, schaltete er das Bild mit den aufmarschierenden Truppen der Gefahrenabwehr auf den Monitor.
„Hier! Sehen Sie selbst, Sie Großmaul!“ Der Ring um das Anwesen hatte sich bereits geschlossen, doch immer noch rückten, eine Staubfahne hinter sich her ziehend, schier endlose Kolonnen gepanzerter Fahrzeuge vom Horizont her heran.
„Sie sind weit in der Überzahl. Gegen sie hält unser Verteidigungsring nur wenige Stunden“, erklärte Doktor Fasin übel gelaunt.
„Nichts für ungut, Doktor“, lenkte Wolfenhagen friedfertig ein. „Ich hatte nur für einen Moment den Eindruck, dass Sie zu viel zaudern. Was haben Sie vor?“
„Ich sorge für eine passende Antwort.“
Während der Graf verständnislos dreinsah, schlug Doktor Fasin auf einen anderen Taster ein.
„Dort! Sehen Sie!“
„Was ist das für ein seltsames Tier?“, fragte Wolfenhagen angesichts des Chamäleons inmitten der Syntheseanlage. Dass die urtümliche Echse von unzähligen Seelenaugen ungläubig angestarrt wurde, sah nur Sando.
„Eine Spiegelechse“, antwortete Doktor Fasin mürrisch ohne weitere Erklärung.
„Ach so, eine Spiegelechse“, gab Wolfenhagen trocken zurück, als wäre er nun im Bilde.
Der Doktor verdrehte die Augen.
„Also gut, passen Sie auf! Dieses Tier dort kämpft effektiver als eine ganze Armee von … sagen wir mal … von Kreuzrittern.“
Mit einem raschen Blick prüfte er, wie dieser kleine Seitenhieb angekommen war.
„Was Sie nicht sagen …“, sagte Wolfenhagen reserviert.
„Wissen Sie, was Laserstrahlen sind?“
„Nein. Davon haben Sie im Hades nie gesprochen.“
Nun wirkte Wolfenhagen ein wenig verschnupft.
„Laserstrahlen sind eine furchtbare Waffe, die unsere Gegner einsetzen. Sie durchschlagen so ziemlich jede Panzerung. Auch Ritterrüstungen.“
Wieder sandte der Doktor einen spöttischen Seitenblick.
„Diesem Tier dort können sie aber nichts anhaben. Im Gegenteil. Seine Haut sendet wie ein Spiegel die Strahlen zurück, sodass sie den Angreifer treffen und vernichten.“
„Auch gepanzerte Fahrzeuge?“
Der Doktor nickte nur, woraufhin sich die Miene des Grafen aufhellte.
„Grandios! Diese Viecher überragen das Schlachtfeld, verbreiten mit ihren langen Schleuderzungen Panik und jeder versucht, auf sie zu feuern. Aber genau darin besteht der Fehler. Und kein Schütze hat die Chance, seinen Irrtum je zu begreifen. Respekt, Doktor! So viel Witz in der Kriegsführung hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.“
„Ich bin dabei, weitere solcher Monster zu schaffen, damit wir die gegnerischen Truppen sicher ausschalten können.“
Wolfenhagen nickte zufrieden. „Ans Werk, Herr Doktor! Ich bin gespannt.“ Er nahm seinen Hut und fächelte sich Luft zu, während sich Doktor Fasin nach dem vorrätigen Retamin erkundigte.
Sando erschrak, als die Information eintraf: Der zweite Tank war voll und beim dritten der maximale Füllstand in Kürze erreicht. Die Produktivität der Anlage beunruhigte ihn.
Sie werden stärker und stärker , dachte er. Wenn es so weitergeht, steht ihnen am Ende eine ganze Herde solcher Spiegelechsen zur Verfügung.
Jedes dieser Monster würde den Blutzoll erhöhen, den die Truppen Achmeds im Kampf gegen die Seelenretter zu zahlen hätten.
Mit bangem Herzen hörte er aus den Lautsprechern das leise Sirenengeheul, das den Key aktivierte und diese verhängnisvolle Retaminflut erst ermöglichte. Und zum ersten Mal sehnte er
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