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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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Kreuzfahrergesindel um den Grafen von Wolfenhagen.
    Während sich die Flügeltür wieder schloss, besetzte der wilde Haufen die Stufen des aufsteigenden Ranges und bildete, den Rücken zur Wand, eine bewaffnete Kette bis hinauf zur Höhe des Pultes. Wolfenhagen, der einen eleganten Federhut trug, betrat das flache Podest unterhalb der Bildschirmwand. Trotz des Halbdunkels, das nun wieder herrschte, leuchteten die Farben seines edlen rot-gelb gestreiften Wamses, glänzten die weichledernen gelben Stiefel, deren Schäfte bis zu seinen Oberschenkeln reichten. Aufreizend langsam schritt er bis zur Mitte des Podestes, wo ihn ein Scheinwerfer erfasste. Er machte halt und wandte sich gelassen dem stummen Auditorium zu. Doch er sagte nichts. Den Hut auf dem Kopf stand er da und wartete. Erst als die Stille unerträglich wurde, hob er beschwichtigend die Hand, als wollte er einen aufbrandenden Applaus unterdrücken. „Danke, danke! Nicht so stürmisch!“, sagte er hochmütig.
    Sando fror. Es war der gleiche Tonfall, den er in letzter Zeit des Öfteren an Doktor Fasin bemerkt hatte.
    Die Augen des Kreuzfahrers stachen ins Publikum, blieben an dem Hadesarzt hängen. Die Lippen in seinem fein gezeichneten Gesicht verzogen sich spöttisch. „Hallo, Doktor“, sagte er schleppend. „Welch begeisternder Empfang nach Jahrhunderten im Hades.“
    Doktor Fasin erhob sich an seinem Pult und antwortete mit ausgesuchter Freundlichkeit: „Herzlich willkommen, Graf! Es ist mir eine Freude, Sie nach Jahren gemeinsamer konspirativer Tätigkeit in der Hölle nun leibhaftig vor mir zu sehen. Bitte nehmen Sie es meinen Mitstreitern nicht übel, dass ihnen die Faszination Ihrer Erscheinung ein wenig die Sprache verschlagen hat. Meine Damen und Herren“, wandte er sich nun an die Offiziere und Zivilisten im Saal, „ich darf Ihnen den Grafen von Wolfenhagen vorstellen. Nach Jahren intensiver Zusammenarbeit im Hades sind wir nun beinahe ein Herz und eine Seele. Fast möchte ich so weit gehen, ihn als meinen Bruder zu bezeichnen. Ihm verdanke ich die Existenz der außerordentlich disziplinierten Seelenformationen, die das Kernstück dieses Umsturzes bilden, denn sie verbreiten die Saat meiner Vision über ganz Katharsia. Also ich denke, meine Damen und Herren, der Herr Graf hat Ihren Applaus verdient.“
    Trotz dieser warmen Empfehlung fiel der Beifall recht spärlich aus. Die Anwesenheit des bewaffneten Haufens dämpfte die Begeisterung aller spürbar.
    Als sich schon nach wenigen Sekunden keine Hand mehr rührte, sprach Doktor Fasin das Problem an. „Sagen Sie, Graf. Ich bin ein wenig erstaunt über Ihre Begleitung. Wir hatten abgemacht, dass Sie allein kommen.“
    Wolfenhagen reagierte mit gespieltem Erstaunen: „Aber ... ich bin doch allein.“
    Er verließ die Bühne und stieg die Stufen empor, wo ihm die schwerbewaffneten Kreuzfahrer Spalier standen.
    „Das ist doch nur meine Leibwache.“
    Wohlgefällig betrachtete er die Männer, die nicht den leisesten Versuch unternahmen, den Eindruck zu verwischen, dass sie den Saal in Schach hielten.
    „Eine ansehnliche Truppe. Gratulation, Herr Graf!“, sagte Doktor Fasin beherrscht. „Aber ich würde es vorziehen, wenn Sie sie hinausschickten.“
    Wolfenhagen tat nicht dergleichen. Er schlenderte durch den Zuschauerraum, in dem Militärs und Zivilisten in losen Gruppen an verschiedenen Tischen saßen und gespannt auf den Ausgang dieser Kraftprobe warteten. In etlichen der stummen Gesichter entdeckte er unverhohlene Zustimmung, weil es endlich einer wagte, dem Doktor die Stirn zu bieten.
    Wie zufällig kam er an der ohnmächtigen Djamila vorbei. Sando hielt den Atem an. Wie würde Wolfenhagen auf seine vor langer Zeit entlaufene Gefangene reagieren?
    Der Graf verharrte und betrachtete sie stumm. Er schien nicht im Mindesten überrascht zu sein, ihr hier zu begegnen.
    Dann, mit einer plötzlichen Augenwendung, heftete er seinen Blick auf Maria, die den Kopf Djamilas in ihrem Schoß gebettet hielt. Er sah der Schönen ins Gesicht und sagte mit einem gewinnenden Lächeln: „Wie stellen Sie sich das vor? Ohne Leibwache unter so vielen unbekannten Leuten …“
    Sando brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass der Graf nicht mit Maria, sondern mit Doktor Fasin geredet hatte.
    Dessen Geduld war nun am Ende.
    „Spielen Sie hier nicht den Hanswurst, Herr Graf, und leisten Sie meinen Anweisungen Folge!“, herrschte er den Kreuzfahrer an. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“
    Augenblicklich

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