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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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denn beweisen?“
    „Ganz einfach: Legt die Schutzanzüge ab und ihr dürft passieren!“
    Sando wurde es mulmig zumute.
    „Sando, wo bleibst du?“, brüllte nun Lemming hinter dem Vorhang. „Sie haben schon wieder geschossen!“
    Daraufhin erklärte Sando mit Bestimmtheit: „Die Schutzanzüge werden wir nicht ablegen! Wir brauchen sie, denn Ihre Leute setzen mit der Schießerei unkontrolliert Seelen frei.“
    „Wie du willst. Aber dann kommt ihr hier nicht weiter“, versetzte die Seele.
    Plötzlich kam Sando eine Idee. Die Visitenkarte des Doktors in seiner Brieftasche! Galt sie beim KORE nicht als Passierschein?
    „Moment bitte! Ich habe den Beweis, den Sie fordern“, sagte er und öffnete den Reißverschluss des Schutzanzuges, um an seine Gesäßtasche zu gelangen.
    Die Seele kam verdächtig nahe. Sando bemerkte es und hielt mit den Händen den Anzug zu.
    „Bleiben Sie mir vom Leibe!“
    Während die Seele wortlos zurückwich, meldete sich Mike Lemming wieder.
    „Was ist los, Hasenscharte?“, schrie er wütend. „Hast du dich heimlich aus dem Staub gemacht?“
    „Ich komme gleich!“, brüllte Sando zurück.
    Rasch zog er die Brieftasche hervor und schloss den Anzug.
    „Hier, sehen Sie!“
    Er streckte die Visitenkarte vor, gespannt darauf, ob sie Akzeptanz finden würde. Die Seele schwebte heran und betrachtete die Karte eingehend. „In Ordnung, Junge. Das genügt mir.“
    Sando atmete auf.
    „Und wie kommen wir jetzt in den Anzügen weiter, ohne beschossen zu werden?“
    „Es gibt ein Zeichen“, erklärte die Seele nun eilfertig. „Die Männer, die zu uns gehören, tragen ein weißes Kreuz. Das solltet ihr auch tun.“
    Sando fröstelte. Er fühlte sich in Bens Traum versetzt: Die Kreuzritter in Jerusalem hatten ein ebensolches Zeichen getragen, damit sie sich nicht gegenseitig abschlachteten.
    „Und wo sollen wir ein solches Kreuz herbekommen?“, fragte er beklommen.
    „Vor dem Vorhang liegt ein Wachmann, der seinen Schutzanzug nicht mehr braucht. Reißt Streifen aus dem Kokon und spannt sie vorn über euer seltsames zweirädriges Fahrzeug.“
    „Aber sie werden uns dabei beschießen“, wandte Sando ein.
    „Das kläre ich. Wartet eine Minute, bevor ihr anfangt.“
    Damit wuselte die Seele zum Vorhang, verharrte dort, bis Sando ihn ein wenig gelüftet hatte, flutschte hindurch und verschwand im Tunnel. Sando wechselte ebenfalls auf die andere Seite und glitt auf allen vieren zu Mike Lemming.
    „Da bist du ja endlich! Wo hast du gesteckt?“, fragte er ungehalten. Doch Sando spürte die Erleichterung in seinem Blick.
    „Ich hatte ein Gespräch mit einer Seele“, berichtete er. „Wir müssen das Motorrad mit einem weißen Kreuz kennzeichnen, dann werden wir nicht mehr beschossen.“
    „Und wo nehmen wir das Kreuz her?“
    Sando deutete auf den reglosen Wachmann und Lemming verstand. Sich mit dem Umhang aus Echsenhaut abschirmend, stand Sando auf. Als nichts passierte, winkte er Lemming, ihm zu folgen. „Es ist alles in Ordnung! Schnell jetzt! Die Frist für den Präsidenten läuft in einer Dreiviertelstunde ab.“
    In Windeseile rissen sie Streifen aus dem Anzug des Wachmannes und banden sie kreuzweise über die Windschutzscheibe der MATMAN. Währenddessen verscheuchte Sando immer wieder orientierungslose Seelen, die inzwischen in ungeordneten Haufen durch den Tunnel geisterten. „Gibt es hier Fliegen?“, fragte Lemming, dem Sandos Gefuchtel auf die Nerven ging.
    „Nein, Seelen. Durch den Beschuss sind Kokonwände zerstört worden.“
    Mike schaute sich um und betrachtete die Brandlöcher in den Zellen. Die Vorstellung, von Seelen umringt zu sein, gruselte ihn. „Lass uns von hier verschwinden!“
    Kaum hatten sie sich auf die Maschine geschwungen, bäumte sie sich auf und jagte los in Richtung Zentralhalle. Sando kniff die Augen zusammen, denn manch eine Seele, die nicht rechtzeitig ausweichen konnte, klatschte ihm an den Helm.
    Ohne Schutzanzug wären wir jetzt verloren , dachte er.
    Lemming fuhr wie der Teufel. Sirene und Motor mischten sich zu einem Furcht einflößenden Brausen. Bald hatten sie die unbeabsichtigt freigesetzten Seelenschwärme hinter sich gelassen. Sie passierten weißbekreuzte Wachen, die sie mit erhobenen Waffen grüßten und ihnen ungläubig nachsahen, ob ihrer höllischen Fahrt. Bald erreichten sie die große Halle, deren Dimensionen im Dämmerlicht kaum auszumachen waren. Lemming ging runter vom Gas und Sando dirigierte ihn über die roten Laufwege zum

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