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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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sich der Seiltrommelführer an Sando, „sollte sich der hinten Sitzende wie einen Umhang über den Rücken werfen.“
    „Ist das Haut von Stadlmeyrs Echse?“, fragte Sando neugierig.
    „Ja, so hieß er wohl – dieser Verräter! Aber jetzt ist sein totes Chamäleon wenigstens noch zu etwas nütze, nicht wahr?“
    Sando befühlte die harten, glänzenden Schuppen.
    „Wirft die Haut eines toten Tieres den Laser auch wie einen Bumerang auf den Schützen zurück?“
    „Nein. Nur die lebendige Haut ist in der Lage, die Schuppen entsprechend präzise auszurichten. Diese Bahnen hier sind lediglich ein Schutz. Aber auch das solltest du nicht gering schätzen, Junge.“
    Schweigend hängte sich Sando die Bahn um. Sie war schwer und roch intensiv nach einem Gerbemittel. Nachdem die andere Echsenhaut vorn am Motorrad aufgespannt war, schob Mike die Maschine ächzend in den Fahrkorb. Sie passte mit Müh und Not hinein. Sando zwängte sich neben seinen frischgebackenen Partner und die Reise ging los.
    „Viel Glück!“, hörte Sando den Mann an der Seiltrommel noch rufen. Dann tauchten sie ein in die Finsternis. Von der Felswand, neben der sie herabfuhren, nahmen sie nur Schemen wahr. Hin und wieder schimmerten der Lack des Motorrades und ihre silbernen Schutzanzüge von einem Quäntchen Licht, das sie von irgendwoher einfingen. Der Korb vibrierte leicht am Seil und Sando fühlte einen verräterischen Druck im Magen. Doch bald schon sah er leuchtende Punkte in der Tiefe. Sie kamen näher. Schließlich hatte der Fahrkorb die Lichter erreicht: trübe Funzeln, die kaum die Umgebung erhellten. Die provisorische Gondel sank noch ein Stück, sodass Sando zu den Lämpchen aufschauen musste. Plötzlich tat es einen kleinen Ruck und die Reise war zu Ende. Mit Ausnahme eines leisen Sirenentons, der aus der Ferne heranwehte, herrschte Stille.
    „Ist es immer so finster hier?“, knirschte Mike Lemming. Obwohl er leise gesprochen hatte, fand seine Stimme an den nackten Felswänden des frisch vorangetriebenen Tunnelabschnitts starken Widerhall.
    „Das muss ein Stromausfall sein“, erklärte Sando beklommen. „Normalerweise ist es taghell hier. Diese Funzeln dort oben sind nur die Notbeleuchtung.“ Trotz des Dämmerlichtes konnten sie erkennen, dass sie auf einem Schuttberg gelandet waren. Er bestand aus den Trümmerstücken, die die Sprengung von der Decke gerissen hatte.
    „Kommt deine MATMAN hier hinunter?“, fragte Sando angesichts des aufgehäuften Gerölls.
    „Und ob! Du wirst staunen“, sagte Lemming überzeugt.
    Mit einem Ruck öffnete er die Reling. Das metallische Klirren, das dabei entstand, löste ein tausendfaches Echo aus. Noch im Fahrkorb setzte er sich auf die Maschine und ließ den Motor an. Das ungestüme Brüllen machte den beiden Eindringlingen Mut, verscheuchte alle bösen Geister.
    „Komm her und halt dich gut fest!“, schrie Lemming, woraufhin Sando mit einem unguten Gefühl den Rücksitz bestieg. Lieber wäre er zu Fuß den Berg hinabgeklettert, aber er wollte keine Schwäche zeigen.
    Gefühlvoll ließ Mike nun die MATMAN aus dem Fahrkorb gleiten und arbeitete sich Trümmerstück für Trümmerstück nach unten, geschickt Bremse und Motor im Wechsel einsetzend. Wenige Augenblicke später standen sie zu ebener Erde.
    „Juchhu!“, schrie Mike euphorisch.
    Das Licht des Motorradscheinwerfers, kaum reflektiert vom schwarzen Fels, verlor sich in der Tiefe des Tunnels. Weit aus der Ferne blinkte es silbern zurück, ein Reflex, klein wie ein Stecknadelkopf. „Alles klar?“, fragte Lemming, der Sandos zitternde Hände an seinem Körper spürte.
    „Alles klar!“
    Lemming gab Gas. Sein „Baby“ ruckte an, beschleunigte. Zunächst moderat, als wolle es die Lage in dieser unsicheren Welt sondieren. Als nichts passierte, sich kein Hindernis in den Weg stellte, keine unbekannte Macht zum Angriff auf die Eindringlinge blies, wurde es schneller und schneller, stürmte voran, als freute es sich, endlich losgelassen zu sein, keine Zügel mehr zu spüren. Der silberne Lichtreflex voraus gewann an Größe, wurde zum Silbermond, wuchs zur schimmernden Kokonwand, die den gesamten Tunnelquerschnitt ausfüllte.
    „Die Schleuse hinüber zum alten Traktabschnitt“, schrie Sando in Mikes Rücken hinein.
    Lemming hielt auf die Mitte des riesigen Vorhanges zu. Sando entdeckte schon von Weitem, dass dort jemand etwas daruntergeschoben hatte, damit Seelen die Schleuse ungehindert passieren konnten. Als sie heran waren,

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