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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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langsam und vorsichtig, die steile Höhlenwand heraufzuklettern. Ungefähr in der Mitte erstarrte sie.
„Weiter“, rief ich, „du kannst jetzt nicht stehenbleiben. - Sie rührte sich nicht mehr, sondern klebte regungslos wie eine ängstliche Spinne an der Wand. Sie gab keine Antwort und bewegte sich nicht von der Stelle. Ich geriet in Panik.
„Hör zu“, sagte ich, „stell dir vor, das Ganze sei ein Schachspiel... du bist an einer Stelle gefesselt und siehst keinen Ausweg. Aber es muß einen Ausweg geben, oder du hast das Spiel verloren! Ich weiß nicht, wie ihr das nennt, wenn alle Figuren sich nicht mehr bewegen können... aber an diesem Punkt bist du jetzt, es sei denn, du findest den nächsten Halt für deinen Fuß.“
Ich sah, wie sie die Hand vorsichtig bewegte. Sie ließ los und rutschte etwas. Dann begann sie wieder weiterzuklettern. Ich atmete erleichtert auf, schwieg aber, um sie nicht abzulenken. Nach einer Ewigkeit erschien ihre Hand am Rand des Lochs. Ich zog an dem Seil, das sie sich um die Hüfte gebunden hatte, und zerrte sie über den Rand.
Lily lag auf der Erde und keuchte. Sie hatte die Augen geschlossen und sagte lange nichts. Schließlich schlug sie die Augen auf, blickte in den morgendlichen Himmel und dann auf mich.
„Man nennt es Zugzwang“, japste sie, „mein Gott - wir haben es geschafft!“
    Aber das war noch nicht alles.
Wir zogen unsere Schuhe an, liefen über den Felsen und kletterten nach unten. Dann durchquerten wir den Steinwald und waren etwa nach zwei Stunden wieder auf der steilen Anhöhe. Von dort sahen wir unseren Wagen.
Wir waren beide völlig erschöpft, und ich sagte Lily gerade, wie sehr ich mir zum Frühstück Spiegeleier wünschte - eine Delikatesse, die es in diesem Land nicht gab -, als sie mich am Arm packte.
„Ich kann es nicht glauben“, flüsterte sie und deutete auf den Weg hinunter, wo der blaue Corniche hinter den Büschen stand - allerdings nicht mehr allein. Rechts und links parkten zwei Polizeiautos und ein drittes Auto, das ich zu kennen glaubte. Als ich sah, wie zwei Bullen aus Scharrifs Abteilung in alle Winkel des Corniches spähten, wußte ich, daß ich mich nicht geirrt hatte.
„Wie sind sie hierhergekommen?“ fragte Lily. „Ich meine, woher wissen sie, daß wir hier sind?“
„Wie viele himmelblaue Corniches gibt es in Algerien? Was glaubst du wohl?" fragte ich. „Und wie viele Straßen führen durch das Tassili, die wir hätten nehmen können?“
Wir starrten eine Minute durch das Gestrüpp hinunter auf die Szene. Dann fragte ich: „Ich hoffe, du hast Harrys Taschengeld noch nicht ganz ausgegeben.“ Lily schüttelte den Kopf. „Dann schlage ich vor, wir marschieren mit dem Rest nach Tamrit. Vielleicht können wir zwei Esel kaufen und nach Djanet reiten.“
„Und ich soll mein Auto diesen Verbrechern überlassen?“ fauchte sie.
„Ich hätte dich in der Höhle hängen lassen sollen“, sagte ich, „im Zugzwang.“
    Kurz nach zwölf Uhr mittags verließen Lily und ich das zerklüftete Hochplateau des Tassili und machten uns auf den Weg in die Ebene von Admer, die etwa dreihundert Meter tiefer vor den Toren von Djanet lag. In den vielen kleinen Bächen, die das Tassili bewässern, konnten wir unseren Durst löschen und die wunden Füße kühlen. Ich hatte unterwegs frische dhars gepflückt - zuckersüße Datteln, die an den Fingern kleben. Mehr gab es nicht zu essen.
    Wir mieteten Esel bei einem Führer in Tamrit, dem Zeltdorf am Anfang des Tassili. Es ist sehr viel unbequemer, auf einem Esel als auf einem Pferd zu reiten. Zu den wunden Füßen kamen jetzt noch ein wundes Gesäß und ein schmerzendes Rückgrat vom endlosen Auf und Ab durch die steinigen Dünen; die Hände hatte ich mir bei der Klettertour in der Felswand zerkratzt und zerschunden, und ich hatte rasende Kopfschmerzen - vermutlich die Folge eines Sonnenstichs. Trotzdem jubelte ich innerlich. Wir hatten die Schachfiguren, und es ging nach Algier zurück - so hoffte ich...
Nach vier Stunden erreichten wir Djanet und ließen die Esel bei einem Onkel des Führers zurück. Der Mann brachte uns auf seinem Heuwagen zum Flugplatz.
Kamel hatte uns zwar vor Flugplätzen gewarnt, aber uns blieb keine andere Wahl. Unser Wagen wurde von der Geheimpolizei bewacht, und die Hoffnung auf einen Mietwagen konnten wir gleich begraben. Wie sollten wir zurück - mit einem Heißluftballon?
„Es gefällt mir nicht, in Algier zu landen“, sagte Lily, als wir uns das Heu abklopften und durch

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