Katherine Neville - Das Montglane-Spiel
die Glastür des Flughafengebäudes gingen. „Hast du nicht gesagt, daß Scharrif dort ein Büro hat?“
„Direkt hinter der Paßkontrolle“, bestätigte ich. Aber wir mußten uns über Algier nicht lange Gedanken machen.
„Es gibt heute keinen Flug mehr nach Algier“, erklärte uns die Dame am Ticket-Schalter. „Das letzte Flugzeug ist vor einer Stunde gestartet. Die nächste Maschine fliegt erst morgen. - Was konnte man in einer Stadt mit zwei Millionen Palmen und zwei Straßen auch anderes erwarten?
„O mein Gott“, stöhnte Lily und zog mich zur Seite. „Wir können hier nicht übernachten. Wenn wir in ein Hotel gehen, wollen sie meinen Ausweis sehen, und ich habe keinen. Sie haben unseren Wagen gefunden, also wissen sie, daß wir hier sind. Ich glaube, wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen.“
Wir mußten von hier verschwinden - und zwar schnell - und Minnie die Figuren bringen, ehe etwas geschah. Ich versuchte es noch einmal bei der Dame am Ticket-Schalter.
„Gibt es heute nachmittag überhaupt keine Maschine mehr - irgendwohin?“ fragte ich höflich.
„Nur einen Charterflug nach Oran“, erwiderte sie. „Es ist eine Maschine für japanische Studenten auf dem Weg nach Marokko. Sie startet in wenigen Minuten bei Flugsteig vier.“
Lily stapfte bereits mit Carioca unter dem Arm, als sei er ein Laib Brot, zu Flugsteig vier, und ich folgte ihr. Wenn jemand sich auf Geld versteht, dann die Japaner, dachte ich. Und Lily hatte genug, um sich damit in jeder Sprache verständlich zu machen.
Der Reiseleiter, ein adrettes Kerlchen in einem blauen Blazer und einem Namensschild, auf dem „Hiroshi“ stand, schickte seine Studenten bereits in die Maschine, als wir atemlos bei ihm erschienen. Lily erklärte unsere Situation auf englisch, was ich schnell in Französisch übersetzte.
„Fünfhundert Dollar auf die Hand“, sagte Lily, „amerikanische Dollar in Ihre Tasche.“
„Siebenhundertfünfzig“, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen.
„Okay“, sagte Lily und blätterte ihm die Scheine auf die Hand. Er ließ das Geld schneller verschwinden als ein Dealer in Las Vegas, aber wir waren gerettet.
Vor diesem Flug hatte ich mir die Japaner immer als ein durch und durch kultiviertes Volk von höchster Feinheit vorgestellt, das leise Musik liebte und beruhigende Teezeremonien pflegte. Aber auf dem dreistündigen Flug über die Wüste mußte ich diesen Eindruck korrigieren. Die Studenten rannten laut schreiend durch den Gang, erzählten ordinäre Witze und grölten Beatles-Songs auf japanisch - ein ohrenbetäubendes Gejaule, das mich an die Fledermäuse denken ließ, denen wir in der Höhle von Tassili entflohen waren.
Lily störte das alles nicht. Sie saß mit dem Reiseleiter in der letzten Reihe und spielte Go. Der Mann verlor eine Runde nach der anderen bei diesem Spiel, das in Japan ein Nationalsport ist.
Erleichtert entdeckte ich schließlich vom Flugzeugfenster aus die mächtige rosa Kathedrale von Oran. Oran hat einen großen internationalen Flugplatz mit Verbindungen zu den Städten am Mittelmeer, aber auch mit der Atlantikküste und den afrikanischen Städten südlich der Sahara. Als Lily und ich die Chartermaschine verließen, wurde mir klar, daß wir nie durch die Kontrollen kommen würden, wenn wir nach Algier weiterfliegen wollten.
Also ging ich geradewegs zu der Mietwagenagentur im Flughafen. Ich hatte eine plausible Erklärung. In der Nähe von Arzew gab es eine Ölraffinerie.
„Ich arbeite im Ministerium“, sagte ich zu dem Mann hinter der Theke und zeigte ihm meinen Ausweis. „Ich brauche einen Wagen, um nach Arzew zu den Raffinerien zu fahren. Es handelt sich um eine äußerst dringende Angelegenheit. Der Wagen des Ministeriums hat eine Panne.“
„Bedaure, Mademoiselle“, sagte der Mann und schüttelte den Kopf, „in dieser Woche haben wir keinen einzigen Wagen mehr.“
„Wie bitte?! Das ist unmöglich! Ich muß den Wagen heute haben. Ich verlange, daß Sie einen Wagen für mich freistellen. Es stehen genug auf Ihrem Parkplatz. Wer hat sie reserviert? Wer es auch sein mag, diese Angelegenheit ist dringender.“
„Wenn ich doch nur eine Vorankündigung bekommen hätte“, sagte er. „Aber die Wagen draußen sind erst heute zurückgegeben worden. Wir haben Kunden, die schon seit Wochen auf einen Wagen warten, und sie sind alle VIPs. Sehen Sie hier zum Beispiel...- Er nahm einen Schlüsselbund vom Haken und hielt ihn hoch. „Vor einer Stunde hat das russische Konsulat
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