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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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glaube fest daran. Ich sehe es in den Sternen.“
„Wenn ich nicht bald ins Bett komme, sehe ich wirklich Sterne“, erwiderte ich und unterdrückte ein Gähnen. „Vielen Dank für den Eierflip und den Champagner.“ Ich gab Harry zum Abschied die Hand. Der Pförtner saß kerzengerade auf einem Stuhl und schlief. Er regte sich nicht, als ich durch die schwachbeleuchtete große Halle zum Aufzug ging. Das Haus war so still wie ein Grab. Ich drückte auf den Knopf, und die Fahrstuhltür schloß sich leise. Auf der Fahrt nach oben holte ich die Papierserviette aus der Manteltasche und las die Worte der Wahrsagerin noch einmal. Ich verstand sie immer noch nicht und beschloß, die ganze Sache zu vergessen. Ich
hatte bereits genug Probleme. Aber als der Fahrstuhl hielt, und ich durch den dunklen Flur zu meinem Apartment ging, wunderte ich mich doch darüber, daß die Wahrsagerin gewußt hatte, daß der vierte Tag im vierten Monat mein Geburtstag ist. 

PARIS Sommer 1791
    „Oh, merde. Merde!“ rief Jacques-Louis David. Er warf den Zobelhaarpinsel wütend auf den Boden und sprang auf. „Ich habe doch gesagt, ihr dürft euch nicht bewegen. Keine Bewegung, bitte! Jetzt sind die Falten durcheinander, und alles ist ruiniert!“
    Er sah Valentine und Mireille wütend an, die am anderen Ende des Ateliers auf einem hohen Podest standen. Sie waren beinahe nackt und nur in durchsichtige Gewänder gehüllt, die sorgfältig drapiert und unter dem Busen in antikem griechischem Stil gerafft waren, wie es damals in Paris gerade große Mode war.
    David biß sich auf den Daumen. Seine dunklen Haare standen ihm in allen Richtungen vom Kopf, und seine schwarzen Augen blitzten vor Ärger. Das gelbblau gestreifte Seidentuch hatte er sich zweimal um den Hals geschlungen und zu einer nachlässigen Schleife gebunden. Es hatte schwarze Kohlestaubflecken. Die breiten, bestickten Revers der grünen Samtjacke waren ebenfalls fleckig.
    „Jetzt kann ich alles noch einmal arrangieren“, beschwerte er sich. Valentine und Mireille schwiegen. Sie waren vor Verlegenheit rot geworden und blickten mit aufgerissenen Augen zu der offenen Tür hinter dem Maler.
    Jacques-Louis drehte sich ungeduldig um. Dort stand ein großer, schlanker und ungewöhnlich schöner junger Mann. Seine dichten goldblonden Locken wurden am Hinterkopf mit einem Band gehalten. Eine lange purpurfarbene Seidensoutane umspielte seine Gestalt.
    Seine Augen waren von einem tiefen, beunruhigenden Blau und richteten sich auf den Maler. Er lächelte Jacques-Louis belustigt an. „Ich hoffe, ich störe nicht“, sagte er mit einem Blick auf das Podest, wo die beiden jungen Frauen erstarrt wie Rehe vor der Flucht standen. Seine sanfte, kultivierte Stimme verriet die Selbstsicherheit der Oberklasse.
    „Ach, Sie sind es, Maurice“, sagte Jacques-Louis mißmutig. „Wer hat Sie eingelassen? Man weiß doch, daß ich bei der Arbeit nicht gestört werden möchte.“
„Ich hoffe, mein Freund, Sie begrüßen nicht alle Gäste, die Sie zum Mittagessen eingeladen haben, so abweisend“, erwiderte der junge Mann noch immer lächelnd. „Außerdem sieht mir das kaum nach Arbeit aus, oder besser gesagt, nach einer Art Arbeit, bei der ich gerne selbst Hand anlegen würde.“
Er sah wieder Valentine und Mireille an, die im hellen Licht standen, das durch die großen Fenster fiel. Die durchsichtigen Gewänder erlaubten ihm einen ungehinderten Blick auf die Umrisse ihrer bebenden Körper.
„Mir scheint, Sie haben oft genug bei dieser Art Arbeit Hand angelegt“, sagte Jacques-Louis und nahm aus dem Zinnkrug neben der Staffelei einen neuen Pinsel. „Aber tun Sie mir den Gefallen - gehen Sie zum Podest und drapieren mir die Falten, ja? Ich sage Ihnen von hier aus, wie ich sie möchte. Ich habe das Vormittagslicht nicht mehr lange. Noch zwanzig Minuten, und dann können wir essen.“
„Was soll das werden?“ fragte der junge Mann. Als er langsam zum Podest ging, schien er leicht, aber doch merklich zu hinken.
„Eine lavierte Kohlezeichnung“, erwiderte Jacques-Louis, „nach einem Thema von Poussin, mit dem ich mich schon seit einiger Zeit beschäftige. ‘Der Raub der Sabinerinnen’.“
„Welch erfreuliche Vorstellung“, sagte Maurice, als er das Podest erreichte. „Was soll ich denn arrangieren? Ich finde alles, so wie es ist, sehr reizvoll.“
Valentine stand auf dem Podest über Maurice. Sie hatte ein Knie gebeugt und den Arm in Schulterhöhe vorgestreckt. Mireille kniete neben

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