Katherine Neville - Das Montglane-Spiel
Ich tat es achselzuckend als einen Zufall ab.
„Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen“, sagte ich laut. „Sie verstehen mich nicht?“ fragte sie und lächelte mich sonderbar, beinahe verschwörerisch an. „Sie werden mich verstehen, ganz bestimmt“, erklärte sie. „Der vierte Tag im vierten Monat? Sagt Ihnen das nichts?“
„Ja, aber -“ Sie legte einen Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf. „Sie dürfen niemandem verraten, was das bedeutet. Sie werden alles andere bald verstehen, denn das ist die prophezeite Hand, die Hand des Schicksals. Es steht geschrieben: ‘Am vierten Tag im vierten Monat kommt die Acht.’„
„Was soll das bedeuten?“ rief Llewellyn aufgeregt. Er griff über den Tisch nach ihrem Arm, aber sie riß sich von ihm los. In diesem Augenblick wurde es im Raum stockdunkel. Heuler explodierten, Pfeifen schrillten. Ich hörte Champagnerkorken knallen, und alle riefen im Chor: „Ein frohes neues Jahr!“ Auf der Strafte krachten Feuerwerkskörper. Im Schein der Holzkohlenglut des Kamins tanzten und drehten sich die verzerrten Schatten der ausgelassenen Menge wie schwarze Geister aus einer Dante-Vision. Als die Lichter wieder angingen, war die Wahrsagerin verschwunden. Harry stand neben seinem Stuhl. Wir blickten erstaunt auf den leeren Platz, wo sie noch vor kurzem gesessen hatte. Harry lachte, beugte sich vor und gab mir einen Kuß auf die Wange.
„Ein frohes neues Jahr, Kleines“, sagte er und drückte mich herzlich an seine Brust. „Dir hat sie ja wirklich etwas Verrücktes prophezeit! Ich glaube, der Hokuspokus war ein Reinfall. Bitte verzeih mir.“
Blanche und Llewellyn tuschelten miteinander. „Hört auf, ihr zwei“, rief Harry, „wie war's mit einem Glas Champagner, den ich mir eigentlich schon nicht mehr leisten kann? Kat, du brauchst bestimmt einen Schluck.“
Llewellyn stand auf und kam zu mir. Er drückte mir einen Kuß auf die Wange. „Liebe Kat, ich stimme Harry zu. Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.“ Mir war wirklich etwas flau. Ich machte die Anspannung der letzten Wochen und die späte Stunde dafür verantwortlich. „Diese komische Alte“, erklärte Llewellyn, „dieser Unsinn über irgendwelche Gefahren. Aber du scheinst begriffen zu haben, was sie dir gesagt hat, oder habe ich es mir nur eingebildet?“
„Kein Wort habe ich verstanden“, erwiderte ich, „Schachbretter und Zahlen und... was ist die Acht? Was für eine Acht? Mir kommt das alles sehr spanisch vor.“ Harry reichte mir ein Glas Champagner. „Macht nichts“, sagte Blanche und schob mir eine Papierserviette über den Tisch. „Llew hat alles mitgeschrieben. Hier. Vielleicht kannst du später etwas damit anfangen. Aber besser nicht! Es klingt eher entmutigend.“
„Nein, nein!“ widersprach Llewellyn. „Es ist doch alles nur Spaß. Tut mir leid, daß es so merkwürdig gelaufen ist. Aber sie hat Schach erwähnt, nicht wahr? Also die Sache mit dem ‘Patt’, das könnte natürlich auch zum ‘Schachmatt’ führen, das Wort kommt vom Persischen und bedeutet „Tod des Königs“. Dann sagt sie, du seist in Gefahr - also du bist ganz sicher, daß du es nicht verstehst?“ fragte er noch einmal eindringlich. „Ach, hör doch auf damit!“ sagte Harry. „Ich habe mich geirrt, als ich glaubte, dein Schicksal hätte etwas mit Lilys zu tun. Das ist alles Blödsinn. Vergiß, was sie gesagt hat, sonst bekommst du Alpträume.“
„Von meinen Bekannten spielt nicht nur Lily Schach“, sagte ich. „Ich habe einen Freund, der früher an Schachturnieren teilgenommen hat...“
„Ach ja? Kenne ich ihn?“ fragte Llewellyn etwas zu schnell. Ich schüttelte den Kopf. Blanche wollte etwas sagen, aber Harry drückte ihr ein Glas Champagner in die Hand. Sie lächelte und trank einen Schluck. „Hört auf“, sagte Harry, „trinken wir auf das neue Jahr und auf alles, was es uns bringen mag.“ Wir hatten die Flasche Champagner etwa nach einer halben Stunde geleert. Schließlich zogen wir die Mäntel an und gingen hinaus. Harrys Limousine fuhr wie herbeigezaubert vor, und wir stiegen ein. Harry gab Saul den Auftrag, mich zuerst in meinem Apartment in der Nähe des East River abzusetzen. Als wir vor dem Haus angekommen waren, stieg Harry aus und drückte mich liebevoll an sich.
„Ich wünsche dir, daß es ein wunderbares Jahr für dich wird“, sagte er. „Vielleicht kannst du bei meiner unmöglichen Tochter etwas bewirken. Ich
Weitere Kostenlose Bücher