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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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seine Großmutter mehr als zwanzig Jahre um die Kontrolle über Konstantinopel und das Schwarze Meer gekämpft hatte.
„Begreifst du nicht, was dieser Buonaparte eigentlich im Sinn hat?“ flüsterte Paul. Er trat vor seinen Sohn, sah ihn durchdringend an und rieb sich die Hände.
Alexander schüttelte den Kopf. „Erhoffst du dir wirklich mehr von den Engländern?“ fragte er. „Mein Erzieher La Harpe nannte England immer das -perfide Albion-...“
„Darum geht es nicht!“ schrie Paul. „Wie immer vermischst du Dichtung mit Politik. Ich weiß, was dieser Emporkömmling Buonaparte in Ägypten will - ganz gleich, was er den Dummköpfen im französischen Direktorium gesagt hat, die ihm das Geld bewilligen müssen, und egal, mit wie vielen zehntausend Soldaten er dort einmarschiert! Glaubst du, er will die Macht der Hohen Pforte wiederherstellen oder die Mamelucken besiegen? Niemals! Das ist alles Tarnung!“ Alexander blieb weiterhin vorsichtig und zurückhaltend, aber er hörte aufmerksam zu, während sein Vater immer mehr in Zorn geriet. „Denk an mich, er wird nicht in Ägypten haltmachen. Er wird weiter nach Syrien, Assyrien, Phönizien und Babylon marschieren - in die Länder, die meine Mutter ihrem Reich immer einverleiben wollte. Sie hat dir sogar den verheißungsvollen Namen Alexander und deinem Bruder den Namen Konstantin gegeben.“ Paul schwieg und sah sich um. Sein Blick fiel auf einen Wandteppich mit einer Jagdszene. Ein verwundeter Hirsch schleppte sich blutend und von Pfeilen durchbohrt durch den Wald. Die Jäger und die Hundemeute verfolgten ihn. Paul drehte sich mit einem kalten Lächeln um und sah Alexander an.
„Dieser Buonaparte will keine Länder erobern - er will Macht! Ihn begleiten ebenso viele Wissenschaftler wie Soldaten: der Mathematiker Monge, der Chemiker Berthollet, der Physiker Fourier... Er hat alle von der Ecole Polytechnique und dem Institut National mitgenommen! Warum, frage ich dich, wenn er nur einen militärischen Erfolg im Auge hat ?“
„Was willst du eigentlich sagen?“ flüsterte Alexander, dem langsam etwas dämmerte.
„Das Geheimnis des Montglane-Schachspiels liegt dort verborgen!“ stieß Paul atemlos hervor. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze der Angst und des Hasses. „Das sucht er!“
„Aber Vater“, sagte Alexander und wählte seine Worte mit allergrößter Vorsicht. „Du glaubst doch nicht an die alten Legenden? Schließlich war die Äbtissin von Montglane -“
„Aber natürlich glaube ich daran!“ schrie Paul und senkte dann die Stimme zu einem hysterischen Flüstern. „Ich habe eine der Figuren.“ Er ballte die Hände zu Fäusten. „Und andere sind hier versteckt. Ich weiß es! Aber selbst zwei Jahre im Gefängnis Ropscha haben dieser Frau nicht die Zunge gelöst. Sie ist wie die Sphinx. Aber eines Tages wird sie schwach werden - und wenn sie spricht...“
Alexander hörte nicht länger zu. Sein Vater redete weiter über Franzosen und Engländer, über seine Pläne mit Malta und schwor, den hinterhältigen Buonaparte zu vernichten. Es war sehr unwahrscheinlich, daß sich einer seiner Pläne verwirklichen würde, das wußte Alexander, denn die Truppen verachteten Paul bereits wie Kinder eine tyrannische Gouvernante.
Alexander beglückwünschte seinen Vater zu seinen brillanten politischen Schachzügen, entschuldigte sich und verließ seine Gemächer. Er hat die Äbtissin also in das Gefängnis Ropscha geworfen, dachte Alexander und ging mit schnellen Schritten durch die langen Gänge im Winterpalast. Buonaparte war mit Wissenschaftlern in Ägypten gelandet. Paul hatte eine Figur des Montglane-Schachspiels. Es war ein nützlicher Tag gewesen. Endlich kamen die Dinge ins Rollen.
Alexander brauchte etwa eine halbe Stunde, bis er die Ställe erreichte, die einen ganzen Flügel im Winterpalast einnahmen. Die dampfige Luft roch nach Vieh, nach Mist und Futter. Als er durch die mit Stroh bedeckten Gänge ging, machten ihm die Hühner und Schweine Platz. Rosige Dienstmägde in weiten Röcken, engen Miedern und langen weißen Schürzen und Knechte in Joppen und derben Stiefeln drehten sich nach dem Zarewitsch um. Sie lächelten hinter seinem Rücken. Sein hübsches Gesicht, die lockigen kastanienbraunen Haare und die strahlenden blaugrauen Augen erinnerten sie an die junge Zarin Katharina, seine Großmutter, wenn sie in Uniform auf ihrem gescheckten Wallach durch die verschneiten Straßen geritten war.
Diesen jungen Mann wünschten sie sich als

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