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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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einer meiner reichen Gönner und brachte mir einige Tagebücher zum Dechiffrieren. Die Manuskripte befanden sich schon seit langem im Besitz seiner Familie, aber sie waren in einer Geheimschrift abgefaßt, und niemand konnte sie lesen. Da ich nichts Besseres zu tun hatte, dechiffrierte ich sie und erfuhr auf diese Weise sehr viel über unseren geliebten Kardinal.“
„Ich dachte, Richelieu hat seine Schriften der Sorbonne vermacht.“
„Das denken Sie.“ Voltaire lachte hämisch. „Ein Priester führt keine kodierten Tagebücher, wenn er nicht etwas zu verbergen hat. Ich wußte sehr wohl, was die Priester damals beschäftigte: Gedanken an Masturbation und unzüchtige Abenteuer. Ich steckte meinen Kopf in die Tagebücher wie ein Pferd das Maul in den Futtersack. Aber ich fand nicht die erwarteten Geständnisse, sondern lediglich die Aufzeichnungen eines Gelehrten. Größeren Unsinn habe ich nie mehr im Leben gelesen.“
Voltaire begann so furchtbar zu husten und zu keuchen, daß ich schon glaubte, ich müßte einen der Priester rufen, denn ich durfte damals noch nicht die Sterbesakramente erteilen. Er schien wirklich in den letzten
Zügen zu liegen. Aber nach einer Weile bedeutete er mir, ihm seine wollenen Umschlagtücher zu reichen. Er legte sie sich um, wickelte sich wie eine alte Großmutter eines davon um den Kopf und saß zitternd und klappernd im Bett.
„Was haben Sie in den Tagebüchern gefunden, und wo sind sie jetzt?“ fragte ich mit angehaltenem Atem.
„Ich habe sie noch. Mein Gönner starb, ohne Erben zu hinterlassen, noch während ich im Gefängnis saß. Aufgrund des historischen Wertes lassen sie sich sicher für sehr viel Geld verkaufen. Aber wenn Sie mich fragen, dann enthalten sie nur abergläubischen Quatsch. Es geht darin nur um Zauberei und Magie.“
„Hatten Sie nicht gesagt, es sei das Werk eines Gelehrten?“
„Nun ja, Priester sind eben nicht zu objektiver Wissenschaftlichkeit fähig. Verstehen Sie, Kardinal Richelieu widmete sein Leben dem Studium der Macht, wenn er nicht gerade ein Heer gegen irgendein Land in Europa führte. Seine geheimen Arbeiten kreisten um - nun ja, haben Sie vielleicht schon vom Montglane-Schachspiel gehört?“
„Das Schachspiel Karls des Großen?“ fragte ich und versuchte, ruhig zu wirken, obwohl mir das Herz bis zum Hals schlug. Ich beugte mich über das Bett und verschlang jedes seiner Worte. Ich versuchte, so freundlich und behutsam wie möglich, ihn zum Sprechen zu ermuntern, um keinen neuen Anfall auszulösen. Ich hatte sehr wohl vom MontglaneSchachspiel gehört, aber es war seit Jahrhunderten verschollen. Soweit ich gehört hatte, besaß es einen unermeßlichen Wert.
„Ich dachte, das sei lediglich eine Legende“, sagte ich leise.
„Richelieu war anderer Meinung“, erwiderte der Philosoph. „Seine Tagebücher enthalten auf zwölfhundert Seiten die Ergebnisse seiner Forschungen nach dem Ursprung und der Bedeutung dieses Schachspiels. Er reiste nach Aachen. Er ließ sogar in Montglane danach suchen, weil er glaubte, es sei dort vergraben - aber vergeblich. Nun ja, der Kardinal glaubte, dieses Schachspiel enthalte den Schlüssel zu einem Geheimnis, einem Geheimnis, das älter ist als das Schachspiel, das vielleicht so alt ist wie die menschliche Zivilisation. Er vertrat die Ansicht, mit diesem Geheimnis lasse sich das Werden und Vergehen der Kulturen erklären.“
„Was für ein Geheimnis könnte das sein?“ fragte ich, und es gelang mir nicht, meine Erregung zu verbergen.
„Ich werde Ihnen sagen, was der Kardinal glaubte“, erwiderte Voltaire, „obwohl er starb, ehe er das Rätsel gelöst hatte. Sie können damit anfangen, was Sie wollen, aber nachher lassen Sie mich in Ruhe. Kardinal Richelieu glaubte, das Montglane-Schachspiel enthalte eine Formel, diese Formel sei in den Figuren des Schachspiels verborgen und sie enthalte das Geheimnis der Macht über die Welt.. .“
    Talleyrand schwieg und blickte in dem schwachen Licht auf Valentine und Mireille, die aneinandergeschmiegt unter den Decken lagen.
„Onkel Maurice“, sagte Mireille und schlug die Augen auf, „Ihr habt die Geschichte nicht zu Ende erzählt. Was ist das für eine Formel, die Kardinal Richelieu sein Leben lang gesucht hat? Was glaubte er, sei in den Figuren des Schachspiels verborgen?“
„Das Rätsel werden wir gemeinsam lösen, meine Täubchen. Ich habe die Tagebücher nie zu Gesicht bekommen. Voltaire starb kurz darauf. Jemand, der den Wert der Tagebücher des Kardinals

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