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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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einen Menschen mit einem hellblauen Corniche, den ich kannte, und das war Lily Rad. Da heute Sonntag war, würde Saul sie chauffieren. Er konnte mit dem Wagen um den Block fahren, während sie mir hier oben auf die Nerven fiel. Aber Boswell sah mich noch immer vorwurfsvoll an.
„Da ist auch noch die Sache mit dem kleinen Tier, Miss Velis. Ihr Besuch besteht darauf, das Tier ins Haus zu bringen, obwohl ich mehrmals darauf hingewiesen habe -“
Aber es war zu spät. In diesem Moment stürmte ein flauschiges Knäuel aus dem Fahrstuhl und raste durch den Flur. Es sauste schnurgerade auf meine Wohnung zu, jagte wie der Blitz zwischen Boswell und mir hindurch und verschwand im Flur. Es war so groß wie ein Staubwedel und stieß durchdringende hohe Laute aus.
„Gut, Boswell“, sagte ich und zuckte mit den Schultern, "tun wir so, als hätten wir beide nichts gesehen. Der Hund wird keinen Ärger machen, und sobald ich ihn gefunden habe, sorge ich dafür, daß er verschwindet.“
In diesem Augenblick stampfte Lily um die Ecke. Sie trug ein Zobelcape, an dem viele lange buschige Zobelschwänze hingen. Die blonden Haare hatte sie zu drei oder vier langen Pferdeschwänzen zusammengebunden, die nach allen Richtungen von ihrem Kopf abstanden, so daß man auf den ersten Bück nicht sah, wo das Cape anfing und die Haare aufhörten. Boswell seufzte und schloß die Augen.
Für Lily war Boswell Luft. Sie drückte mir flüchtig einen Kuß auf die Wange und drängte sich zwischen uns hindurch in meine Wohnung. Eine Frau wie Lily konnte sich nicht ohne weiteres irgendwo durchdrängen, aber sie wußte ihre Fülle mit einem gewissen Stil zu tragen. Während sie vorbeirauschte, warf sie mit ihrer rauchigen, dunklen Stimme hin: „Sag deinem Pförtner, er soll sich nicht weiter aufregen. Saul fährt um den Block, solange ich hier bin.“
Ich sah Boswell nach, der kopfschüttelnd zum Fahrstuhl zurückging. Dann schloß ich die Wohnungstür, ging in mein Wohnzimmer zurück und richtete mich wieder einmal auf einen verpatzten Sonntagnachmittag ein. Und das hatte ich der Person zu verdanken, die ich am wenigsten leiden konnte: Lilly Rad. Ich schwor mir, sie diesmal schnell wieder loszuwerden.
Meine Wohnung bestand aus einem einzigen großen, hohen Raum und einem Bad, das man von dem sehr langen Flur aus betrat. In dem großen Raum gab es drei Türen. Die eine gehörte zur Kochnische, die andere zum Einbauschrank und hinter der dritten verbarg sich ein Klappbett, das in der Wand verschwand. Hohe Bäume und üppig wachsende exotische Pflanzen machten aus dem Raum ein dschungelartiges Labyrinth. Überall lagen marokkanische Sitzkissen und Bücherstapel herum. Und dann hatte ich aus den Trödelläden der Third Avenue alle möglichen und unmöglichen Dinge zusammengetragen, zum Beispiel handbemalte indische Pergamentlampen, mexikanische Majolikakrüge, buntbemalte französische Keramikvögel und eine Menge Prager Kristall. An den Wänden hingen halbfertige und noch nicht richtig ausgetrocknete Ölgemälde, alte gerahmte Fotos und viele alte Spiegel. Von der Decke hingen Mobiles herab, Äolsharfen und ein lackierter Papierfisch. Das einzige Möbelstück war ein Ebenholzflügel vor dem Fenster.
Lily jagte durch das Labyrinth wie ein wildgewordener Elefant. Auf der Suche nach ihrem Hund schob sie alles zur Seite, was ihr in den Weg kam. Nachlässig warf sie das Zobelcape auf den Boden, und ich sah zu meinem Erstaunen, daß sie darunter praktisch nackt war. Lily hatte die Figur einer Maillol-Skulptur mit zarten Knöcheln und wohl geformten Beinen, die oben in einer wogenden, gallertartigen Fleischmasse endeten. Über diese Fülle hatte sie ein dünnes, enganliegendes dunkel rotes Seidenkleid gezogen, das dort endete, wo die Schenkel anfingen.
Lily hob ein Kissen hoch und zog darunter das weiche, flauschige Knäuel hervor, das sie überallhin begleitete. Sie hob das Hündchen hoch und gurrte mit ihrer rauchigen Stimme:
„Da ist ja mein Carioca, mein kleiner Schatz... Hat er sich doch vor seiner Mami versteckt... Das schlimme Hundi-Wundi...“ Mir wurde speiübel.
„Ein Glas Wein?“ fragte ich höflich, als Lily Carioca auf den Boden setzte. Er rannte sofort wieder im Zimmer herum und kläffte enervierend. Ich floh in die Kochnische und holte eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank.
„Ach, vermutlich hast du diesen schrecklichen Chardonnay von Llewellyn“, sagte Lily beim Anblick der Flasche. „Er hat jahrelang nach einem geeigneten Opfer gesucht, um

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