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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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‚Tier mit den zwei Hörnern’ der Apokalypse“, bestätigte Nim, „und wenn du deine Zahlen horizontal addierst, ergibt das auch 666. Und das, Kleines, ist das sogenannte ‘magische Quadrat’. Ebenfalls ein mathematisches Spiel. In einigen Springer-Touren, die Benjamin Franklin erarbeitete, waren magische Quadrate verborgen. Du bist für solche Dinge wirklich begabt. Du hast eins entdeckt, das sogar mir entgangen war.“
    „Du hattest es nicht gesehen?“ fragte ich, sehr zufrieden mit mir. „Aber was sollte ich denn deiner Meinung nach finden?“ Ich betrachtete das Blatt Papier, als wollte ich ein unsichtbares Kaninchen im Vexierbild einer Kinderzeitschrift finden, und hoffte, es werde mir vielleicht rechts entgegenspringen oder wenn ich das Blatt verkehrt herum hielte.
    „Trenn mit einer Linie die beiden letzten Zeilen von den ersten sieben“, sagte Nimm, und als ich das getan hatte, fügte er hinzu: „Jetzt betrachtest du dir den ersten Buchstaben jeder Zeile.“
    Meine Augen glitten langsam von oben nach unten über das Blatt. Als sie unten anlangten, überlief mich trotz des warmen und fröhlich flackernden Feuers ein kalter Schauer. „Was ist los?“ fragte Nim und sah mich merkwürdig an. Ich starrte sprachlos auf das Blatt.
    Dann griff ich zum Kugelschreiber und schrieb das Wort, das ich sah.
„J-A-D-O-U-B-E /K-V“, stand dort, als sei es an mich gerichtet.
„Stimmt“, sagte Nim. „J'adoube, ein französischer Schachbegriff, der bedeutet: Ich berühre,
    ich rücke zurecht. Das sagt ein Spieler, wenn er während des Spiels eine seiner Figuren zurechtrücken will. Die beiden Buchstaben ‘K.V.’ sind deine Initialen. Das weist darauf hin, daß dir die Wahrsagerin eine Nachricht zukommen lassen wollte. Vielleicht mochte sie auch Kontakt zu dir aufnehmen. Sag mal... Um Himmels willen, du siehst ja aus, als hättest du ein Gespenst gesehen!“ rief er plötzlich.
    „Das kannst du nicht wissen“, antwortete ich schwach. „J'adoube ... das war das letzte Wort, das Fiske bei dem Spiel gesprochen hat, und dann wurde er umgebracht.“
    Kein Wunder, daß ich Alpträume hatte. Ich folgte dem Mann auf dem Fahrrad eine lange gewundene Straße zu einem steilen Hügel hinauf. Die Häuser standen so eng zusammen, daß ich den Himmel nicht sehen konnte. Es wurde dunkler, während wir immer weiter in das Labyrinth schmaler, gepflasterter Gassen eindrangen. Wenn ich eine Kreuzung erreichte, sah ich immer gerade noch sein Fahrrad, das um die nächste Ecke bog. In einer Sackgasse holte ich ihn ein. Er wartete auf mich wie eine Spinne auf die Fliege. Der Mann drehte sich um, zog den Schal vom Gesicht, und darunter kam ein weißer Totenkopf mit leeren Augenhöhlen zum Vorschein. Der Totenkopf verwandelte sich vor meinen Augen, bekam Fleisch und Haut und wurde allmählich zum lachenden Gesicht der Wahrsagerin.
    Ich erwachte schweißgebadet und schob die Bettdecke zurück. Zitternd setzte ich mich auf. Im Kamin in der Ecke lag noch etwas Glut. Durch das Fenster sah ich unter mir den verschneiten Rasen. In der Mitte befand sich das Marmorbecken eines Springbrunnens und dahinter ein großes Schwimmbecken. Am Rand des Rasens schien das winterliche Meer zu beginnen, das im ersten Licht des Morgens perlgrau schimmerte.

Ich konnte mich nicht mehr an alles erinnern, was am Abend zuvor geschehen war. Nim hatte mir zuviel Tuaca eingeschenkt. Ich hatte Kopfschmerzen. Ich stand auf, wankte ins Bad und ließ heißes Wasser in die Wanne laufen. Ich fand Badesalz mit der Aufschrift „Nelken und Veilchen“. Es roch abscheulich, aber ich streute es ins Wasser, und es bildete sich eine dünne Schaumschicht. Als ich im heißen Wasser saß, fiel mir langsam und bruchstückweise unser Gespräch ein, und bald überfiel mich wieder die Angst.
    Vor der Zimmertür fand ich ein Bündel Kleider: einen Norwegerpullover und gefütterte gelbe Gummistiefel. Ich zog Pullover und Stiefel über meine Sachen. Als ich die Treppe hinunterging, begrüßte mich köstlicher Frühstücksduft.
    Nim stand mit dem Rücken zu mir am Herd. Er trug ein kariertes Hemd, Jeans und ebenfalls gelbe Gummistiefel.
„Wo finde ich ein Telefon, um im Büro anzurufen?“ fragte ich.
„Hier gibt es kein Telefon“, antwortete er. „Aber Carlos, mein Hausmeister, war heute morgen hier, um mir beim Aufräumen zu helfen. Ich habe ihm aufgetragen, bei Con Edison anzurufen und zu sagen, daß du heute nicht ins Büro kommst. Wir fahren heute nachmittag zurück, und ich

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