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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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Glastüren auf eine verschneite Rasenfläche. Dahinter schlugen die Wellen ans Ufer, und man sah im silbernen Mondlicht die hoch aufspritzende Gischt. An einer Seite befanden sich große, vermutlich mit Holz zu heizende Herde, auf denen man für hundert Leute kochen konnte. Die Wand gegenüber nahm ein gigantischer Kamin ein. Davor stand ein runder Eichentisch, an dem acht oder zehn Leute bequem sitzen konnten. Einkerbungen und Risse auf der gescheuerten Tischplatte ließen auf ein hohes Alter schließen. Überall im Raum standen bequeme Sessel und weichgepolsterte Sofas, die mit buntgeblümtem Chintz bezogen waren.
Nim ging zu dem Holzstoß neben dem Kamin, häufte dünnes Anmachholz auf die Feuerböcke, zündete es an und legte dann dicke Holzscheite darauf. Nach wenigen Minuten begann das knisternde Feuer den Raum mit freundlicher Wärme zu erfüllen. Ich zog die Stiefel aus und machte es mir auf einem der Sofas bequem, während Nim eine Flasche Sherry entkorkte. Er reichte mir ein Glas, schenkte sich selbst ein und setzte sich neben mich. Ich schlüpfte aus dem Mantel, dann stieß er mit mir an.
„Auf das Montglane-Schachspiel und die vielen Abenteuer, die es dir bescheren wird“, sagte er lächelnd und trank.
„Mmm, köstlich“, sagte ich und überging geflissentlich diese Anspielung, denn er hatte mir zwar eine spannende Geschichte erzählt und sehr viel mehr als Llewellyn, aber ich fand es albern, Karl den Großen, Magie und die Weltgeschichte mit mir in Zusammenhang zu bringen.
„Es ist ein Amontillado“, erwiderte er und drehte das Glas im flackernden Licht. „Man hat Menschen bei lebendigem Leib für weniger guten Sherry eingemauert.“
„Ich hoffe, du hast mir dieses Schicksal nicht zugedacht“, sagte ich. „Bitte vergiß nicht, ich muß morgen wirklich wieder im Büro sein.“
„‘Ich bin für die Schönheit und für die Wahrheit gestorben’“, deklamierte Nim. „Beinahe jeder glaubt, er sei bereit, für etwas zu sterben, aber ich habe noch niemanden getroffen, der sein Leben für einen langweiligen Arbeitstag im Büro von Con Edison aufs Spiel setzt!“
„Jetzt willst du mir Angst machen.“
„Aber nein“, sagte Nim, zog die Lederjacke aus und legte den Seidenschal ab. Er trug einen leuchtendroten Pullover, der zur Farbe seiner Haare überraschend gut paßte. Nim streckte die Beine aus. „Wenn mich ein geheimnisvoller Fremder in einem menschenleeren Raum bei den Vereinten Nationen ansprechen würde, könnte ich das nicht auf die leichte Schulter nehmen - besonders wenn seine Warnungen wiederholt durch das frühzeitige Ableben von harmlosen Mitmenschen unterstrichen werden.“
„Warum hat Solarin mich angesprochen?“ fragte ich.
„Ich hatte gehofft, du würdest mir diese Frage beantworten“, sagte Nim, trank seinen Sherry und starrte nachdenklich ins Feuer.
„Was ist das für eine geheime Formel, um die er in Spanien gewettet hat?“ fragte ich.
„Eine Finte“, sagte Nim. „Solarin hat bekanntermaßen eine Schwäche für mathematische Spiele. Er hat eine neue Formel für die Springer-Tour entwickelt und erklärt, er werde sie dem geben, der ihn besiegt. Weißt du, was eine Springer-Tour ist?“ fragte er, als er meine Verwirrung sah. Ich schüttelte den Kopf.
„Es ist ein mathematisches Puzzle. Man zieht den Springer auf jedes Feld, ohne daß er zweimal auf demselben Feld landet. Dabei zieht man ihn der Regel nach ein Feld geradeaus und ein Feld in diagonaler Richtung oder umgekehrt. Seit Jahrhunderten haben Mathematiker versucht, eine Formel zu entwickeln, nach der man das schafft. Euler hatte eine Formel und auch Benjamin Franklin. Eine 'geschlossene' Tour bedeutet, man endet auf dem Feld, auf dem man begonnen hat.“
Nim stand auf und ging zu den Herden. Er griff nach Töpfen und Pfannen, entzündete die Gasbrenner und erzählte weiter.
„Italienische Journalisten glaubten damals in Spanien, Solarin habe in seiner Springer-Tour noch eine andere Formel versteckt. Solarin liebt vielschichtige Spiele, und da sie wußten, daß er Physiker ist, zogen sie verständlicherweise Schlußfolgerungen, die Schlagzeilen machten.“
„Ja, er ist Physiker“, sinnierte ich und schob mir einen Sessel vor den Kamin. Die Flasche Amontillado nahm ich mit. „Wenn seine Formel nicht so wichtig war, warum haben die Russen ihn dann so schnell nach Rußland zurückgeholt?“
„Genau das hat man damals auch gefragt“, antwortete Nim. „Aber Solarins Spezialgebiet ist Akustik - ein schwieriges,

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