Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
lebhaftes Viertel, in dem es von Kleinkindern, Teenagern, jungen Akademikern und älteren Leuten nur so gewimmelt hatte, wie eine richtige Geisterstadt vor.
Siebzig Prozent der tausendsiebenhundert Wohnungen in unserer Anlage standen leer. Viele, die bei Freunden, Verwandten oder in Hotels untergekommen waren, waren so erschüttert, dass sie nie mehr zurückkehrten. Manche befürchteten, dass ihre Kinder hier nicht mehr sicher wären und womöglich ein weiterer Angriff bevorstand – schließlich war die Wall Street sehr nah. Andere litten unter dem posttraumatischen Stresssyndrom und verschwanden spurlos. Sie holten nicht einmal ihre Möbel ab.
Aber für Granny und mich war Battery Park City der Ort, an dem wir uns zu Hause fühlten. Wir wollten uns nicht vertreiben lassen.
Hier hatten wir draußen im Park so viele glückliche Momente erlebt: Wir waren mit Katie am Ufer spazieren gegangen, hatten uns am Anblick des Jachthafens und des Verkehrs auf dem Hudson erfreut, hatten an warmen Sommerabenden Eis gegessen, Open-Air-Konzerte besucht und den beeindruckenden Anblick der Freiheitsstatue genossen.
Und drinnen hatten wir gemeinsam gebacken und uns Grannys Pflaumenkuchen, ihr Paprikahuhn und ihre panierten Zucchini schmecken lassen. Wir hatten gemeinsam die Feiertage verbracht und mit Karottenkuchen Katies Geburtstag gefeiert.
Mithilfe dieser Rituale hatten wir eine richtige Familie erschaffen, die sich darüber hinaus auf ein breites Netzwerk von Freunden in der Nachbarschaft erstreckte. Es war ein Ding der Unmöglichkeit, auch nur daran zu denken, das alles aufzugeben.
Ein Freund aus einer anderen Stadt fragte mich, warum es so lange gedauert hatte, bis wir wieder heimkehren konnten. Ich erklärte ihm, dass bei einem der Flugzeuge ein Flügelteil abgebrochen war, als es am World Trade Center zerschellte. Dieses Teil war wie ein Meteor quer über die Straße geschossen und hatte ein tiefes Loch in die Seite unseres Wohnblocks gerissen, der immerhin fünfunddreißig Etagen umfasste. Dabei waren zahllose Fenster zu Bruch gegangen.
Jedenfalls war unsere Heimkehr alles andere als glücklich. Unsere Wohnungen waren zwar bewohnbar, aber alles war anders, und vieles war verloren.
Tränen flossen bei allen, die an jenem Tag heimkehrten und wie wir die gespenstische Anwesenheit derer spürten, die in unserer unmittelbaren Nähe auf so tragische Weise ums Leben gekommen waren.
Als Katie und ich das Foyer unseres Gebäudes betraten, sah ich durch die Glaswand auf das, was früher einmal ein grüner Garten gewesen war. Jetzt war alles aufgerissen und vertrocknet. Vor sieben Wochen war das Gras übersät gewesen mit angesengten Papieren, die bei der Implosion des zweiten Turms durch die Luft gewirbelt worden waren. Die Dokumente waren aus den brennenden Türmen quer über die Straße in unseren Garten geweht. Damals hatte ich auch einen Schuh gesehen, der einer armen Seele vom Fuß gerissen worden war. Ich hatte mich gebückt, um den Schuh zu berühren, und hatte in der Nähe einen Lippenstift und die Visitenkarte eines Bankers liegen sehen.
Obwohl solche Dinge weggeräumt worden waren, war unser Zuhause nicht mehr dasselbe. Unsere einst makellose Lobby mit ihren bis zur Decke reichenden Spiegeln, den Palmen, den polierten Stahlsäulen und den Orientteppichen war staubig und unordentlich, ein Schatten ihrer selbst.
Im Sitzbereich stapelte sich das Gepäck der Zurückkehrenden. An den Wänden klebten Hinweise über Notdienste und Reinigungsfirmen. Niedrige Tische standen im Bereich vor den Aufzügen, hinter denen FEMA -Mitarbeiter und Versicherungsvertreter saßen und die Fragen beantworteten, wie Battery Park City wieder bewohnbar gemacht werden sollte.
Katie trottete zu einem der Tische, unter dem sie eine offene Tüte Chips entdeckt hatte. Sie klaute die Tüte und rannte damit zum Aufzug, in der Hoffnung, dass ich sie nicht ertappen würde. Doch ich nahm ihr die Tüte ab und legte sie zurück.
Als wir aus dem Aufzug stiegen, rannte Katie munter über unseren langen Flur. Sie war außer sich vor Freude, endlich wieder in ihrem Revier gelandet zu sein.
»Da ist ja mein Mädchen«, meinte Granny erfreut, als Katie sich in ihre Arme stürzte und ihr Gesicht mit Küssen bedeckte. »Wie geht es meinem kleinen Baby?«, fragte sie immer wieder. Katies Schwanz sagte alles – ihr ging es gut, und sie war glücklich, endlich wieder mit Pearl vereint zu sein.
Ich hatte zwiespältige Gefühle. Die meisten Wohnungen auf
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