Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
ebenfalls in unserer Anlage wohnte. Sie hatten Pearl freundlicherweise eingeladen, die erste Nacht bei ihren Verwandten in New Jersey zu verbringen. Am nächsten Tag fuhren sie Pearl dann zu ihren eigenen Verwandten, die ein Haus in der Nähe von Montclair hatten, auch wenn Pearl nicht besonders glücklich darüber war.
»Ich habe versucht, dich zu finden, Glenn, aber dann lief alles schief«, sagte sie bekümmert. »Geht es dir gut? Wie ist es dir ergangen? Und was macht mein Mädchen?« Ich brachte Pearl auf den neuesten Stand und sagte ihr, wie leid es mir tat, dass ich sie verloren hatte.
»Katie vermisst dich! Wir wohnen momentan bei John und Peter, aber ich werde dich jeden Tag anrufen. Uns wird schon etwas einfallen, wie es weitergehen soll.«
Rasch zeigte sich, dass wir in naher Zukunft nicht in unsere Wohnungen zurückkehren konnten. Es gab keinen Strom, kein Gas und kein Wasser und auch kein Telefon. Außerdem hatte sich Battery Park City in ein Heerlager verwandelt, Truppen der National Guard und des FBI sowie Rettungskräfte der FEMA (Federal Emergency Management Agency) und die Polizei führten Ermittlungen durch – das gesamte Viertel war zum Tatort erklärt worden.
Unserer Wohnanlage gegenüber bewachte das Militär die rauchenden Ruinen des Trade Center, während Rettungskräfte die schreckliche Aufgabe hatten, im Schutt nach den sterblichen Überresten der Opfer zu suchen.
Als ich am folgenden Tag mit Pearl sprach, klang sie sehr schwach. Sie meinte, sie habe mit einem Mageninfekt zu kämpfen, und beharrte darauf, dass wir sie erst besuchen sollten, wenn sie wieder genesen sei.
»Hast du alles, was du brauchst, Älteste?«, fragte ich.
»Alles bis auf Katie. Gib ihr einen Kuss von mir.«
In der nächsten Woche saßen wir oft vor dem Fernseher und sahen uns die Dauerberichterstattung über den 11. September an. Katie und ich lebten uns bei John, Ryan, Peter und ihren beiden Hunden Virgil und Chance ein.
Virgil war im besten Hundealter und der mürrische Alphahund im Haus. Er knurrte oft und schreckte nicht davor zurück, jeden zu beißen, der sich in sein Territorium vorwagte. Gegen Katie fasste er eine sofortige Abneigung, die auf Gegenseitigkeit beruhte, sodass man Katie zu ihrem Schutz ins Bad verbannen musste. Dort kauerte sie bedrückt auf den kalten Fliesen und fraß kaum. Sie war nur zufrieden, wenn ich mit ihr Gassi ging oder wenn sie nachts bei mir in dem kleinen Arbeitszimmer schlafen konnte.
Johns anderer Hund, Chance, der Papillon, war ein kläffendes kleines Fellknäuel, über das sich Katie ärgerte. Sie ignorierte ihn, und wenn er ihr zu nahe kam, schubste sie ihn mit ihrer Pfote zur Seite.
Abgesehen von dem Stress, der entsteht, wenn zu viele Hunde in einer Wohnung sind, war ich John und Peter sehr dankbar für ihre Gastfreundschaft. In der tristen Zeit nach dem 11. September war es ein großer Trost, wieder mit Freunden zusammen zu sein.
Beim Frühstück mit Bagels und Müsli unterhielt ich mich mit Ryan über seine Schule. Mit John schmiedete ich Pläne für meine Arbeit und darüber, wie ich ohne meinen Computer auskommen konnte. Ihre Gesellschaft verlieh mir neue Kraft, und wir fanden bald wieder zu unserer früheren Vertrautheit zurück.
In jener Zeit war es wirklich gut, wenn man nicht allein war. Granny war über ihr unfreiwilliges Exil in New Jersey allerdings alles andere als glücklich. Sie stand ihrer Nichte und ihrem Neffen, Edith und Leonard, nicht besonders nahe und fühlte sich – wie sie mir später gestand – in deren Haus nicht recht wohl. Aber selbst wenn sie sich dort wohler gefühlt hätte, hätte sie doch gute Gründe gehabt, bedrückt zu sein; schließlich war sie entwurzelt worden und schon allein durch die körperlichen Strapazen des 11. September traumatisiert. Sie konnte es kaum erwarten, in ihre gewohnte Umgebung zurückzukehren.
»Ich vermisse das kleine Kind«, sagte sie mir immer wieder am Telefon. »Was macht sie denn?«
»Sie benimmt sich schlecht wie üblich«, erwiderte ich lachend. »Bei Johns Hunden ist sie nicht sehr beliebt. Sie hassen sie. Sie setzt ihr Leben aufs Spiel, um das Fressen der beiden zu stibitzen.«
»Typisch Katie!« Pearl lachte. Doch dann wurde sie wieder ernst. Sie erzählte mir, wie sehr sie ihre neue Freundin, Lee, vermisste, die sich so rührend um sie gekümmert hatte.
»Lee hat mir das Leben gerettet«, meinte sie dankbar.
Lee und ich riefen Pearl jeden Tag an, und anfangs schien es ihr ganz gut zu
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