Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
gehen. Doch der Schein trog. Offenbar wehrte sie sich gegen all die guten Absichten ihrer Nichte, weil sie unabhängig bleiben wollte. Obwohl die Nichte Pearl zum Friseur einlud und ihr neue Kleider kaufte, was wahrhaftig sehr nett von ihr war, wollte Pearl nichts davon wissen.
Sie wurde richtig paranoid in dieser Vorstadtumgebung. Einmal rief sie mich an und sagte mir, dass man sie ins Haus eingesperrt hätte. Sie sei eine Geisel, meinte sie, und könne das Haus nicht verlassen. Doch das stimmte nicht. Ich hielt es für eine Nebenwirkung des Schocks, den sie erlitten hatte. Sie war desorientiert und schrecklich einsam, und außerdem machte sie sich große Sorgen.
Die Lösung lag auf der Hand: Wir mussten sie so rasch wie möglich zu uns nach Manhattan holen. John besorgte einen Leihwagen, und wir fuhren gemeinsam mit Katie und Ryan nach Montclair, um Pearl zu retten.
Als wir in die Einfahrt einbogen, stürmte Pearl aus dem Haus und warf sich in unsere Arme. Sie freute sich unsagbar, nach Manhattan zurückkehren zu können. Mit ihrem kürzeren, lockigen Haarschnitt sah sie sehr gut aus, man hatte sich ganz offenkundig ausgezeichnet um sie gekümmert. Katie war außer sich vor Freude. Sie schleckte Grannys Gesicht ab und saß die ganze Fahrt zurück in die Stadt auf ihrem Schoß. Bald schlief sie in ihren Armen ein, die Pfoten besitzergreifend auf Pearls Handgelenke gelegt.
Die zwölf Meilen waren rasch zurückgelegt. Allerdings hatten John und Peter nicht so viel Platz, um uns alle unterzubringen, und ich wollte ihnen ohnehin nicht länger zur Last fallen. Zwei Wochen waren wahrhaftig genug. Außerdem freute sich Katie nicht über ihre Verbannung ins Bad, es war also Zeit weiterzuziehen.
FEMA bot allen, die durch den 11. September ihr Zuhause verloren hatten, eine Gratisunterkunft in einem Hotel an. Wir suchten nach einem Hotel, in dem Menschen und Hunde willkommen waren. Das einzige hundefreundliche Hotel, das ich finden konnte, war das Mayflower Hotel am Central Park West, direkt gegenüber dem Central Park.
Da in dem Hotel bereits viele Leute wohnten, die aus Battery Park City vertrieben worden waren, gab es dort leider nur noch ein freies Zimmer. So ungern ich mich von Granny trennte, es blieb mir nichts anderes übrig, als sie im Helmsley Hotel unterzubringen. Immerhin lag es in der Nähe meiner Unterkunft gleich neben der Carnegie Hall. Zu mir waren es nur wenige Blocks, zu John und Ryan war es noch näher.
Nun war sie zwar allein in ihrem Zimmer, aber viel glücklicher.
»Ich bin frei!«, jubelte sie. Sie war froh, wieder in Manhattan zu sein. Hier konnte sie herumlaufen und war Katie und uns allen nah. Meist holte ich sie zum Mittag- oder Abendessen ab, und wir machten lange Spaziergänge im Central Park. Katie jagte Vögel und Eichhörnchen und behauptete ihre Stellung gegenüber kleinen Hunden, die sie ärgerten.
Im Hotel genoss Katie ihre Freiheit und freundete sich rasch mit den Zimmermädchen an. Sie folgte ihnen, wie sie Ramon gefolgt war, in der Hoffnung, ein Leckerli zu ergattern, was ihr allerdings nie gelang. Sie marschierte durchs Foyer und blieb stehen, um mit den Kofferträgern und allen anderen zu schäkern, die bereit waren, sie zu streicheln. Manchmal lief sie zwar wegen ihrer Linsentrübung gegen die Wand, doch sie war bester Laune und fühlte sich durch den Umgebungswechsel ganz offenkundig angeregt, solange sie ihr Rudel um sich hatte – mich, Pearl, John und Ryan.
Am siebten Oktober feierten wir Pearls neunundachtzigsten Geburtstag in einem italienischen Restaurant ein paar Blocks von Johns Wohnung entfernt. Rose war auch da, zusammen mit Lee und anderen Freundinnen aus Battery Park City, die alle noch nicht in ihre Wohnungen zurückkehren konnten. Unser Viertel war nach wie vor unbewohnbar.
Ryan kuschelte sich eng an die Älteste. Oft berührten sich ihre Köpfe, wenn sie für Fotos posierten. Pearl strahlte den ganzen Abend lang, sie trug ein elegantes schwarzes Kostüm, eine Bluse mit Leopardenmuster und eine Perlenkette. Ryan wirkte sehr erwachsen in seinem blauen Frackhemd und seiner beigen Hose. Der lange Pony fiel ihm über die Augen.
Wir stimmten ein Geburtstagsständchen an, auch wenn es ziemlich schräg klang, und genossen eine Schokoladentorte vom Cupcake Café, die ein bunter Garten blauer, roter und gelber Zuckerblumen zierte. Granny übernahm es, die Torte anzuschneiden, auch wenn die Stücke viel schmaler ausfielen, als uns recht war.
Ryan langte herzhaft zu
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