Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
unserer Etage waren verlassen. Der Gang war leer und düster, nur erhellt von einem schwachen Notlicht.
Vor zwei Wochen hatte die National Guard die Regeln gelockert und den Bewohnern längere Besuche gestattet. Ich war in Begleitung meiner Versicherungsvertreterin, einer wundervollen, warmherzigen Frau namens Jean Harper, in meine Wohnung zurückgekehrt, um den Schaden zu begutachten. Als große Hundefreundin war Jean sofort von Katie verzaubert und legte sich für meine Schadensersatzforderungen tüchtig ins Zeug.
»Puh, das ist wirklich deprimierend«, ächzte ich, als ich mit Jean das Chaos musterte. Es gab beträchtliche Wasser- und Staubschäden: Die Marmorplatte in der Küche war zersprungen, die Eichenschränke waren verzogen, der hellbeige Marmorfußboden war braun, die Tapete blass, und die Teppiche im Wohnzimmer waren mit Flecken übersät, die nicht mehr zu beseitigen waren. Überall stand das Wasser gut zwei Zentimeter hoch.
Zu meiner Erleichterung konnte das meiste repariert oder ersetzt werden, doch leider nicht alles. Mein Computer war ein staubiges Wrack, zerstört von dem Unrat, der am 11. September hereingequollen war und alles mit einer schweren, schwarzen Rußdecke überzogen hatte. Von manchen Dateien hatte ich zwar ein Back-up gemacht, doch vieles war unwiederbringlich verloren.
Nach dem entmutigenden Besuch mit Jean hatte ich dafür gesorgt, dass vor unserer Ankunft alles gesäubert und getrocknet wurde. Ein wie Astronauten gekleideter Dekontaminierungstrupp war gekommen und hatte sämtliche Oberflächen vom Boden bis zur Decke gereinigt und den Asbeststaub entfernt.
»Das hier ist wirklich eine Geisterstadt«, flüsterte Pearl, als sie den düsteren Gang musterte. Ihre Freundinnen waren noch immer bei Bekannten oder Verwandten untergebracht, was Pearl ebenfalls bedrückte.
Sie packte ihre Sachen aus und starrte auf den dicken Staub, der auch in ihrer Wohnung sämtliche Oberflächen bedeckte. Traurig stellte sie fest, dass ihre geliebten Pflanzen vertrocknet waren – alle bis auf eine, die Azalee, die sie von Ryan bekommen hatte.
Ihre Wohnung wieder auf Vordermann zu bringen war eindeutig zu viel für sie. Ich sorgte dafür, dass eine Reinigungsfirma auch ihre Wohnung dekontaminierte.
»Ich werde jetzt wohl mal einkaufen müssen«, murmelte sie am ersten Tag und machte sich auf den Weg zum Supermarkt.
»Warte kurz, dann komme ich mit«, erwiderte ich.
Doch unabhängig wie eh und je schüttelte Pearl den Kopf und ging an mir vorbei.
»Ich schaff das schon, mach dir keine Sorgen.«
Aber ich machte mir Sorgen.
Die Älteste war eindeutig wacklig auf den Beinen. Wer in ihrem Alter wäre das nicht gewesen? Sie war aus der Bahn geworfen worden und hatte nicht die Kraft, ihr altes Leben wiederaufzunehmen. Ich rechnete es ihr hoch an, dass sie es zumindest versuchte.
Abgesehen von den rein körperlichen Strapazen würde ihr die Wiedereingewöhnung sicher auch deshalb schwerfallen, weil sie sich in letzter Zeit daran gewöhnt hatte, fast täglich Ryan und John zu sehen. Und nun war sie wieder Downtown und einsamer, als ihr lieb war.
Katie ließ das alles kalt, sie trabte ins Schlafzimmer auf der Suche nach ihrem Lieblingsspielzeug, der rosafarbenen Gummimaus, die quietschte, wenn man sie zusammendrückte. Sie biss darauf herum und beutelte das arme Ding mit großem Vergnügen. Danach holte sie sich eine Socke, und wir spielten Tauziehen. Katie knurrte begeistert bei den Versuchen, mir die Socke zu entreißen.
Schließlich ließ sie los. Ihre rosafarbene Zunge hing ihr aus dem Maul, und sie schenkte mir ihre Version eines Hundelächelns. Sie war hochzufrieden, endlich wieder zu Hause zu sein. Ich steckte ihr einen Hundekuchen zu, und schließlich rollte sie sich auf der Couch zusammen und machte ein Nickerchen.
Am nächsten Tag rief ich Katies geliebte Hundefriseurin Betty an, die sich mittlerweile seit dreizehn Jahren um ihre Schönheit kümmerte. De De’s Dogarama hatte zwar vor etlichen Jahren Pleite gemacht, doch ich verließ mich hundertprozentig auf Betty, die inzwischen Hausbesuche anbot.
»Hey, Freundin, wie ich sehe, hast du es geschafft, den elften September zu überstehen. Aber deine Frisur hat das nicht so gut geschafft.«
Katie war begeistert, Betty wiederzusehen, und stürzte sich sofort in ihre Arme. Die letzten sieben Wochen waren in mancherlei Hinsicht eine lange Zeit gewesen. Ich hatte mir vorgenommen, alles zu tun, um wieder ein Gefühl der Normalität
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