Katie und der Dom
Ihre Gedanken kreisten nur noch um Liam. Sie hatte sein Buch förmlich verschlungen und noch in der Nacht nach ihrer letzten Begegnung bis vier Uhr morgens darin gelesen. Nach wenigen Stunden Schlaf hatte sie das Buch dann bis zum späten Nachmittag zu Ende gelesen, während sie immer noch ungeduscht und im Schlafanzug im Bett lag.
Endlich hatte sie alles begriffen: Weshalb Patrick ein Top, Liam ein Dom und sie eine Sub war – zumindest auf dem Papier.
Zur Mittagszeit zog sie sich mit der braunen Papiertüte, in der sich ihr Mittagessen befand, in ihr kleines Hinterzimmerbüro zurück. Es sind doch nur noch zwei Tage. Noch zwei Tage. Sie blätterte durch ein Magazin und achtete dabei gar nicht auf die darin abgebildeten halbverhungerten Models, die aufreizend in ausgefallenen Kleidern posierten oder sich halbnackt am Stand räkelten und dabei so taten, als ob sie entspannt und glücklich wären. Es ergab einfach alles keinen Sinn. Seit Liam sich auf dem Parkplatz von ihr verabschiedet hatte, hatte sich ihre Welt wieder von bunt in schwarz/weiß und schließlich in ein eintöniges grau gefärbt.
Katie öffnete die braune Papiertüte und starrte ihr Mittagessen an: ein labbriges Truthahn-Vollkorn-Sandwich. Bei seinem traurigen Anblick dachte sie, dass ihr in ihrem ganzen Leben noch nie etwas Langweiligeres zu essen untergekommen war. Sie erinnerte sich an die Krabbe und das Tiramisu. Sie biss in ihr Truthahn-Sandwich, und es schmeckte wie durchgeweichte Pappe. Sie bekam es einfach nicht runter. Nie und nimmer. Sie seufzte und blättert auf die nächste Seite, auf der ihr sofort ein kleiner Coupon in der Seitenmitte ins Auge fiel.
Sie stand auf, warf das angebissene pappige Sandwich in den Mülleimer, und schnappte sich ihre Handtasche und ihren Mantel.
Sie hatte sowieso keinen Hunger. Zumindest nicht auf etwas zu essen.
„Chris, ich muss leider nach Hause gehen“, sagte Katie zu ihrem Mitarbeiter am Schalter, während sie sich ihren Mantel überwarf. „Ich fühl mich nicht besonders gut.“
Das stimmte durchaus.
„Bist du etwa krank?“ Er musterte sie argwöhnisch. Katie war für ihre absolute Zuverlässigkeit bekannt und hatte bis jetzt noch keinen einzigen Tag krank gemacht. Selbst mit einer ausgewachsenen Grippe hatte sie sich noch beflissen auf Arbeit geschleppt.
Ja , krank vor Liebeskummer, dachte sie nur und nickte. „Also, dann vielleicht bis morgen.“
„Gute Besserung!“, rief er ihr nach
So verrückt es sich auch anhörte, aber es gab nur eine einzige Arznei, die sie von ihrem Leiden erlösen konnte. Sie brauchte nicht mehr als eine halbe Stunde, um nach Hause zu fahren und sich umzuziehen. Als sie schließlich ihren Wagen auf dem Parkplatz des Fitnesscenters abstellte und den Zündschlüssel abzog, hielt sie kurz inne und murmelte „verrückte Stalkerin“ zu sich selbst, doch dann griff sie sich ihre Handtasche, stieg aus und ging trotzdem hinein.
Mit ihrem Gehalt als Bibliothekarin konnte sie sich gerade so ein paar kleine Annehmlichkeiten wie ein Maxdome-Abo und einen digitalen Festplattenrekorder für ihren Kabelanschluss leisten. Für eine Mitgliedschaft in einem derartig exklusiven Fitnessclub reichte es aber bei weitem nicht aus. Doch auf den kleinen Coupon, den sie fein säuberlich aus dem Magazin herausgetrennt hatte, würde man ihr einen ganzen Nutzungstag gratis gewähren, den sie jetzt nur allzu gern in Anspruch nahm. Aber vor allem hoffte sie, jemand ganz bestimmtes zu treffen, als sie sich im Empfangsbereich umschaute, der wie der Rest des Clubs bereits gut mit anderen Gästen gefüllt war. Wie Katie waren die meisten von ihnen mit Yogahosen, Tank Tees und Turnschuhen bekleidet und trugen Wasserflaschen und Handtücher mit sich herum.
„Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“ Eine Blonde, die hinter dem Empfangstresen stand, winkte ihr zu, und Katie reichte ihr den Coupon rüber. Was sich nun anschloss, war wohl das längste und nervigste Verkaufsgespräch, das sie über sich ergehen lassen musste, seit vor etlichen Jahren dieser penetrante Vorwerk-Vertreter vor ihrer Tür gestanden hatte und ihr einen Staubsauger für anderthalbtausend Euro unterjubeln wollte. Den hatte sie ihm natürlich nicht abgekauft, und sie würde auch hier keinen einzigen Cent ausgeben – aber das wollte sie Jenna natürlich nicht unter die Nase reiben.
Jenna war quirlig und aufgeweckt und wusste wirklich eine Menge über Kugelhanteln, Core-Training und Wassergymnastik zu erzählen, und zwar
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