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Katja Henkelpott 1 - Katja Henkelpott

Katja Henkelpott 1 - Katja Henkelpott

Titel: Katja Henkelpott 1 - Katja Henkelpott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Sakowski
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Großmutter, »eine Ente gehört auf das Wasser«, und drohte mit der Faust zum Dach hinauf und patschte in die Hände. Die Ente hat ihr aber bloß das Hinterteil zugedreht und etwas Unangenehmes fallen lassen, das klatschte auf die Ziegel. So fing das Unglück an.
    Zuerst kam der Preisbruch. Irgend jemand hatte das Gerücht ausgestreut, die Hühner in den alten Bundesländern legten bessere Eier als die Rodeländer in Pälitzhof, nämlich schneeweiße. Und die Menschen glaubten das. Sie verlangten keine Rodeländer, sondern Helgoländer Küsteneier. Meine Oma blieb auf ihren Eiern sitzen. Es müssen ziemlich viele gewesen sein.
    »Katja Henkelpott«, klagte sie, »jetzt ist es vorbei. Und ich hatte doch mit den Rodeländern ein schönes Stück Geld gemacht.« Wie groß das Stück ist, sagte sie nicht. Sie hat es auf die hohe Kante gelegt. Ich kriege schon heraus, auf welche.
    Am Abend war meine Großmutter so in Gedanken, daß sie den Stall verschloß, obwohl die Hühner noch auf der Bleiche waren. Nachts schien der Mond so hell, daß ich schlecht schlafen konnte. Manchmal hörte ich Schreie, aber dann dachte ich, vielleicht sitzt meine Großmutter noch vor dem Fernsehapparat, im Krimi schreien sie ja auch bei jedem Mord. Am Morgen jammerten die Katzen vor dem Haustritt. Das war nicht mehr passiert, seit sie das Loch in der Astgabel bezogen hatten.
    Ich staunte und trat vor die Tür. Da schmiegten sich alle vier Katzen ängstlich um meine zwei Beine. Und dann sah ich das Unglück. Im Nußbaum saßen die Rodeländer, sie schüttelten die Kämme und plirrten mit den Augen und sahen ziemlich dämlich aus. Und im Hof waren viele Federn verstreut, als wäre der Frau Holle beim Schütteln das Bettzeug geplatzt. Es ist aber der Fuchs gewesen. Er hat die armen Hühner geschüttelt und totgebissen und zu seinem Bau geschleppt.

    »Ein Trost bleibt mir«, sagte meine Oma. »Zu viele waren es ja, nun brauche ich sie nicht selber abzumurksen.« Dann rief sie mit schriller Stimme: »Puut, puut, puut!« und verstreute ein paar Körner.
    Die Rodeländer hatten vor Angst das Fliegen erlernt. Nun fielen sie wie flatternde Kokosnüsse aus dem Baum. Ich konnte bis sieben zählen.

Das Gleichgewicht

    Neulich machten wir eine Radtour nach Wesenberg. Das ist eine kleine Stadt mit einem großen Laden, der Center heißt, weil es dort nicht nur Brot und Butter zu kaufen gibt, sondern auch Handtaschen und Eis.
    Meine Großmutter Habenicht fuhr vorweg. Ich mußte ihr folgen. Zuerst sah ich die Kraniche im Feld und rief »hallo«, weil ich mich freute, daß sie aus Afrika heimgekehrt waren. Dann beobachtete ich meine Oma beim Radfahren, und mir wurde schwummrig. Meine Großmutter ist ziemlich dick, besonders hinten, und ich staunte, daß sie sich auf dem winzigen Sattel festsetzen konnte, ohne abzustürzen. Sie arbeitete wie eine Stampfmaschine. Erst trat sie das eine Bein nach unten durch und schwankte links, dann trat sie das andere durch und schwankte rechts, und die beiden Räder schoben sich langsam geradeaus.
    »Großmutter«, rief ich, »warum kippst du nicht um?«
    Sie antwortete: »Weil ich das Gleichgewicht halte.«
    Mir wurde vom Hingucken schwindlig, deshalb überholte ich und fuhr voraus.
    Erst hatte meine Oma die Aussicht nach vorn versperrt, nun sah ich die häßlichen Autowracks neben der Straße. Weil zu viele Autos in den neuen Bundesländern gekauft werden, wissen die Menschen nicht, wohin mit den alten. Sie fahren sie einfach in den Straßengraben oder in den Wald. Dann kommen andere Menschen in Schwärmen, die arbeiten wie die Piratenfische und ratzbatz ist von einem Auto nur noch das Skelett übrig. Leider kann es nicht auf den Meeresgrund absinken und verschandelt die Natur. Ich weiß nicht, wie lange sich die Natur das gefallen läßt. Vielleicht fällt ihr was ein, wie nach dem Hühnermord in Pälitzhof.
    Sieben dicke Rodeländer hatten in der Angst das Fliegen erlernt und sich auf den Nußbaum gerettet. Die anderen waren vom Fuchs gerissen worden und hatten viele Federn lassen müssen. Der Hof war damit übersät. Als ich mit dem Besen kam, flogen viele Vögel herbei, um mir zu helfen. Sie ließen sich nieder und flogen auf und davon und trugen Federn in den Schnäbeln. Ich dachte, vielleicht heirate ich später einmal einen Königssohn, wie das Aschenputtel, dem waren ja auch die Tauben zugeflogen, weil das Mädchen es alleine nicht geschafft hatte, einen Sack Erbsen zu sortieren. Meine Großmutter war vor die

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