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Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Titel: Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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Winter in einem richtigen Zuhause. Sie war stolz und überglücklich. Ihre Mutter war schwanger geworden, als sie selbst noch ein Kind war. Bei Dagmars Geburt war sie gerade erst vierzehn. Sie durfte das Kind nicht behalten. Dagmar kam ins Heim. Mit neunzehn lernte Dagmars Mutter dann Jakob Grima kennen. Die beiden heirateten bereits drei Monate später. Grima war fast zwanzig Jahre älter als seine junge Frau und er verstand nicht, was ihr wichtig war, aber er war vollkommen vernarrt in sie und trug sie auf Händen. Ihre gemeinsame Tochter Jeanette wurde sechs Monate nach der Hochzeit geboren. Daraufhin holten sie auch Dagmar aus dem Heim.
    Sie war selig gewesen. In dem Bemühen, bloß nichts verkehrt zu machen, damit niemand auf die Idee kam, sie wieder dorthin zurückzuschicken, tat sie übereifrig alles, von dem sie glaubte, es bereite ihrer Mutter Freude. In jenem Winter wurde auf der Weihnachtsfeier in der Schule das Märchen ›Sterntaler‹ aufgeführt. Dagmar durfte das arme Mädchen spielen, das zum Schluss nichts weiter als sein Hemdchen auf dem Leib trägt. Allerdings war die Klassenlehrerin sehr auf den guten Ruf der Schule bedacht, sodass sie darauf achtete, dass das Hemdchen nicht zu kurz war und so vielleicht Anstoß erregen könnte. Vermutlich hatte sie sich dann auch noch ein wenig verschätzt. Auf jeden Fall reichte das weiße Hemd bis auf den Fußboden, und Dagmar musste es raffen, wenn sie über die Bühne lief.
    Der Tag der Aufführung kam. Alles lief wunderbar. Bis sie stolperte.
    Sekundenlang herrschte atemlose Stille in der Aula, dann fing vorne in der ersten Reihe ein Mann an zu lachen. Nach und nach fielen alle ein. Es war grauenvoll; statt die Zuschauer zu bewegen und in weihnachtliche Stimmung zu versetzen, hatte Dagmar sich zum Narren gemacht. Mit hochrotem Kopf stürzte sie von der Bühne, und weder die Überredungskünste ihrer Mutter noch die mehr oder weniger unverhohlenen Drohungen der Lehrerin vermochten an ihrem Entschluss etwas zu ändern: Damals schwor sie sich, nie wieder vor ein Publikum zu treten. Und diesen Schwur hatte sie gehalten. Bis heute.
    Dagmars Herz krampfte sich zusammen bei der Erinnerung an diese längst vergangene Blamage. Sie dachte an all die anderen unangenehmen Situationen, in die sie im Laufe der Jahre geraten war. Es war wie verhext. Sie hatte zwar nie mehr eine Bühne betreten, aber das hatte sie nicht davor bewahrt, sich mit gut gemeinten, doch überstürzten Handlungen lächerlich zu machen. Die Dinge endeten immer anders, als sie es plante.
    Plötzlich fiel ihr etwas ein. Sie stürzte zum Fenster. Und richtig, die Limousine, die sie eine Stunde zuvor hatte ankommen sehen, stand immer noch dort. Sie begriff mit einem Mal, wer der Mann und die Frau sein mussten. Und das bedeutete, dass sie sich nicht verhört hatte. Es war tatsächlich passiert. Sie stöhnte auf und brach dann schluchzend auf dem Boden zusammen. Wieso ging immer alles schief, was sie anfing?

    ***

    Katrin erwachte mit dem Gefühl zu ersticken. Sie versuchte, den Mund zu öffnen und tief durchzuatmen, aber es war, als seien ihre Lippen aneinandergeklebt. Ihr Kopf fühlte sich schwer an. Ihre Arme schmerzten. Mühsam rollte sie sich auf die Seite. Sie wollte sich aufrichten, aber ihr Körper war bleischwer, eingezwängt, und wollte ihr nicht gehorchen.
    War das ein Alptraum? Sie hatte keine Alpträume mehr gehabt seit sie ein kleines Mädchen war. Damals hatte sie eine zeitlang fast jede Nacht geträumt, sie sei in einem dunklen Wald und könne den Weg, der hinausführte, nicht finden. Sie irrte umher, aber wo immer sie hinkam, überall standen die gleichen abweisenden hohen Tannen. Sie rannte und rannte, bis ihr die Füße weh taten und ihr die Tränen der Verzweiflung über die Wangen liefen. Schließlich wachte sie schreiend auf, erleichtert, die vertrauten Umrisse ihres eigenen Kinderzimmers zu sehen. Den Rest der Nacht lag sie angstvoll wach. Sie fürchtete, der Traum könne wiederkommen, wenn sie nur die Augen schloss.
    Doch dies hier war kein Traum. Zu real waren die Schmerzen in Schultern und Unterarmen. Zu intensiv das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen. Es war noch dämmrig, also konnte es eigentlich nicht viel später als acht sein. Sie fühlte sich ausgelaugt und erschlagen, aber sie verstand nicht warum. Gestern Nachmittag war sie mit Roberta in der Stadt gewesen, sie waren viel herumgelaufen, und am Ende hatten ihr ganz schön die Füße wehgetan; aber das alles war keine

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