Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen
geflickt. Dort hatte es früher reingeregnet.
Aber Katrins Wagen war nicht in dem Parkhaus. Manfred und Roberta standen etwas ratlos neben Robertas Kombi und sahen sich an.
»Ich finde, wir sollten sie als vermisst melden«, schlug Roberta schließlich vor. »Ich weiß, sie ist noch nicht sehr lange weg, und dann ist da noch diese merkwürdige SMS, aber insgesamt ist das alles doch sehr komisch, findest du nicht?«
Manfred nickte. »Ich glaube auch nicht, dass sie einfach so verreist ist, ohne jemandem Genaueres zu sagen, ohne für Rupert zu sorgen und ohne Gepäck.« Er starrte auf seine Fußspitzen. »Aber nur mal angenommen, es stimmt doch. Angenommen, sie hat jemanden getroffen, jemanden, den sie vielleicht von früher kennt, oder – «
Er brach ab und sah Roberta an. Dann fragte er: »Gibt es da vielleicht irgendwen, von dem ich nichts weiß? Jemanden, mit dem sie Hals über Kopf wegfahren würde?«
Roberta zuckte mit den Schultern. »Nicht, dass ich wüsste. Außerdem glaube ich nicht, dass sie nicht wenigstens Bescheid sagen würde. Wir waren für heute verabredet. Katrin ist zwar manchmal ein wenig impulsiv, aber sie versetzt niemanden ohne Grund.«
»Also zur Polizei?«
Roberta nickte.
Eine Viertelstunde später hatten sie sich durch den dichten vorweihnachtlichen Stadtverkehr bis zum Präsidium gequält. Roberta blickte sich suchend auf der Straße um. »Kein Parkplatz.«
Manfred deutete auf den mit einer Schranke versperrten Personalparkplatz des Polizeipräsidiums, auf dem gähnende Leere herrschte. »Doch! Jede Menge Plätze!«, schimpfte er. »Aber nicht fürs gemeine Volk. Unverschämtheit, dass die hier nicht mal ein paar Plätze für Besucher haben!«
»Ich glaube, man kann da an der Schranke klingeln«, sagte Roberta beschwichtigend. »Aber ich bin mir nicht sicher.«
»Damit da drin dann irgend so ein Schreibtischfuzzi entscheidet, ob ich reindarf oder nicht?! Nein, danke. Da-rauf kann ich verzichten!«
Sie kurvten etwa zehn Minuten lang durch die kleinen Wohnstraßen des Viertels und fanden schließlich auf der Kronprinzenstraße eine Lücke, die groß genug für Robertas Kombi war.
Es war nicht viel los im Präsidium. Ein Mann mit ausländischem Akzent kam ihnen laut vor sich hinschimpfend durch die Glastür entgegen und stürmte wutentbrannt die Treppe hinunter. Die Portierloge war unbesetzt.
Nachdem sie dem Beamten in der Wache erklärt hatten, dass sie eine Vermisstenanzeige aufgeben wollten, wurden sie in ein spartanisch eingerichtetes Büro geführt, wo sich der Polizist an einen Computer setzte und ihnen zwei einfache Holzstühle anbot. Er ließ sich erzählen, worum es ging, dann fragte er:
»Besteht Gefahr für Leib oder Leben? Ist Ihre Freundin vielleicht selbstmordgefährdet?«
»Quatsch. Natürlich nicht«, erwiderte Manfred. »Aber es muss was passiert sein.«
Er erläuterte die Einzelheiten von Katrins Verschwinden, soweit sie ihm bekannt waren. Der Beamte blieb skeptisch. Bisher hatte er noch kein einziges Wort in den Computer eingegeben.
»Sie müssen wissen«, erläuterte er nun, »jeder Erwachsene hat das Recht, seinen Aufenthaltsort frei zu wählen. Er ist auch nicht verpflichtet, seinen Angehörigen oder Freunden mitzuteilen, wo er sich aufhält. Wenn Ihre Freundin keinen Kontakt zu Ihnen möchte, ist es nicht Aufgabe der Polizei, sie dazu zu zwingen. Wir können nur handeln, wenn Gefahr für Leib oder Leben besteht.«
»Aber das tut es doch«, schaltete sich Roberta ein. »Dieses Verhalten ist ganz untypisch für sie. Bitte glauben Sie uns. Es muss etwas passiert sein.«
Der Beamte musterte sie zweifelnd, doch schließlich ließ er sich von Manfred und Roberta die Daten geben, die er für die Anzeige benötigte.
»Was werden Sie jetzt unternehmen?«, fragte Roberta, als sie fertig waren.
»Nun, wir werden Frau Sandmann zur Fahndung ausschreiben. Mehr können wir im Augenblick nicht machen. Für groß angelegte Suchmaßnahmen reichen die von Ihnen geäußerten Verdachtsmomente nicht aus. Sie ist eine erwachsene Frau, und es gibt keinen konkreten Hinweis auf ein Verbrechen. Suizidgefahr liegt auch nicht vor. Es ist ja nicht einmal sicher, ob sie nicht doch einfach verreist ist.«
Roberta sah zu Manfred hinüber. Aber anstatt aufzubrausen, wie sie es erwartet hatte, und dem Beamten wutentbrannt vorzuwerfen, dass die Polizei wahrscheinlich erst Interesse an dem Fall haben würde, wenn man Katrins Leiche aus dem Rhein zöge, senkte er nur resigniert den
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