Katzenkrieg
weiterspaziert, die Hände auf dem Rücken verschränkt und den Blick auf den Teppich gerichtet. Plötzlich blieb er stehen, schaute Anthony fest an und sagte: «Einen Moment lang habe ich befürchtet, Sie würden meine Tochter in das Tauschgeschäft einbeziehen.»
Der Engländer lächelte. «Ehrlich gesagt, habe ich das erwogen. Aber ich empfinde einen großen Respekt für Paquita und würde sie nie zum Gegenstand eines Geschäfts machen. Sie müsste es sein, die meine Gefühle erwidert, und diesbezüglich mache ich mir keine Illusionen. Mit dem Velázquez halte ich mich für gut bezahlt.»
Der Herzog breitete in einer zustimmenden Geste die Arme aus. «Sie sind ein Gentleman, Señor Whitelands», rief er emphatisch.
Anthony kam nicht umhin zu erröten, als er das Lob eines Vaters hörte, der nicht wusste, was sich zwischen ihm und seinen Töchtern ereignet hatte. «Und wie gedenken Sie ihn zu überzeugen?», fuhr der Herzog sogleich fort. «José Antonio gehört nicht zu denen, die sehr leicht das Handtuch werfen.»
«Lassen Sie das meine Sorge sein», antwortete der Engländer. «Ich habe noch einen Trumpf im Ärmel.»
36
Doña Victoria Francisca Eugenia María del Valle y Martínez de Alcántara, Marquise von Cornellá, besser bekannt unter dem typischen Diminutiv Paquita, wurde desto trübsinniger, je mehr Zeit seit dem einschneidenden Moment verging, da sie in den Armen eines Engländers Ehre und Jungfräulichkeit verloren hatte. In der Zwischenzeit hatte sich nichts ereignet, was ihre Seele wieder ins Gleichgewicht hätte bringen können. Als sie in der Abgeschiedenheit des Gartens Zuflucht gesucht hatte, war sie mitten in einen heftigen Streit zwischen ein paar Generalen in Zivil und einem kriegsversehrten Klettermax geraten. Der Versuch, von Pater Rodrigo Verzeihung und spirituelle Orientierung zu erhalten, war an der Unversöhnlichkeit des Geistlichen abgeprallt. Hierauf war es zu einer unangenehmen Haussuchung gekommen, um einen möglichen Eindringling zu finden, dessen Identität sie zu ihrem wachsenden Verdruss zu kennen glaubte. Nachdem endlich wieder Ruhe eingekehrt war, das Abendessen im Familienkreis – es war schlimmer gewesen als das vorherige Chaos. Der Vater, sichtlich deprimiert, hatte von jedem Gericht nur eben ein Häppchen zu sich genommen, und das aus reiner Höflichkeit; die Mutter rührte, unter dem Vorwand einer leichten Unpässlichkeit, das Essen überhaupt nicht an; ihr Bruder Guillermo griff zwar kräftig zu, aber mechanisch und in mürrischem Schweigen; Lilí schließlich, die Freude des Hauses, wirkte am allertraurigsten, am besorgtesten, am lustlosesten. Mitten in der Mahlzeit setzte sich, zurück vom Besuch eines Schwerkranken, wie er sagte, Pater Rodrigo zu Tisch; ohne seine Gereiztheit zu verbergen, brummelte er einige Stoßgebete, knabberte an einer Scheibe Brot, schlabberte einen Schluck Wein und verließ Tisch und Esszimmer wieder, nachdem er Paquita mit einem zutiefst verächtlichen Blick niedergeschmettert hatte.
In dieser Nacht schlief die junge Marquise kaum. Vergeblich bemühte sie sich, den rastlosen Gedanken- und Gefühlswirbel zu stoppen. Wurde sie einmal von der Müdigkeit übermannt, glichen ihre Träume obszönen, delirierenden Filmen aus Teufelshand. Im Morgengrauen ebbte der nächtliche Hexensabbat ab, um schließlich einer tiefen Trostlosigkeit und einem verschwommenen Gefühl zu weichen, das so schwer zu benennen war wie das Dämmerlicht, das die Welt aus der Dunkelheit errettet. Von allen durchlittenen Qualen war das die schlimmste, und sie brauchte fast den ganzen Vormittag, um sie zu verscheuchen. Zweimal begegnete sie in den Gängen des Hauses Lilí, die ihr, statt sich ihr an den Hals zu werfen, ihre Wangen mit Küssen zu bedecken und ihr von den tausend kindlichen Gedanken in ihrem verrückten Köpfchen zu berichten, nur einen flüchtigen Blick zuwarf, verschleiert von etwas scheinbar Hasserfülltem.
Da ihr die Decke auf den Kopf fiel, beschloss sie gegen Mittag, das Haus zu verlassen. Ihre Stimmung trieb sie zwar in die Einsamkeit, aber sie baute darauf, dass ihr mit dem Eintauchen in die Menge der stumme Kontakt zu anonymen Männern und Frauen, die in ihre persönlichen Dinge versunken waren, getröstet von ihren Freuden und geplagt von ihren Problemen, helfen würde, die eigene Situation zu relativieren. Sie hatte schon Mantel und Handschuhe angezogen und die Tasche in der Hand, als das Dienstmädchen bei ihr anklopfte. Eine Frau frage nach der
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