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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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Señora Marquise von Cornellá. Wegen ihres zerlumpten Aussehens habe der Butler sie zum Dienstboteneingang weitergeschickt, und jetzt warte sie in der Küche. Ihren Namen habe sie nicht nennen wollen, ebenso wenig den Grund für ihr Erscheinen im Palais; bloß den Namen der Señora Marquise habe sie erwähnt und weniger den Wunsch als die dringende Notwendigkeit geäußert, mit ihr zu sprechen. Sie mache nicht den Eindruck einer verrückten oder gefährlichen Person, habe ein großes Bündel bei sich und trage einen Säugling im Arm.
    Paquitas erster Impuls war, die ungelegene Besucherin kurzerhand hinauszuwerfen, aber bei der Erwähnung des Babys besann sie sich anders. Da die Vorsicht nahelegte, die Unbekannte nicht in die Gemächer zu lassen, suchte sie sie in der Küche auf, wohin ihr unglückliches Aussehen sie verbannt hatte. In einem Nebenraum stärkte und bügelte eine dralle Frau eine Hemdbrust, auf die sie über gotischen Initialen eine Krone gestickt hatte. Paquita schickte sie hinaus, und da fand im Stehen das Gespräch mit der Toñina statt. «Vielleicht», hob diese nach ausgiebigem Räuspern und mehreren nur angestotterten Gesprächseröffnungen an, «vielleicht erinnert sich die Señora an gestern, wo wir uns im Hotelzimmer von diesem ausländischen Herrn begegnet sind. Ich …»
    «Ich erinnere mich genau», schnitt ihr Paquita übertrieben hochfahrend das Wort ab, um von Anfang an klarzustellen, dass diese Zufallsbegegnung und alles, was daraus hätte abgeleitet werden können, weder Verbundenheit schaffte noch den Abgrund zwischen ihnen überwinden konnte.
    Die Toñina interpretierte das richtig und schätzte die Vornehmheit in diesem Eingeständnis, denn sie hatte schon befürchtet, auf eine eindeutige Verneinung zu stoßen, was ihr Vorhaben zunichte gemacht hätte. «Danke», sagte sie etwas leiser. «Ich habe das gesagt, um … Ich meine, ich bin nicht gekommen, um Ihnen etwas zu erklären, sondern aus einem anderen Grund. Ich bin, mit Verlaub, eine Hure. Ich weiß also schon, wo mein Platz ist. Entschuldigen Sie bitte auch, wenn ich das Kind mitgenommen habe. Ich habe nicht gewusst, wo ich es lassen soll. Meine Mutter kümmert sich sonst darum, aber heute war es unmöglich … Nicht ihretwegen, sondern meinetwegen … Also, ich bin dabei, Madrid klamm und heimlich zu verlassen. Ich weiß nicht, ob ich eines Tages zurückkomme. Niemand weiß von meiner Flucht – nur ich und in diesem Moment die Señora.»
    Bei der Erwähnung des Babys schweiften Paquitas Augen unwillkürlich zu dem Tuch, in dem es steckte. Zwischen den Falten erkannte sie wulstige Augenlider und aufgedunsene Züge ohne jede Anmut. Diese ganz und gar unengelhafte Physiognomie rührte sie. Sie hob den Kopf wieder, um sich nicht unstandesgemäß zu verhalten, und befahl: «Sag schon, wozu du hergekommen bist.»
    «Es ist wegen dem englischen Herrn. Ich wusste nicht, zu wem ich gehen soll außer zu der Señora.»
    «Ich habe mit diesem Menschen nichts zu schaffen. Ich kenne ihn kaum.»
    Die Toñina erinnerte sich an das Blut auf dem Laken, begriff aber, dass es nicht anging, darüber zu sprechen. «Ich sage auch nichts anderes. Die Señora kann natürlich kennen oder nicht kennen, wen sie will. Aber wenn keiner etwas unternimmt, wird man ihn umbringen. Noch heute Abend. Alles ist bereit und der Befehl erteilt.»
    «Der Befehl?»
    «Ja, Señora – der Befehl, ihn umzubringen. Und ich wollte damit nichts zu tun haben. Der englische Herr, mit Verlaub, hat sich mir gegenüber immer gut benommen. Im Umgang und beim Zahlen. Und mit dem Kind auch, wenn es sich ergeben hat. Er ist ein guter Mensch.»
    «Warum will man ihn denn umbringen?»
    «Warum wohl, Señora? Wegen der Politik.»
    Das Bügelzimmer lag in warmem Dunst, und da es über keine weiteren Möbel als die für die entsprechenden Arbeiten notwendigen verfügte, waren die beiden Frauen stehengeblieben. Paquita hatte den Mantel anbehalten zum Zeichen, dass das Gespräch knapp ausfallen musste, und die Toñina trug das Kind auf den Armen.
    «Ich werde wenig tun können, wenn du nicht konkreter wirst», sagte Paquita ungeduldig und verärgert. Sie hätte von dieser Geschichte lieber nichts gewusst, doch jetzt gab es kein Zurück mehr.
    «Viel mehr kann ich Ihnen nicht sagen», antwortete die Toñina. «Ich habe auch keine Ahnung und mag niemand mit hineinziehen. Ich kann Ihnen keine Namen geben. Vor zwei Tagen ist ein Mann zu uns gekommen. Ich habe ihn nicht gesehen. Im Geheimen

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