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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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wird er Kolja genannt. Sagt das der Señora etwas?»
    «Nein, wer ist das?»
    «Ein Agent aus Moskau. Higinio … ich meine, ein Freund, der eine Art Vater für mich war, gehört zu der Kommunistischen Partei. Manchmal bekommt er Befehle und muss sie haarscharf erfüllen. Kolja ist zu uns gekommen, um ihm zu sagen, dass er Antonio umlegen soll. Antonio ist der englische Herr.»
    «Das weiß ich. Und was sonst noch? Erzähl mir alles.»
    «Ich war nicht mit dabei. Als ich kam, war Kolja schon gegangen. Meine Mutter und Higinio haben sich gestritten. Vor mir haben sie den Schnabel gehalten, aber aus meinem Zimmer hab ich sie gehört. Sie waren sehr aufgeregt und haben fast geschrien. Higinio hat nie jemanden getötet. Das ist ihm nicht einmal in den Sinn gekommen. Er ist ein herzensguter Mensch.»
    «Aber diesmal wird er es tun.»
    «Wenn es die Partei befiehlt, kann er sich nicht weigern. Der Gehorsam gegenüber der Partei ist das Allererste. Nur so werden wir unsere Ziele erreichen, wie Lenin sagte.»
    Als dieser Name fiel, öffnete das Baby die Augen und begann leicht zu wimmern. «Es hat Hunger», verkündete die Toñina.
    «Stillst du es?», fragte Paquita.
    «Nein, Señora. Es ist schon zu groß. Es isst Brotkrumen mit Milch, wenn möglich, und sonst Brotkrumen mit Wasser.»
    «Ich werde sagen, man soll ihm etwas Milch wärmen. Mag es Kakao?»
    «Ui, Señora, bei mir zu Hause wird für so was kein Geld verschwendet.»
    Paquita ging in die Küche, wo sich die Wärme mit dem Geruch nach Schmorbraten mischte. Sie verspürte Übelkeit, widerstand aber der Versuchung, den Mantel auszuziehen, erteilte die entsprechenden Anweisungen und ging ins Bügelzimmer zurück. «Wo sind wir stehengeblieben?», fragte sie.
    «Heute Abend sollte ich den englischen Herrn in die Nähe der Puerta de Toledo bringen, wo Higinio auf ihn warten wird, vielleicht zusammen mit anderen Kameraden, um ihn zu erschießen. Aber ich will nicht Komplizin sein, und drum haue ich ab. Natürlich, wenn ich es nicht mache, macht es jemand anders, außer die Señora verhindert es. Aber die Señora muss mir versprechen, dass sie mit der Geschichte nicht zur Polizei geht. Higinio darf nichts passieren. Versprechen Sie es mir?»
    Paquita glaubte zu ersticken, der Kopf drehte sich ihr. Sie brauchte frische Luft und Zeit zum Nachdenken. «Komm», sagte sie. «Gehen wir raus hier.»
    Als sie die Tür öffnete, hätte sie beinahe ein uniformiertes Dienstmädchen umgestoßen, das eben mit einem Tablett ins Bügelzimmer kommen wollte. Paquita bedeutete ihr, ihnen zu folgen, und die drei Frauen gingen mit dem Baby auf eine schmale Schattenseite des Gartens hinaus, wo es kalt zog. Paquita führte die kleine Gruppe zu einem sonnigen Winkel mit einer Steinbank und einem Steintisch neben einer Marmorstatue in einer Nische aus gestutzten Zypressen. Die friedliche Ecke war von den Fenstern des Palais aus zu sehen, und Paquita fragte sich, wie sie die Szene erklären sollte, falls jemand sie mitbekam. Die Frauen des Hauses waren oft barmherzig tätig, und Paquita selbst war für mehrere Familien von Mittellosen zuständig, aber noch nie hatte sie eine Bettlerin ins Haus gebracht, und schon gar nicht zu dieser Zeit und zu einem Plauderstündchen im Garten. Das Leben wurde sehr kompliziert für die junge Marquise von Cornellá.
    Das Dienstmädchen stellte das Tablett mit einer großen Tasse Kakao und einem runden Brötchen und ein paar Scheiben Wurst auf den Tisch. «Die Wurst ist für dich», sagte sie zur Toñina, nachdem sich das Dienstmädchen zurückgezogen hatte. «Ich dachte, du hast vielleicht Hunger. Sonst kannst du sie auf die Reise mitnehmen.»
    «Vielen Dank, Señora», sagte die Toñina, während sie dem Baby mit einem Löffel den Kakao einzuflößen versuchte.
    Die Operation war so schwierig, dass kein Raum zum Reden blieb, und so nutzte Paquita die Pause zum Nachdenken. Zuerst einmal gab es keine Garantie dafür, dass die Geschichte stimmte, die ihr soeben eine Unbekannte erzählt hatte, welche ganz ungeniert ihren entwürdigenden Beruf genannt hatte. Wahrscheinlich, dachte sie, gehörte alles zu einem abgekarteten Erpressungsplan. Dieses Weibsstück hatte sie dabei ertappt, wie sie aus Anthonys Zimmer gekommen war, und wollte aus der Entdeckung Kapital schlagen, aber da sie keinen weiteren Beweis hatte als ihre wenig glaubwürdigen Worte, versuchte sie sie in ein ausgefallenes Komplott zu verwickeln. Das einzig Vernünftige war, die Bediensteten zu rufen

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