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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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die Sekretärinnen, ob in der Zwischenzeit jemand angerufen hat. Nein, also schlüpft er in seinen Mantel, ergreift Schirm, Mappe und Melone, verabschiedet sich von den Mitarbeitern und entschreitet mit wiegenden Hüften. Er kennt den Weg wie seine Hosentasche, und die düsteren Gänge und Treppen beeindrucken ihn nicht. Als er das Museum verlässt, ist die Stadt in Nebel gehüllt. Auch das überrascht oder stört ihn nicht. Auf dem Weg zur Metrostation glaubt er ein bekanntes Gesicht zu sehen und bleibt stehen. Im Nebel kann er den Mann nicht eindeutig identifizieren, aber möglicherweise erkennt ihn der andere. Der alte Kurator schlägt einen Bogen. Um nichts in der Welt wünscht er eine Begegnung mit dieser verhassten Person. Bald verliert er ihn aus den Augen und nimmt etwas langsamer und gedankenversunken den ursprünglichen Weg wieder auf. Er ist überzeugt, dass der Mann zum Museum gehen will, sicherlich, um sich mit ihm zu unterhalten. Zum Glück ist er früher als sonst gegangen, so dass das Gespräch nicht zustande kommen wird. Das freut ihn, aber natürlich weiß er jetzt nicht, was zum Teufel Pedro Teacher wollen kann und warum er gerade heute kommt, am Tag dieses Anrufs.
    Zur selben Stunde liegt, Tausende Kilometer entfernt, sein ehemaliger Schüler, Kollege und Gegenspieler vieler Kontroversen auf der Castellana, niedergeschlagen von einem Kinnhaken und einem bedrohlichen Pistolenlauf ausgesetzt. Die Situation ist so absurd, dass Anthony eher empört als verängstigt ist. «Ich bin Engländer», ruft er im Falsett.
    Bevor seine Angreifer auf diese Information reagieren, ertönt ein halb martialischer, halb amüsierter Befehl: «Lasst ihn in Frieden. Er ist ungefährlich.»
    Die Angreifer rühren sich nicht; dann ziehen sie sich respektvoll zurück, während der Mann, dem er gefolgt ist, auf ihn zutritt und ihm eine kräftige Hand reicht, um ihm aufzuhelfen. Im Licht der Straßenlaterne erkennt Anthony Whitelands die athletische Gestalt, die herrschaftliche Haltung, die männlichen Züge und das offene Lächeln. Er steht auf und klopft sich mit gekränktem Gesicht Eis und Schmutz von den Mantelschößen. Dabei bemerkt er, dass sein Handgelenk sichtlich zittert. «Ich verlange eine Erklärung», murmelt er, um seine Schwäche zu verbergen und die verlorene Würde wenigstens ansatzweise wiederzuerlangen.
    «Die werden Sie bekommen, Señor Whitelands», antwortet sein Widersacher leicht ironisch. Dann schaut er ihn fest an und fügt in freundlicherem Ton hinzu: «Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern. Wir haben uns vor zwei Tagen bei unserem gemeinsamen Freund …»
    «Natürlich, ein so schlechtes Gedächtnis habe ich nicht», fällt ihm der Engländer ins Wort. «Der Marquis de Estella.»
    «José Antonio für meine Freunde. Leider auch für meine Feinde. Und Folgendes ist der Grund für diesen unglücklichen Zwischenfall. Ich habe mehrere Attentate erlitten und sehe mich gezwungen, eine Leibwache zu haben. Ich bitte Sie, diesen Kameraden die Hast zu verzeihen – Übereifer aus Vorsicht. Die triste Wirklichkeit lässt keinen Spielraum für Höflichkeit. Wir haben viele Opfer zu beklagen, und die Gewalt nimmt zu. Haben Sie sich wehgetan?»
    «Nein. Das geht schon. Und ich akzeptiere die Entschuldigung. Und jetzt, wenn Sie gestatten …»
    «Keinesfalls», entgegnet José Antonio mit ungestümer Herzlichkeit. «Ich bin Ihnen eine Wiedergutmachung schuldig, und es fällt mir nichts Besseres ein, als Sie zum Abendessen einzuladen. Ich habe Sie speisen sehen und weiß, dass Sie gutem Essen nicht abgeneigt sind. Dabei werden wir auch Gelegenheit haben, uns etwas besser kennenzulernen. Ich weiß, dass wir einige gemeinsame Interessen haben.»
    «Sehr gern», antwortet Anthony, zum einen, weil er es für unvernünftig hält, bewaffneten, rasch handelnden Leuten zu widersprechen, zum anderen, weil ihn der letzte Satz neugierig gemacht hat.
    «Dann also kein weiteres Wort», sagt José Antonio. «Doch vorher muss ich einen Moment in unserem Operationszentrum vorbeischauen, um mich nach Neuigkeiten zu erkundigen und einige Anweisungen zu erteilen. Es ist nicht weit, und es ist noch früh. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, mich zu begleiten, werden Sie wertvolle Menschen kennenlernen und ein wenig sehen, wie unsere Partei funktioniert, wenn wir sie denn noch als das bezeichnen dürfen. Kommen Sie, lieber Whitelands, mein Wagen steht gleich um die Ecke.»

17
    Unbekümmert um die gefrorenen Pfützen auf der

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