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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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zwanglos zum Du übergehend, «wenn Largo Caballero reinkommt, wird er ihn mit erhobener Faust begrüßen. Hier isst man gut, das ist das Einzige, was zählt.»
    Man tischte ihnen ein üppiges Mahl und maßlos Wein auf. José Antonio aß genüsslich, und nach kurzer Zeit waren alle sehr angeregt, auch Anthony, dem auf neutralem Boden wieder wohler war. Er fühlte sich nicht mehr verpflichtet, mit seinen Meinungen hinter dem Berg zu halten. Zudem bekundete ihm José Antonio ununterbrochen seine Zuneigung, so dass ihn auch die beiden anderen wenn nicht herzlich, so doch ehrerbietig behandelten. Nach dem ersten Gang, Rühreiern mit Pfefferschoten, sagte der Chef: «Ich hoffe, Anthony, wenn du nach London zurückkommst, erzählst du objektiv und genau, was du gesehen und gehört hast. Ich weiß, dass viele Falschmeldungen über uns im Umlauf sind – und viele eigennützige, ungerechte Urteile. Meistens handelt nicht böswillig, wer falsches Zeugnis ablegt. Die spanische Regierung scheut keine Mühen, um uns totzuschweigen. Und so kennen die Leute ihre Version, nicht die unsere. Man zensiert und beschlagnahmt unsere Publikationen, und wenn wir um Genehmigung für eine Versammlung bitten, wird sie uns systematisch verweigert. Später, da sie uns aufgrund der demokratischen Überzeugungen, zu denen sie sich angeblich bekennen, nicht eines verfassungsmäßig garantierten Rechts berauben dürfen, erlauben sie es uns doch, aber in allerletzter Minute, damit wir keine Zeit mehr haben, das Ganze zu organisieren und entsprechend bekanntzugeben. Trotzdem strömen die Leute in Scharen herbei, die Versammlung wird ein Erfolg, und am nächsten Tag erscheint in der Presse nur eine kurze Mitteilung mit der uns feindlichen Meinung der Zeitung und ein paar entstellten Zitaten aus den Reden. Wenn es, wie üblich, zu einer Plänkelei kommt, werden die Opfer der anderen aufgezählt, nicht die unseren, und selbstverständlich wird die Schuld an den Ereignissen uns in die Schuhe geschoben, als ob ausschließlich wir die Provokateure wären oder zu einer Gewalt aufriefen, deren Opfer vor allem wir sind.»
    «Und in letzter Zeit», meldete sich Sánchez Mazas mit traurigem Gesicht zu Wort, «da die Partei für illegal erklärt worden ist, dürfen wir nicht mal mehr auf so viel hoffen.»
    Anthony dachte einen Moment nach und sagte dann: «Nun, wenn die Feindseligkeit so einhellig ist, muss es dafür doch einen Grund geben.»
    Nach diesen Worten waren alle einen Moment vollkommen entgeistert. Hinter seinen Brillengläsern weiteten sich Sánchez Mazas’ Augen, und Raimundo Fernández Cuesta machte Anstalten, zur Pistole zu greifen. Doch José Antonio rettete die Situation mit schallendem Gelächter. «Oh, das berühmte fair play der Engländer!», rief er und klopfte Anthony auf die Schulter. Dann fügte er, wieder ernst, hinzu: «Aber dem ist nicht so, mein Freund. Man bekämpft uns, weil man uns fürchtet. Und man fürchtet uns, weil die Vernunft und die Geschichte auf unserer Seite stehen. Wir sind die Zukunft, und gegen die Zukunft können die Waffen der Vergangenheit nichts ausrichten.»
    «So ist es», sagte Sánchez Mazas mit ernster Überzeugung. «Wenn wir hier und heute, obwohl genötigt und geknebelt, unaufhörlich weiterwachsen und unser Druck täglich stärker wird, was geschähe da erst, wenn man uns die Hände nicht bände?»
    «Wir würden sämtliche Parteien im Nu hinwegfegen», sagte Fernández Cuesta.
    «Also wenn ihr sie abschaffen wollt», beharrte Anthony, mutiger geworden, «ist es doch logisch, dass sie sich zu verteidigen versuchen.»
    «Das ist falsch gedacht», erwiderte Sánchez Mazas. «Wir wollen die Parteien abschaffen, nicht die Menschen. Alles Falsche, Volksverdummende im parlamentarischen System unterdrücken und dem Bürger die Möglichkeit geben, sich in einem großen gemeinsamen Projekt zu integrieren.»
    «Sie haben doch schon eines», sagte Anthony.
    «Eben nicht», sagte José Antonio. «Was es heute in Spanien gibt, ist kein Projekt, sondern eine seelen- und glaubenslose Mechanik. Der liberale Staat glaubt an nichts, nicht einmal an sich selbst. Die Sozialisten sind Straßenräuber, die Radikalen sind Schurken, die Föderation der Autonomen Rechte ist opportunistisch. Mit diesen Elementen verkommt die Nationalversammlung, deren Mission es wäre, Gesetze zu erlassen, zu den hässlichsten Intrigen und schändlichsten Kompromissen. Heute bietet das spanische Parlament ein geschmackloses Schauspiel und sonst

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