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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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Fahrbahn, drückte José Antonio Primo de Rivera mit der lässigen Arroganz dessen, der aus der Gefahr den Mittelpunkt seines Lebens gemacht hat, das Gaspedal seines kleinen, aber potenten gelben Chevrolets durch. Von der Castellana fuhren sie durch die Calle Zurbarán zur Nicasio Gallego, wo das Auto vor der Nummer 21 hielt. Zuerst stiegen mit angelegter Pistole die Leibwächter aus, um sich zu vergewissern, dass die Luft rein war, dann José Antonio und Anthony Whitelands. Vor dem Eingang des Hauses standen zwei Männer in Lederjacken und Baskenmütze Wache und ließen sie hinein, nachdem sie die Losung gehört, mit erhobenem Arm gegrüßt und «Arriba España!», «Spanien lebe hoch!» gerufen hatten.
    Der Sitz, wie sich das Hauptquartier der spanischen Falange und der JONS nannte, belegte ein alleinstehendes großes Haus. Bis vor kurzem hatte es sich in einer Wohnung in der Cuesta de Santo Domingo befunden, aber zur großen Erleichterung der Nachbarn hatte ihnen der Hausverwalter wegen ausstehender Zahlungen gekündigt – die Bewegung war nicht mit reichen Mitteln gesegnet. Mit Glück und dank der Hilfe von Vermittlern und Untermietern hatten sie schließlich hier Unterschlupf gefunden. Trotzdem war ihre Lage prekär. Man könne nichts tun, wenn die, die sich an die Macht klammerten, keine Mittel scheuten, um sie zum Verstummen zu bringen, hatte José Antonio unterwegs gesagt. Der Engländer hatte sich seine Ausführungen kommentarlos angehört: Er machte sich mehr Gedanken über einen möglichen Unfall als über die Konspiration gegen den Raser am Steuer und seine Adlaten. Mehrmals waren sie ins Schleudern geraten, und nur Geschicklichkeit und Glück hatten sie davor bewahrt, mit einem Laternenpfahl Bekanntschaft zu machen. Zwar ein Phlegmatiker, aber dennoch wenig zu unnötigen Risiken neigend, hatte Anthony befürchtet, sich einem Verrückten ausgeliefert zu haben.
    Trotz der Stunde und des schlechten Wetters ging es im Sitz zu wie in einem Taubenschlag. Die meisten Anwesenden waren glattwangige Bürschchen. Mehrere trugen blaue Nankinghemden mit rotem Abzeichen. Die gleiche Insignie, ein von einer Handvoll Pfeile durchkreuztes Joch, fand sich in der Mitte einer Fahne mit roten und schwarzen vertikalen Streifen, die ein Stück Wand einnahm. Obwohl in ihre Aufgaben vertieft, ließen beim Eintreten José Antonios alle alles stehen und liegen, nahmen Haltung an, knallten die Absätze zusammen und hoben den Arm. Diese respektvolle Haltung gegenüber dem Chef beeindruckte den Engländer; obwohl er Überschwänglichkeiten nicht mochte, ließ ihn diese fanatische Atmosphäre nicht kalt. Als er zu seinem Begleiter hinüberschielte, sah er, dass dieser mit dem Überschreiten der Schwelle zum Sitz eine Verwandlung durchgemacht hatte. Der heitere, höfliche, ein wenig schüchterne Aristokrat, den er im Haus des Herzogs kennengelernt hatte, war zu einem entschlossen dreinblickenden Mann mit ungestümer Gebärde und vibrierender Stimme geworden. Den Rücken gestrafft, mit leuchtenden Augen und glühenden Wangen gab José Antonio Losungen aus mit einer Autorität, die nur blinden Gehorsam kennt. Als er ihm so zuschaute, erinnerte sich Anthony an die Bilder von Mussolini, die er in den Filmwochenschauen gesehen hatte, und fragte sich, wie weit diese Zurschaustellung Imitation und Vorspiegelung war. Auch fragte er sich, ob Paquita nur seine häusliche Seite kannte oder ihn schon einmal so verklärt gesehen hatte. Vielleicht, dachte er, will er ja mich beeindrucken und nicht sie. Wenn er meine Rivalität befürchtet, ist das die beste Abschreckung.
    Diese Überlegungen lenkten ihn aber nicht von seiner eigenen Situation ab. Es war tollkühn gewesen, allein hierherzukommen, wo ein Bedürfnis nach primitiver, leichtfertiger Gewalt zu herrschen schien, zu der sich auch noch die von außen kommende gesellen konnte. Vorsichtshalber hielt er sich an der Seite José Antonios, seines einzigen Schutzes, und versuchte herauszufinden, ob er von Idealisten, Verrückten oder Verbrechern umgeben war.
    Ein stämmiger, mittelgroßer Mann mit gewölbter Stirn trat auf sie zu, um José Antonio etwas Wichtiges mitzuteilen, unterbrach sich aber mit gerunzelter Stirn, als er einen Fremden erblickte.
    «Er ist mit mir gekommen», sagte José Antonio. «Er ist Engländer.»
    «Schau an», sagte der andere ironisch, während er Anthony die Hand gab, «Mosley schickt uns Verstärkung.»
    «Señor Whitelands hat keine Beziehung zur Politik», stellte

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