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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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errötete er und sagte: «Jetzt beruhig’ dich mal. Ich habe dich nie für dumm gehalten. Ganz im Gegenteil. Aber was mich in diesem Moment mit deiner Familie verbindet, ist keine einfache Angelegenheit. Es hat materielle und andere Aspekte, die über das rein Geschäftliche hinausgehen. Du wirst verstehen, dass ich dir keine Einzelheiten nennen darf, die dir nicht einmal dein Vater erzählt hat. Aber ich kann dir versichern, dass zwischen deiner Schwester und mir nichts ist. Und außerdem, was geht es dich an?»
    Statt zu antworten, trat Lilí langsam an den Flügel, hob den Deckel und drückte mit einem Finger zwei hohe Töne. Ohne von den Tasten aufzublicken, sagte sie: «Sehr bald werde auch ich einen Adelstitel bekommen. Und dann kann ich über den mir zustehenden Teil des Erbes meiner Großmutter verfügen. Bis dahin werde ich eine richtige Frau sein und Paquita schon eine alte Tante.»
    Sie klappte den Deckel des Flügels wieder zu und begann zu lachen, als sie die Verwirrung des Engländers sah. «Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen – noch bin ich eine unverschämte Göre.»
    Das Erscheinen des Butlers befreite ihn aus dieser angespannten Situation.
    «Seine Exzellenz hat mir das für Sie gegeben.» Er reichte ihm ein zusammengefaltetes Blatt.
    Anthony faltete es auseinander und las: «Gewichtige Gründe hindern mich daran, Sie heute wie vereinbart zu sehen und wie es mein Wunsch wäre. In Kürze werde ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen. Verzeihen Sie die Unannehmlichkeit. Mit herzlichem Gruß.» Als Unterschrift figurierte ein verschnörkeltes Namenszeichen. Anthony faltete den Brief wieder zusammen, steckte ihn in die Tasche und bat um Mantel und Hut.
    «Gehst du schon, Tony?», fragte Lilí.
    «Ja. Deine Gesellschaft ist zwar sehr angenehm, aber hier bin ich offensichtlich überflüssig.»
    Das Mädchen klappte den Mund auf, um etwas zu sagen, schloss ihn aber sogleich wieder und stürzte durch die Esszimmertür aus dem Raum. In der Halle zog Anthony den Mantel an und setzte den Hut auf, verabschiedete sich mit einem kurzen Kopfnicken von dem Butler und trat auf die Straße hinaus. Hinter ihm schloss sich die Tür übertrieben schnell, wie er fand. Ein eisiger Wind hatte die Wolken weggefegt, und am Himmel leuchteten hell die Sterne. Der Schnee war angefroren und der Straßenbelag rutschig. Anthony klappte die Mantelaufschläge hoch, ging mit kurzen Schritten einher und schaute sich nach einem Taxi um. An der Ecke der Gasse bliebt er abrupt stehen, von einem schrecklichen Gedanken niedergeschmettert. Als er sich das erstaunliche Verhalten des Herzogs zu erklären versucht hatte, war ihm eingefallen, dass dieser möglicherweise einen anderen Experten zu Rate gezogen hatte. Vielleicht hatte Anthony seine Erwartungen enttäuscht, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, was er falsch gemacht haben konnte, weder beruflich noch menschlich. Natürlich waren Unwägbarkeiten nicht auszuschließen: Vielleicht hatte der gestrenge Herzog von seinem Stelldichein mit Paquita in der Kirche erfahren, einer harmlosen Episode, deren Initiative nicht ihm zur Last gelegt werden, die aber, nach Lilís Frage zu urteilen, zu Missverständnissen Anlass geben konnte. Lilí, die nicht verhehlte, dass sie Anthony attraktiv fand, konnte sie persönlich verraten haben, um den Zorn des Vaters zu wecken und damit ein Idyll zu beenden, das nur in ihrer Phantasie existierte. Der Gedanke war abwegig und setzte eine Bosheit von Seiten Lilís voraus, an die zu glauben er keinen Grund hatte. Aber bekanntlich sind Kinder von Natur aus egoistisch und rechnen oft aus Unerfahrenheit nicht mit den Folgen ihres Handelns. Doch selbst in dieser Annahme war der Gedanke unsinnig, der Herzog habe Zeit gehabt, Anthonys Dienste durch die eines anderen, ebenso glaubwürdigen Experten zu ersetzen. Das wäre ebenso kopflos wie tollkühn gewesen – die Operation musste in größter Geheimhaltung abgewickelt werden, und ein verärgerter Gelehrter ist ein gefährliches Tier.
    Anthony war klar, dass sein Argwohn unbegründet, kindlich und zudem gesundheitsschädigend war: Wenn er noch lange reglos in der Kälte stehenblieb, würde er sich eine Krankheit holen. Aber keine dieser Erwägungen zerstreute seine Ängste. Ich rühre mich nicht vom Fleck, bis ich herausgefunden habe, was in diesem Haus vor sich geht, sagte er sich.
    Glücklicherweise brauchte er nicht lange zu warten. Nach einigen Minuten ging die Eingangstür des Palais auf, und im

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