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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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dem früheren Blassblau etwas heller und heiterer zu machen, wusste ich nicht, aber jetzt fühlte sich der Flur erst recht kalt und leer an. Chase schob die Tür auf, und als ich Sharah direkt hinter ihm sah, blieb ich kurz stehen und beobachtete sie.
    Die beiden passten zusammen … richtig gut. Beide mussten sich mit hässlichen Hinterlassenschaften befassen – den Nachwirkungen von Gewalt. Während ich an vorderster Front stand, war Chase besser darin, die Bruchstücke aufzusammeln, zu analysieren und die Arbeit im Hintergrund zu organisieren. Wir hatten nie einen gemeinsamen Mittelpunkt gefunden. Und dennoch hatten wir beide unseren Platz in den Schlachten, die uns bevorstanden. Und wir waren Blutsbruder und -schwester. Komme, was da wolle, wir würden einander beistehen.
    Chase blickte zu mir zurück. Seine Augen schimmerten, dann blinzelte er, lächelte leicht und neigte den Kopf zur Seite, als hätte er mich sprechen gehört. Er veränderte sich, entwickelte sich, und keiner von uns wusste, was aus ihm werden könnte. Nicht einmal er selbst.
    Er trat zurück und hielt uns die Tür zur Leichenhalle auf. Sharah ging direkt hinüber zu den Tischen und sprach mit Mallen, ihrem Assistenten, ebenfalls ein Elf. Er reichte ihr ein paar Tabellen, und sie überflog die Seiten.
    Langsam näherte ich mich den Tischen – fünf waren es, jeder mit einem schneeweißen Tuch bedeckt. Zumindest waren sie einmal schneeweiß gewesen. Blutflecken waren von der Unterseite darauf erblüht wie Blütenblätter. Die Muster schienen die Form von Blumen nachzuahmen. Vielleicht war das auch nur meine Einbildung – wie bei einer Art grausigem Rorschachtest.
    Die Körper darunter waren reglos, kein Atemzug, keine Bewegung. Wir brauchten nicht zu befürchten, dass sie als Vampire wieder aufstehen würden, wie damals, als Menolly hier einige Opfer hatte identifizieren müssen. Einfach … tot. Kalt, für immer gegangen. Ich holte tief Luft und blickte zu Mallen auf.
    »Wie schlimm ist es?« Ich schluckte meine Angst herunter und hielt mir vor Augen, dass ich immerhin eine Todesmaid war. Zu meinen Pflichten gehörte es – würde es bald gehören –, Seelen durch den Schleier auf die andere Seite zu begleiten. Ich würde die seelenlosen Körper nicht nur meiner Feinde hinterlassen, sondern die eines jeden, den der Herbstkönig mir zu holen befahl.
    Mallen sog scharf den Atem ein und ließ ihn langsam wieder ausströmen. »Kein hübscher Anblick. Sehr … blutig. Aber die Gesichter sind halbwegs intakt. Ich denke, man müsste sie noch erkennen können. Die Körper sind zerschmettert und verbrannt. Vier von ihnen waren ganz nah dran, als die Bombe hochging. Der fünfte … hat die Fahrt in die Klinik nicht überlebt.«
    Menolly und Camille traten zu mir. Ich griff nach Camilles Hand, als Mallen das erste weiße Tuch zurückschlug. Ich zuckte zusammen. Das Gesicht kannte ich. »Tom. Thomas Creia. Er gehört zum Verde-Canis-Clan. Eine Gruppe Werwölfe, die sich im Umweltschutz engagiert haben. Er ist verheiratet. Zwei Kinder.«
    Sharah notierte sich die Informationen, und wir gingen weiter zum zweiten Tisch. Wieder wurde das Tuch zurückgeschlagen. Wieder ein vertrautes Gesicht.
    »Scheiße. Trixie Jones. Eine von Marions Schwestern. Gestaltwandlerin – Kojote. Alleinstehend. Ich glaube, sie war verlobt, aber sicher bin ich nicht.« Das Feuer in meiner Magengrube flackerte heißer auf. Wer immer das getan hatte, ich wollte die Schuldigen in die Finger bekommen. Jetzt.
    Das dritte Tuch. Ein Mann. Ich kannte ihn vom Sehen, hätte ihn aber nicht als
Freund
bezeichnet. Sein Tod war nicht leicht gewesen – sein verzerrtes Gesicht sagte mir, dass er unter grässlichen Schmerzen gestorben war.
    »Salvatore Tienes. Werwolf. Ist kürzlich von Arizona hierher gezogen. Ich weiß nicht, zu welchem Rudel er gehörte, nur, dass er bei einer Werwolffamilie oben in Shoreline gewohnt hat.« Ich biss mir auf die Lippe und wäre am liebsten weggelaufen. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich die letzten beiden Opfer nicht sehen wollte – die irrationale Angst, es würde jemand sein, der uns noch näher stand, hatte mich fest gepackt. Mallen zog das vierte Tuch zurück.
    Ich starrte stumm auf den Leichnam hinab. Menolly und Camille drückten meine Hände, und Camille schnappte nach Luft. Sogar Chase trat näher und ließ dann den Kopf hängen.
    »Exo Reed«, sagte er leise.
    Exo kannten alle in der ÜW -Gemeinschaft. Er führte das Halcyon

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