Katzenmond
»Es tut mir leid, aber je eher wir Ihnen ein paar Fragen stellen, desto schneller werden wir den Schuldigen auf die Spur kommen.« Er blickte reihum in die stummen, tränennassen Gesichter.
Nach kurzem Schweigen ergriff Claudia Reed das Wort. »Stellen Sie Ihre Fragen, Detective. Wir werden tun, was wir können, um Ihnen zu helfen.« Sie sah die anderen an, und alle nickten zustimmend. Offenbar war Exos Frau aus härterem Holz geschnitzt, als ich angenommen hatte.
»Danke sehr. Ich weiß, das ist der denkbar schlechteste Zeitpunkt für so etwas, aber es könnte uns sehr nützlich sein.« Chase blätterte in einer Akte, klappte dann seinen Notizblock auf und hielt den Stift bereit.
»Hat einer Ihrer Angehörigen irgendetwas Ungewöhnliches erwähnt? Feinde vielleicht? Jemanden, der sie bedroht hat? Oder aus irgendeinem Grund wütend auf sie war?«
Er setzte sich wieder hin, während Nerissa ruhig Taschentücher verteilte, Schultern tätschelte und Marion, die inzwischen zitterte, eine Decke holte. Am liebsten wäre ich zu ihr hinübergegangen, um sie an mich zu drücken und ihr ins Ohr zu flüstern, das sei nur ein Irrtum gewesen, ihrer Schwester sei nichts passiert, alles in Ordnung.
Claudia zuckte mit den Schultern. »Exo hat … hatte … er hat sich zweifellos einige Feinde geschaffen. Jeder, den er als Hotelgast abgewiesen hat, könnte es dafür auf ihn abgesehen haben. Und einige Mitglieder diverser Werwolfrudel waren nicht glücklich darüber, dass er sich so einen öffentlichen Namen gemacht hat.«
Ich warf Chase einen Blick zu, den er mit einem kaum merklichen Nicken erwiderte. »Wissen Sie, ob sich in letzter Zeit Hexer oder Zauberer beim Hotel herumgetrieben haben?« Wenn Van und Jaycee etwas damit zu tun hatten, dann hatten sie wahrscheinlich noch ein paar Kollegen aus den U-Reichen hergeholt.
Die Werwölfin zuckte zusammen, und ihre Augen glommen in dem matt beleuchteten Raum. »Hexer? Verdammt – ich wusste nicht, dass da Zauberei im Spiel war.« Die meisten Werwölfe hatten für Magie nicht viel übrig.
Marion räusperte sich. »Delilah, kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?«
Ich ging mit ihr hinaus und in den leeren Raum nebenan. »Was ist?«
»Könnte das etwas mit den Koyanni zu tun haben? Ihr habt einen Haufen von denen festgenagelt, aber einige sind entkommen. Wenn ich wüsste, wo sie sind, hätte ich es dir gesagt, das weißt du ja. Aber unter den Werkojoten ist allgemein bekannt, dass ihr euch im ÜW -Gemeinderat engagiert. Ein Schlag gegen die Organisation, an deren Leitung ihr beteiligt seid, wäre auch ein Schlag gegen euch.«
Ich räusperte mich. »Da könntest du recht haben. Wir haben auch schon darüber geredet. Das bedeutet, dass ich offen über die Koyanni werde sprechen müssen. Ich weiß, dass dein Volk sie schon sehr lange geheim hält. Aber wir müssen wohl einsehen, dass es damit jetzt vorbei ist.«
Sie schloss die Augen und lehnte sich an die Wand. »Ja, das ist es wohl.«
»Mit dem Angriff auf Lukes Schwester haben sie ihre Geheimhaltung selbst aufgegeben. Früher oder später kommt das alles ans Licht. Wir dürfen alte Legenden nicht unter den Teppich kehren, wenn sich herausstellt, dass sie wahr und heute noch so gefährlich sind. Und falls die Koyanni in diesen Anschlag verwickelt sind, haben wir ein gewaltiges Problem. Möchtest du, dass ich es den anderen sage, oder willst du das lieber selbst tun? Du kennst ihre Geschichte besser.«
Marion biss sich auf die Lippe. »Ich habe meinen Schwur, sie geheim zu halten, schon gebrochen, als ich dir und deinen Schwestern von ihnen erzählt habe. Also hat er sich inzwischen wohl erübrigt. Und wenn die Ältesten nicht verstehen, warum ich offen über die Koyanni spreche, ist das ihr Problem. Wir dürfen sie nicht mehr geheim halten, wenn sie möglicherweise die gesamte ÜW -Gemeinde terrorisieren. Schon gar nicht, wenn sie etwas mit dem Tod meiner Schwester zu tun hatten. Und falls es so ist, werde ich jeden einzelnen von ihnen aufspüren und ihm die Kehle aufschlitzen.«
»Du glaubst doch nicht, dass sie es auf Trixie abgesehen hatten, weil sie wissen, dass du uns auf ihre Spur gebracht hast, oder?«
»Ich weiß es nicht.« Sie zuckte mit den Schultern, dann schlug sie eine Hand vor die Augen, und Tränen liefen ihr übers Gesicht. Mit erstickter Stimme fügte sie hinzu: »Wer immer das getan hat, muss
sterben.
«
Ich zog die hagere, zierliche Frau an mich und umarmte sie. In ihrem Restaurant hatte ich
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