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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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klopfte seine Schuhe am Boden ab, ehe er auf eine blütenweiße Fußmatte trat.
    »Nicht nötig. Er bedient sich bereits selbst.« David trat beiseite, um ihn durchzulassen. Stattdessen zog Liebermann den verblüfften Detektiv ins Treppenhaus.
    »David«, sagte er leise. »Hör zu: Was da drinnen gleich passiert, ist eine Zeugenbefragung. Das ist was Offizielles. Der Gote, wie du ihn nennst, muss also nicht unbedingt wissen, dass wir uns kennen.«
    Zu seiner Erleichterung schaltete David schnell. »Kapiert. Kommen Sie rein, Kommissar.«
    »Hauptkommissar.«
    »Auch gut.«
    Als sie das Wohnzimmer betraten, verstand Liebermann, was David gemeint hatte. Vor ihm hockte Müller an einem kunstvoll gedrechselten Tisch und verschlang die Witwe von Knut Kaiser mit den Augen.
    Sie selbst saß wie eine Statue auf einem barocken Stuhl, vor sich ein Glas Wasser. Das einzig Bewegliche an ihr waren die Augen. Große dunkle Augen, die vom Massiv Müller zur Tür glitten und sich auf David hefteten. »Er fragt mich dieselben Sachen wie am Freitag.«
    Mit wenigen Schritten war David an ihrer Seite und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Das ist sein Job. Er muss es protokollieren.«
    Liebermann sah fasziniert, wie die Schlüsselbeine von Frau Kaiser einige Zentimeter abwärtssanken, ihre Mundwinkel sich lockerten. Zuweilen entspannte Nico sich auch unter seiner Berührung, aber nie so umfassend. Es musste etwas Besonderes in Davids Fingern schlummern, das er vielleicht an dieser ominösenSchule gelernt hatte. Danach würde er ihn später fragen. Zunächst einmal folgte er ihm an den Tisch. Müllers eben noch gieriger Blick wurde fischig. Liebermann dachte kurz darüber nach, ob er ihm die Hände auflegen sollte, fand sie aber nicht willig und streckte sie der Witwe hin. »Hauptkommissar Liebermann.«
    Sie berührte sie kurz und bewegte dann den Kopf, worauf David seine verborgene Massage aufgab, eine weiße Katze von einem Stuhl hob und einladend auf die Sitzfläche wies. Dann verließ er den Raum.
    Die Katze streunte zu einem blauen Kissen, das zwischen zwei gardinenlosen Bogenfenstern auf dem Parkett lag, und rollte sich murrend zusammen. Sonst passierte wenig, außer dass Müller den Kronleuchter in der Zimmermitte und Liebermann die Witwe betrachtete. Um sie nicht zu verschrecken, hatte er die Wimpern gesenkt, wodurch der etwas befremdliche Eindruck entstand, als schlummere er. Stattdessen jedoch scannte Liebermann jedes Detail ihres Gesichts. Weiche Züge, mittellange, gerade Nase, ein hellbrauner Haarknoten, der den sanften Schwung ihrer Kieferknochen freilegte. Bis auf die Augen war nichts an ihr auffällig, ihre Schönheit beruhte allein auf dem harmonischen Zusammenspiel der Einzelheiten. Im Grunde genommen, dachte Liebermann, war Frau Kaiser das genaue Gegenteil von Nico.
    David schleppte ein Tablett mit Tassen und einer bauchigen Glaskanne herein.
    »Ich dachte mir, dass Polizisten den ganzen Tag Kaffee trinken«, sagte er, während er die Tassen verteilte und reihum mit einer grünen Flüssigkeit füllte. »Da wäre dies hier eine Abwechslung.«
    »Sehr aufmerksam«, sagte Liebermann. »Was ist das?«
    »Innerer Frieden.«
    Klang nach Einschlaftee. Vorsichtig kostete er einen Schluck. Definitiv. Aus den Augenwinkeln sah er Müller sich misstrauischüber sein Trinkgefäß beugen. Zuletzt schenkte David sich selbst ein und ließ sich neben der Witwe nieder.
    »Nun denn«, sagte Liebermann. »Beginnen wir mit einem Geständnis von meiner Seite. Ich habe den Fall erst heute Morgen übernommen, und ich sage es lieber gleich, es ist mein erster in dieser Branche.«
    Müller lief rot an und trank hastig einen Schluck Innerer Frieden.
    »Das bedeutet?«, fragte David.
    »Das bedeutet, dass ich noch keine Gelegenheit hatte, die Akten zu lesen. Mein derzeitiger Wissensstand speist sich aus dem, was ich erlebt oder von der Rechtsmedizinerin gehört habe. Demnach werde ich ganz von vorn anfangen.«
    »Mit dem Auffinden der Leiche?«
    »Nein, die Leiche steht für das Ende. Sie werden mir zustimmen, dass jedem Mord eine Geschichte vorausgeht, umgekehrt folgt manchen Geschichten ein Mord. In diesem Fall haben wir den Mord, wir haben die Methode, aber uns fehlt die Geschichte.«
    Liebermann sah, wie die Lippen der Witwe ein Wort formten. Obgleich es stumm war, hallte es laut von den Wänden wider.
    »Ja, Mord«, antwortete ihr Liebermann ruhig.
    »Das heißt: Jemand hat ihn … ertränkt? «, fragte David

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