Katzenmond
sie.«
Liebermann nickte. »Sie haben den Job also angenommen. Und?«
»Und was?«
»Wie war es um die Treue des Gatten bestellt?«
David räusperte sich und bewegte seine Finger, die ohne einen formbaren Nacken oder ein Tablett offenbar wenig mit sich anzufangen wussten. »Na ja, mäßig.«
»Und Sie?«, fragte Liebermann die Witwe. »Seit wann argwöhnten Sie, dass Ihr Mann eine Affäre hatte?«
»Was soll das denn jetzt!«, sagte David gereizt. »Merken Sienicht, dass Sie ihr weh tun? Entscheidender als der Verdacht ist ja wohl außerdem die Bestätigung.«
»Die Bestätigung«, entgegnete Liebermann, »haben Sie uns gerade geliefert. Und wenn ich Ihre aktuelle Aufregung mit einigen Gesprächsbrocken, die unlängst an meinem Ohr vorbeigeflogen sind, addiere, kommt sogar eine Adresse heraus. Nämlich eine gewisse Institution in der Geschwister-Scholl-Straße namens Aphrodite.«
David vergaß alle Vorsicht und schoss in die Höhe. »Laura oder Ralph?« Als Liebermann darauf nicht antwortete, drehte er eine wütende Runde durch das Zimmer. »Na und, es ist halt ein Job! Der eine fährt Taxi, ein anderer lässt sich massieren und spioniert nebenbei Ehemänner aus. Nicht jeder wird mit einem goldenen Löffel im Mund geboren.«
Liebermann hob die Hände, um ihm zu zeigen, dass er nichts gegen Jobs gleich welcher Art einzuwenden hatte. »Wann sind Sie dem Ehemann von Frau Kaiser auf die Schliche gekommen?«
»Vor etwa vier Wochen«, sagte David und setzte sich wieder. »Es war spielend einfach. Ich musste nachmittags nur vor der Praxis warten. Als er rauskam, bin ich ihm nach, und beim zweiten Mal hat’s geklappt.«
»Und dann haben Sie Ihre Beobachtungen noch warm und mit Fotografien illustriert an Frau Kaiser weitergegeben?«
David schlug sich ungeduldig auf den Oberschenkel.
»Wo sind die Fotos jetzt?«
Ein verhaltenes Räuspern vom Sofa her. »Reißwolf«, flüsterte Vivian Kaiser.
»Und eine Bilddatei oder einen Film?«
»Gelöscht«, sagte David. »Wie wir es abgesprochen hatten. Ich bin schließlich kein Paparazzo.«
Bedauernd ließ Liebermann die Bilder fallen. Nichts zu machen. Er sah Müller zu, wie er eine Seite seines Blocks umschlug, wobei sie verblüffenderweise nicht zerriss. Es musste ein besondersstarkes Papier sein. Dann glitt sein Blick wiederum zu David, der seine Augen in die der Witwe verhakt hatte. Zwischen dem Detektiv und seiner Klientin fand eine Art telepathisches Gespräch statt, und Liebermann wartete gespannt auf das Ergebnis. Es fiel kryptisch aus. »Mittwoch«, sagte David.
Liebermann hob die Brauen. »Das ist der Tag, an dem mein Vermieter für gewöhnlich das Treppenhaus bohnert, und der Tag, an dem Dr. Kaiser vergiftet wurde. Was meinen Sie?«
David seufzte. »Ich meine, Mittwoch habe ich ihn noch gesehen.«
Als Müller vom Stuhl sprang, segelte der Block zu Boden und jagte die weiße Katze aus dem Zimmer. »Das sagen Sie erst jetzt?!«
» Sie wollten doch unbedingt die Urgeschichte über Vivians Ehe, meinen Job und den ganzen Quatsch hören«, verteidigte sich David.
»Papperlapapp!«, brüllte Müller. »Ein Mann, den Sie beschatten, stirbt, nachdem Sie ihn am selben Tag noch gesehen haben! Warum waren Sie nicht längst auf der Wache?«
David starrte ihn trotzig an. »Vielleicht habe ich ja an eine Art höhere Gerechtigkeit geglaubt. Als Strafe für seinen Rückfall.«
»Was?«
David reckte das Kinn vor und schwieg.
»Welchen Rückfall!«, blaffte Müller.
»Na welchen wohl!«, blaffte David zurück. »Vivian hat Kaiser mit meinem Beweismaterial zur Rede gestellt. Und das war nicht gerade wenig, das können Sie mir glauben. Ich an ihrer Stelle hätte den Typen achtkantig rausgeworfen. Stattdessen hat sie ihm verziehen.«
Der Teint der Witwe gerann zu abgestandener Milch.
»Wirklich?«, fragte Liebermann sie.
»Wir sind alle nur Menschen«, murmelte Vivian Kaiser. »Alle sind wir manchmal schwach und verdienen Nachsicht.«
David machte eine abgehackte Geste. »Und was hat sie dir gebracht, deine Nachsicht?«
Müller warf seinen Stift auf den Block. »Zurück zur Sache!«
»Ich glaube, da sind wir«, sagte Liebermann ruhig. »Die Sache ist, dass Frau Kaiser ihrem Mann verziehen hat, mit dem Ergebnis, dass er sie erneut betrog.«
»Verdammt!«, fluchte David. »Er hat es gerade mal eine Woche ausgehalten!«
»Woher wissen Sie das? War Ihr Job nach dem Klärungsgespräch zwischen dem Ehepaar Kaiser nicht zu Ende?«
David verschränkte die Arme vor der
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