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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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Waldes: Vogelgezwitscher, hin und wieder ein Rascheln im Laub, der Wind in den Ästen. Irgendwo ganz in der Ferne dann das Rauschen der Schnellstraße. Nach etwa zweihundert Metern kam ein weiteres Geräusch hinzu, und es fiel ihnen schwer, es einzuordnen. Als es lauter wurde, schimmerte schon das große Tor eines Hofes durch die Äste. Es war halb geöffnet.
    Sie blieben stehen und lauschten. Ein sich regelmäßig wiederholendes Geräusch, fffh, plopp, fffh, plopp, fffh, plopp.
    Der Münchner und Caro verließen den Weg und näherten sich dem Gebäude von der Seite durch den Wald. Als sie die verfallende Ziegelmauer erreicht hatten, schlichen sie sich langsam an das Tor heran. Caro war voran und riskierte einen Blick in den Hof. Er glich einer Müllhalde: überall verrottendes Holz, alte Fahrzeuge, Lumpen, Schrott. In der Mitte des Hofes aber war eine kreisrunde Fläche von Müll befreit worden. Dort standen zwei zarte Gestalten in Lumpen und spielten Beach-Tennis.
    Sie hatten Caro das Profil zugewandt. Es mussten Kinder sein, dreizehn oder vierzehn Jahre alt. Ob sie Junge oder Mädchen waren, fiel Caro schwer zu bestimmen. Beide trugen Fetzen, vielleicht Nachthemden, und auch sie deuteten nicht eindeutig auf ihr Geschlecht hin.
    Das von Caro aus gesehen rechts stehende Kind parierte einen Schlag, erwischte den Ball jedoch so, dass er von der Kante des Schlägers absprang und genau in Richtung des halb offenen Tores flog. Das Kind rannte ihm sofort nach. Als es ihn aufgehoben hatte und sich aufrichtete, sah es Caro direkt in die Augen, keine zwei Meter von ihr entfernt.
    Caro hatte nie das Gesicht eines Eunuchen gesehen, sie wusste ja nicht mal mit Bestimmtheit, was es bedeutete, ein Eunuch zu sein, aber jetzt war sie sicher, dass einer vor ihr stand. Dieses Kind hier hatte das Gesicht eines Knaben, durch das jenes eines Mädchens durchschimmerte. Mund und Kiefer waren ausgeprägt, wie bei einem Jungen, aber die Augenpartie, Stirn und Wangen waren sanft und feminin. Die Invasion des Männlichen hatte im Gesicht dieses Pubertierenden viele Niederlagen hinnehmen müssen, und das Weibliche hatte sich an seiner statt dort niedergelassen. Das andere Kind, das sich nun auch genähert hatte, schien älter zu sein. Es hatte mehr von einem Burschen als das andere, aber auch sein Blick war unter dichten Wimpern der eines Mädchens. Benno trat nun hinter Caro hervor und sprach die Kinder an:
    »Könnt ihr uns verstehen?«
    Beide nickten.
    »Seid ihr alleine hier?«
    Die Kinder sahen sich an, unsicher, was sie antworten sollten.
    »Unsere Mutter kommt bald wieder«, sagte der Ältere. Sie mussten aus einem der deutschen Märkte stammen.
    »Leben noch Männer hier?«
    Sie schüttelten den Kopf.
    »Sie sind alle vor ein paar Tagen weg«, erwiderte der Jüngere. Seine Stimme war glasklar und hell.
    »Dürfen wir hereinkommen?«, fragte Caro.
    Der Ältere zuckte mit den Schultern, und die beiden Jungen liefen mit ihren etwas breiteren Mädchenhüften den Hof hinunter auf eine Tür zu, die in eine Art Scheune zu führen schien.
    Caro und Benno folgten ihnen. Caro fischte ihr Handy aus der Tasche und suchte die Nummer des Taxifahrers heraus, damit sie ihn anrufen konnte, falls sie eine böse Überraschung erwartete.
    Ein süßlicher Gestank fraß sich in ihre Nasen, als sie den Holzverschlag betraten. Zuerst dachte Caro, es wäre der Dunst von Schweinen, so wie es ihn auf dem Hof gegeben hatte, auf dem sie im Frühjahr gearbeitet hatte, aber diese Fäulnis in der Luft hatte einen anderen Ursprung.
    Auf beiden Seiten des dämmrigen Raumes sah Caro jetzt ein Meter hohe Käfige von der Größe eines Bettes stehen. Erst dachte sie, man hätte Tiere darin gehalten, aber dann bemerkte sie in fast jedem der Käfige verdächtig menschliche Gegenstände, wie eine Bürste, eine Zeitung, Spielzeug, eine Brille oder Bücher. Ansonsten waren die Käfige alle leer. Die Kinder waren inzwischen am Ende des länglichen Raumes nach rechts abgebogen. Caro hielt sich die Hand vors Gesicht, denn der Geruch wurde immer unerträglicher.
    Als sie um die Ecke kamen, sahen sie den Kadaver. Er lag auf dem großteils mit Stroh bedeckten Steinboden. Jemand hatte eine Decke über ihn geworden, aber der Kopf war frei geblieben. Caro brachte es nicht über sich, genauer hinzusehen und der Quelle des Gestankes noch näher zu kommen. Benno überwand sich und inspizierte den Körper aus der Nähe.
    »Es ist kein Mensch. Es ist ein Kalb, nur ein Kalb.«
    Dennoch musste

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