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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Platz! Entschuldige mich einen Augenblick!«
    Sie verschwand in dem anstoßenden Schlafzimmer. Hier brach ihre Fassung zusammen. Sie Heß sich aufs Bett fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Ihr ganzer Körper bebte in wilder Erregung. Jedem anderen wäre sie unbewegt gegenübergetreten. Aber Wilhelm, ihrem Mann –? Da versagte alle Selbstbeherrschung und Kaltblütigkeit.
    Endlich raffte sie sich zusammen. Sie griff auf das Tischchen neben sich. Mit zitternder Hand mischte sie sich ein Pulver in ein Glas Wasser, stürzte es hinunter. Nach einigen Augenblikken erhob sie sich, ging zum Toilettentisch, wusch sich mit einer erfrischenden Essenz Gesicht und Hände.
    Währenddessen saß Wilhelm Hartlaub in dem anderen Zimmer und suchte vergeblich eine Erklärung dieses Rätsels um Juliette zu finden. Wie reimte sich das alles zusammen? Das Leben in dieser vornehmen Wohnung – das Leben einer Scheuerfrau in Langenau?
    Da kam Juliette zurück. Seine Verwunderung, sein Staunen mochte sie wohl in seinem Gesicht lesen. Sie nickte ihm mit einem schwachen Lächeln zu. »Ich kann mir wohl denken, Wilhelm, über was du so vergeblich sinnst. Anna Grätz – Juliette Hartlaub ... das paßt doch schlecht zusammen?«
    Sie schöpfte ein paarmal Atem. Der verzweifelte Entschluß, zu dem sie sich drüben durchgerungen ... wie schwer fiel es doch, das alles zu dem Manne zu sagen, dem sie angetraut, dessen Namen sie trug!
    Endlich begann sie zu sprechen. »Ich werde dir volle Aufklärung geben. Selbst auf die Gefahr hin, daß du zur Polizei gehst und mich verhaften läßt.«
    Und dann erzählte sie ihm rückhaltlos, ohne etwas zu beschönigen oder zu verschweigen, alles, was sie erlebt seit jener Stunde, da sie ihn verlassen hatte ...
    Als sie geendet, saß Hartlaub lange Zeit stumm. Diese Frau ... jetzt erst waren ihm Wesen und Charakter Juliettes völlig klargeworden. Juliette und er ... wohl selten hatte es ein ungleicheres Paar gegeben. Unmöglich der Gedanke, eine solche Frau in den kleinbürgerlichen Verhältnissen eines untergeordneten Angestellten heimisch zu machen. Eine Frau, deren Sinn vor allem darauf gerichtet war, alle Reize des Daseins in unaufhörlichem Genuß auszukosten. Eine Frau, deren abenteuerliches Blut immer wieder darauf drängte, ein wildbewegtes Leben zu fuhren. —
    In zitternder Erwartung, mit weitgeöffneten Augen, schaute Juliette auf ihn. Jetzt mußte er in maßlosem Zorn aufspringen, sie mit Vorwürfen, Schmähungen überschütten.
    Doch er blieb stumm. Blickte nur trübe vor sich hin und sagte dann leise: »Das also bist du? ... Wie hab’ ich mich in dir geirrt! Jetzt kann ich dich endlich verstehen. Und weil ich dich so ganz verstehe, kann, muß ich dir auch verzeihen ...«
    »Wilhelm!« Juliette war aufgesprungen. »Wie spricht du zu mir? Deine Worte zerreißen mir das Herz! Du kannst mich verstehen? Du willst mir verzeihen? Nein – unmöglich! Treulos war ich. Schlecht hab’ ich an dir gehandelt ... Hättest du mich beschimpft – ich hätte es ertragen. Aber diese Worte? Keine schlimmere Strafe härtest du finden können. Nimm zurück, was du sagtest ... von Verstehen und Verzeihn! Ich bin’s nicht wert. – Geh zur Polizei! Zeige mich an; nichts ist zuviel für das, was ich dir angetan habe...«
    Er war aufgestanden und legte den Arm um sie. »Sprich nicht so, Juliette! Keiner, der dich so kennt wie ich, kann dich verdammen ... Dein Blut ist dein Schicksal. Zu spät sehe ich’s ein. Wir durften nie zusammenkommen ... Wenn ich jetzt gehe, für immer, scheide ich ohne Groll von dir.«

Ein schicksalsreicher Tag für Hartlaub. Als er zurückkam, fand er eine Vorladung zu Generaldirektor Kampendonk.
    Als er später das Zimmer Kampendonks verließ, ging seine Hand immer wieder zu der Tasche, in der die Bestellung des Dr. Wilhelm Hartlaub als Betriebsleiter bei den Eifel-Werken steckte, einer Tochtergesellschaft der MEA-Werke. Diese neue, glückliche Wende in seinem Leben! – Sein Herz strömte über von Freude und Stolz. Wenn er morgen von hier fortging, war der Bürodiener Wittebold für immer vergessen. Er durfte sich wieder mit Ehren Hartlaub nennen.
    Die vielen Bekannten, Freunde, die er sich in Langenau erworben – keinem konnte, durfte er sich offenbaren. Mußte stumm das große Glücksgefühl in sich tragen und durfte keinen an seiner Freude teilnehmen lassen. Der einzige – Dr. Fortuyn – war verreist. Er kam gerade an dessen Laboratorium vorüber und trat ein. Sein Blick fiel

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