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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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zusammen mit Dr. Lehnert mehrere Schalthebel. Strich für Strich stiegen die Zeiger der Volt-, Ampere- und Leistungsmesser. Bei 15 Millionen Volt stoppte Moran. Der andere Zeiger pendelte um 1100 Ampere.
    »Ich halte es für zweckmäßig, wir warten jetzt eine Stunde und beobachten vor allem die Thermometer der Kabelmäntel.«
    Eine sinnvolle Anlage zahlreicher Meßinstrumente war auf der Versuchsstrecke in die Kabelmäntel geschaltet worden. Die wichtigsten waren die elektrischen Fernthermometer.
    Fieberhaft registrierten Dr. Moran und seine Assistenten die angezeigten Werte.
    Dann schaltete Moran die volle Leistung ein. 1200 Ampere jagten jetzt bei der ungeheuren Spannung von 20 Millionen Volt durch die Versuchsstrecke.
    Ein leichter Rippenstoß weckte Rudi aus seinen Gedanken. Er drehte sich um. Lehnert stand neben ihm und nickte ihm mit glänzenden Augen zu. »Sachte! Was, mein Lieber? Wie meinte doch der liebe Kollege Abt neulich? ›Incertus an, incertus quando‹ bei euch! Na – der erste Teil ist wohl übertrieben. Aber das ›quando‹ mag doch noch einige Zeit dauern – wie?«
    »Hm!« meinte Rudi. »Da müssen Sie schon Doktor Fortuyn selber fragen! Oder, noch besser, unsere Tilly! Na – die würde Ihnen ja dienen! – Im übrigen: Was ich da gesehen hab’, ist zweifellos nicht übel. Aber was ich fragen möchte – Sie sind ja mit den ganzen Vorgängen viel besser vertraut als ich, Kollege Lehnert –: Wie stellen Sie sich das eigentlich vor, wenn nun Spannung und Stärke nicht nach und nach auf die Kabel gegeben werden, sondern stoßartig eingeschaltet werden, wie das sonst bei elektrischen Anlagen üblich ist?«
    Dr. Lehnert sah Rudi verwundert an. »Haben Sie da etwa irgendwelche Zweifel?«
    »Na, warten wir erst einmal ab, was Moran weiter macht«, entgegnete Rudi.
    Da vernahmen die Umstehenden auch schon Morans Stimme: »Ich bin zwar überzeugt, daß die Isolation auch einer plötzlichen Belastung standhält, möchte aber doch vor einem derartigen Versuch diesen Isolationsmantel eingehend analysieren. Bitte, Herr Dr. Lehnert, schalten Sie den Strom jetzt ab.«
    Nach einer weiteren Viertelstunden war der Kabelmantel gelöst und wurde in Dr. Morans Laboratorium geschafft.
    »Fräulein Doktor Gerland, möchten Sie vielleicht ein paar Blöcke prima neuen Isolationskautschuk frisch aus der Retorte sehn?«
    Tilly sah Rudi mißtrauisch an. Was für einen Unsinn würde der nun wieder verzapfen?
    »Ja, mein teures Fräulein, dann bemühen Sie sich doch selber mal in das Labor unseres Kollegen Moran! Da können Sie sie sehen.«
    »Wo waren Sie denn gestern abend, junger Mann?« erwiderte Tilly mit einem verächtlichen Blick.
    »Gestern abend? Keine Ahnung! Hab’ ich längst vergessen. Wahrscheinlich in schlechter Gesellschaft. Bei Ihnen ist ja alles schlechte Gesellschaft, was mit mir verkehrt.«
    »Rudi! Mein Gott, werden Sie denn nie vernünftig werden? Wollen Sie ewig dieser ...« Sie suchte vergeblich nach einem passenden Wort.
    »... dumme Junge bleiben?« vollendete Rudi grinsend. »Sprechen Sie’s ruhig aus, teure Labormama!«
    »Frech wie – Schwefelkohlenstoff!« sagte Tilly lachend. »Aber jetzt mal los, Rudi! Sie waren wohl drüben und haben den neuen Versuch mitangesehn? Ich hab’ gestern davon gehört. Heute sollte es losgehn. Hat’s geklappt?«
    »Wie im Pantinenkeller. Die lieben Kollegen schreien hurra und bravo. Allgemeine Feststimmung ... Ich würde an Morans Stelle ein Fäßchen auflegen.«
    »Ach! Dann wird ja bald das Bauen losgehen. Der schöne freie Platz vor unserm Haus wird wohl dran glauben müssen!«
    »Hm!« machte Rudi. »Ich denke – will sagen: hoffe –, daß das noch eine Zeitlang dauert. Gewiß, einmal muß der Platz dran glauben. Aber ich meine, dann wird für uns gebaut!«
    Tilly wollte Rudi wieder zum Ernste mahnen. Da sah sie in sein Gesicht und unterdrückte die Rüge. Rudis Jungengesicht konnte manchmal ausnahmsweise recht ernst aussehen, und dann, wußte sie, war es der Ausdruck schärfster kritischer Überlegung.
    Er fuhr zunächst mit ein paar »Hm!« weiter fort, sagte dann, wie beiläufig: »Ein 60-Minuten-Versuch ist keine Dauerbelastung. Und dann hat Moran den Saft nur so langsam, tröpfchenweise gegeben ...«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na, er hat Spannung und Stärke ganz langsam gesteigert. Ich meine, er müßte erstensmal die Anlage einer tagelangen Belastung aussetzen – und dann während dieser Zeit die Energie ruckartig ein- und ausschalten, so

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