Kavaliersdelikt-Liebe ist universell
benommen hatte. Das Bedürfnis war schmerzhaft intensiv.
Julianes Handy summte und sie zog es hervor, warf einen raschen Blick auf die SMS und lächelte.
„Eigentlich wollten meine Eltern mich bald abholen, aber wenn ich ihnen sage ...“, sie brach ab und lächelte ihn mit einem koketten Augenaufschlag an, „dass ich noch mit zu dir gehe, brauchen sie nicht herkommen ...“ Unvollendet ließ sie ihr Angebot in der Luft stehen.
Leandro zögerte. Länger, als gut war, denn ihr Ausdruck veränderte sich, wirkte irritiert, enttäuscht. Er fühlte sich mies. Auf diesen Moment hatte er doch eigentlich gewartet, sich darauf gefreut. Er hatte mit ihr zusammen sein wollen, sehen, ob es mit ihr genauso sein konnte wie mit Hendrik.
Eigenartigerweise war ihm jedoch gerade schlagartig klargeworden, dass es nie so sein würde, sein konnte, wie mit Hendrik. Er empfand nicht einmal im Ansatz dasselbe für Juliane wie für diesen Jungen. Verwirrend, verrückt, unmöglich, aber es war so. Und er durfte sie nicht länger in dem falschen Glauben lassen, sie zu lieben.
„Ich …“, begann er und war sich der Gegenwart der anderen bewusst. Hart schluckte er. „Kann ich dich mal eben alleine sprechen?“
Sie sah ihn überaus erstaunt an. Unsicherheit und Enttäuschung wechselten sich in rascher Folge ab. Stumm nickte sie und erhob sich, folgte ihm in eine ruhigere Ecke.
„Juliane ...“, begann er. Sie stand vor ihm mit verschränkten Armen, musterte ihn misstrauisch.
Was sollte er nur sagen? Er wollte sie doch nicht verletzten.
„Das … das“, brachte er stockend hervor, „das mit uns … ich glaube, das wird nicht … klappen.“
Sie starrte ihn an, ihre Augen begannen feucht zu glitzern. Sie tat ihm leid. Dennoch war es nicht das gleiche Gefühl wie bei Hendrik. Im Gegenteil, er fühlt sich erschreckenderweise erleichtert.
„Das … weißt du doch noch gar nicht“, wandte sie hilflos ein. „Wir haben es doch noch gar nicht richtig probiert. Du magst mich doch.“ Tränen lösten sich aus ihren Augen, verwischten ihre Schminke.
Leandro sah sie mitleidig an und schüttelte den Kopf.
„Ich weiß gerade nicht, was ich fühle“, gab er ehrlich zu. „Ich mag dich, ja. Aber da ist nicht … mehr.“ So war es.
Ganz anders als bei Hendrik. Wenn er an ihn dachte, pochte sein Herz, beschleunigte sich sein Pulsschlag rasant. Das war etwas ganz anderes, auch wenn der ein Junge war.
„Es tut mir furchtbar leid“, erklärte er, angesichts ihrer Enttäuschung, hilflos. „Ich will dir nur nichts vormachen.“
Juliane rannen Tränen über das Gesicht.
„Du machst einfach Schluss mit mir?“ Fassungslos starrte sie ihn an. Leandro schüttelte den Kopf und nickte schwerfällig, vermochte kaum ihrem Blick standzuhalten. Es war gemein, sie auf diese Weise zu behandeln. Er kam sich einerseits vor wie ein Verräter, andererseits waren seine Gefühle nicht ehrlich, wenn er weiterhin so tat, als ob er sie lieben würde. Es war falsch, ihr etwas vorzumachen, Gefühle zu heucheln, die er in dieser Intensität nicht empfand. Nicht für sie. Es war unfair.
Auch dies hier. Aber was sollte er sonst tun?
„Ich mag dich“, brachte er stockend hervor, zwang sich, ihrem Blick standzuhalten. „Aber nicht … so halt.“
Himmel, war das schwer. Welche Worte konnte er nehmen, die ihren Schmerz mindern würden? Er wollte ihr ja nicht wehtun.
„Verstehe schon“, zischte Juliane mit tränenerstickter Stimme. Mit fahrigen Bewegungen tastete sie nach ihrem Handy, wandte sich von ihm ab und rannte regelrecht zurück zu ihrem Tisch. Langsam, mit schweren, schuldbeladenen Schritten folgte Leandro ihr.
Er kam hinzu, als sie ihre Jacke und Handtasche ergriff.
„Ja, bitte holt mich sofort ab“, sprach sie ins Telefon, warf ihm noch einen letzten, vorwurfsvollen Blick zu und verschwand eilig in Richtung Ausgang.
Erstaunt sahen ihr die anderen hinterher, doch erst als Leandro sich gesetzt hatte, fragte Marita betroffen nach: „Was hast du der denn getan? Hast du etwa gerade mit ihr Schluss gemacht?“
Stumm nickte er, nahm seine Jacke und Hendriks Sachen, warf den perplex dreinschauenden Freunden ein: „Bis Montag“, zu und ohne sich weiter zu erklären, marschierte er los. Er konnte jetzt nicht darüber reden und nahm auch den anderen Ausgang, wollte Juliane nicht noch einmal begegnen.
Seine Gedanken drehten sich im Kreis und er wünschte sich sehnlichst, sie einfach abstellen zu können. Er wollte nur nachhause, ins Bett und
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