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Kay Scarpetta 16: Scarpetta

Titel: Kay Scarpetta 16: Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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wahrscheinlich.«
    Sie erhob sich ebenfalls und durchquerte das Loft.
      »Rose lag im Sterben«, fuhr sie fort. »Von Mitte Juni bis Anfang Juli wohnte sie im Kutschhaus meiner Tante. Sie gingen beide nicht mehr ins Büro. Marino war fort. Tante Kays Praxis war nur sehr klein, andere Mitarbeiter gab es nicht.«
      »Also hat niemand Nachrichten oder Anrufe entgegengenommen«, stellte Berger fest, während sie ihren Mantel anzog. »Bevor ich es vergesse: Kannst du die E-Mail an mich weiterleiten, damit ich auch eine Kopie habe? Denn offenbar druckst du hier nichts aus. Gib mir Bescheid, wenn du auf noch etwas stößt, das ich wissen sollte.«
      »Marino ist Anfang Mai verschwunden«, sprach Lucy weiter. »Rose hat nicht mehr erfahren, was aus ihm geworden ist, was ich wirklich gemein von ihm fand. Er hat sich einfach in Luft aufgelöst, und dann ist sie gestorben. Dabei mochte sie ihn trotz allem sehr.«
      »Und was ist mit dir? Wo warst du, als die Telefone geläutet haben, ohne dass jemand rangegangen ist oder es überhaupt bemerkt hat?«
      »Es kommt mir vor wie ein anderes Leben. So, als wäre ich nicht wirklich dort gewesen«, erwiderte Lucy. »Ich kann mich kaum erinnern, wo ich war oder was ich getan habe, als es zu Ende ging. Meine Tante hat Rose ins Gästezimmer einquartiert und ist rund um die Uhr bei ihr geblieben. Nach Marinos Verschwinden verschlechterte sich ihr Zustand rasch. Ich habe einen Bogen um das Büro und die Labors gemacht. Ich kannte Rose mein ganzes Leben. Sie war die Großmutter, die sich jeder wünscht, und sah mit ihren eleganten Kostümen und dem hochgesteckten Haar einfach spitze aus. Außerdem ließ sie sich von niemandem etwas vormachen und hatte vor nichts Angst. Weder vor Leichen noch vor Pistolen oder vor Marinos Motorrädern.«
    »Hatte sie Angst vor dem Tod?« »Nein.«
    »Aber du«, sagte Berger.
      »Wir alle. Ich am allermeisten. Deshalb habe ich etwas wirklich Geniales getan und mich abgelenkt. Auf einmal war es schrecklich wichtig, dass ich einen Auffrischungskurs in fortgeschrittenem Personenschutz, Abwehrtaktik, Angriffsanalyse, Schießtraining und so weiter besuchte. Ich habe einen Hubschrauber verkauft, mir einen neuen zugelegt und war dann einige Wochen an der Bell-Helikopterschule in Texas, was ich eigentlich auch nicht nötig gehabt hätte. Ehe ich mich's versah, waren alle nach Norden gezogen, und Rose lag in Richmond auf dem Friedhof, in einem Grab mit Blick auf den James River, weil sie Wasser immer so geliebt hatte. Darum hat meine Tante ihr diesen letzten Wunsch erfüllt.«
      »Also hat unsere momentane Situation mit einem Ereignis von damals zu tun«, stellte Berger fest. »Als alle anderweitig beschäftigt waren.«
    »Ich bin nicht sicher, was du meinst«, erwiderte Lucy.
      Sie standen an der Tür und hatten beide keine große Lust, sie zu öffnen. Berger fragte sich, wann sie wieder miteinander allein sein würden, ob das überhaupt ratsam war und was Lucy wohl von ihr dachte. Sie selbst war sich über ihre Gefühle im Klaren. Sie war nicht ehrlich gewesen und konnte das nicht auf sich beruhen lassen. Lucy hatte so etwas nicht verdient. Und sie auch nicht.
      »Als ich an der Columbia University studiert habe«, begann Berger und knöpfte ihren Mantel zu, »hatte ich eine Mitbewohnerin. Wir teilten uns eine Bruchbude, denn damals hatte ich noch kein Geld. Ich wurde nicht reich geboren, sondern habe in den Wohlstand hineingeheiratet, aber das weißt du ja. Während unseres Jurastudiums wohnten wir in einem heruntergekommenen Loch in Morningside Heights. Ein Wunder, dass wir nicht beide im Schlaf ermordet worden sind.«
      Berger steckte die Hände in die Taschen, während Lucy sie mit Blicken fixierte. Sie lehnten beide an der Tür.
    »Wir standen uns sehr nah«, fügte Berger hinzu.
      »Du bist mir keine Erklärung schuldig«, antwortete Lucy. »Ich respektiere dich und deine Lebensweise.«
      »Offen gesagt, weißt du zu wenig darüber, um sie zu respektieren. Und ich werde dir die Erklärung trotzdem geben, nicht weil ich sie dir schuldig wäre, sondern weil ich es so will. Meine Mitbewohnerin - ich möchte ihren Namen nicht nennen - hatte ein Problem. Eine psychische Störung, wovon ich damals nichts ahnte. Wenn sie gemein und wütend wurde, dachte ich, sie wolle mich absichtlich kränken, und stritt mit ihr. Allerdings hätte ich das nicht tun sollen, weil das die Sache nur noch viel, viel schlimmer machte. Eines Samstagabends hat ein

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