Kay Scarpetta 16: Scarpetta
lassen«, sagte der Officer. »Das Ding wird doch nicht etwa explodieren?«
»Haben Sie die Verpackungen mitgebracht, um die ich gebeten hatte? «, fragte Marino.
»Genau wie bei UPS«, erwiderte der Officer.
Scarpetta forderte Marino auf, die Bindfäden, die Oscar und Terri darstellten, weiter festzuhalten, während sie Benton alles erklärte.
»Außerdem sind seine Arme sehr kurz. Nur vierzig Zentimeter vom Schultergelenk zu den Fingerspitzen, weshalb der Winkel für ihn sehr ungünstig gewesen wäre«, fügte sie hinzu und sah Benton an. »Du hast mindestens zwanzig Zentimeter mehr Reichweite. Wenn du hinter der sitzenden Terri gestanden hättest, hättest du sie um beinahe fünfzig Zentimeter überragt und damit einen gewaltigen Vorteil gehabt. Ganz im Gegensatz zu Oscar. Stellt euch vor, wie jemand von seiner Größe mit Gewalt eine Schnur zurück und nach oben zieht, während sich das Opfer auf dem Stuhl nach Kräften wehrt.«
»Wenn sie dabei fast auf einer Höhe gewesen wären? Ich halte das nicht für möglich«, stimmte Marino zu. »Insbesondere dann nicht, falls er immer wieder angezogen und dann locker gelassen hat, damit sie zu Bewusstsein kam, um sie dann erneut zu würgen, wie du es erklärt hast. Da kann er Gewichte stemmen, so viel er will.«
»Ich sehe auch nicht, wie er das geschafft haben soll«, meinte Berger.
»Ich mache mir Sorgen um ihn«, sagte Scarpetta. »Hat jemand versucht, ihn anzurufen?«
»Ich habe Morales gefragt, ob jemand weiß, wo Oscar steckt, oder von ihm gehört hat«, erwiderte Benton. »Er meinte, Oscars Mobiltelefon sei bei der Polizei.«
»Er hat es freiwillig hergegeben?«, wunderte sich Scarpetta. »Zusammen mit einer Reihe weiterer Gegenstände«, antwortete Benton. »Was, zumindest wegen des Telefons, ein Jammer ist. Ich wünschte, er hätte es noch, denn bei ihm zu Hause geht niemand ran, was mich nicht überrascht. Ich habe keine Ahnung, wie wir ihn erreichen können.«
»Ich finde, wir sollten uns aufteilen, wie ich schon vorhin vorgeschlagen habe«, sagte Berger. »Benton? Du und Kay trefft euch mit Morales in Oscars Wohnung und schaut euch dort um. Marino und ich sorgen dafür, dass dieser Stuhl ordentlich verpackt wird, und kümmern uns darum, dass die Proben, die du genommen hast, und alle übrigen Beweisstücke ins Labor wandern. Anschließend gehen wir nach gegenüber und hören uns an, was die Nachbarin über Jake Loudin zu sagen hat.«
Scarpetta trug den Stuhl aus dem Badezimmer und stellte ihn vor den Officer, der ihn verpacken und unterwegs bewachen sollte.
»Falls ihr noch in Oscars Wohnung seid, wenn wir fertig sind, kommen wir nach. Lucy hat gesagt, sie wird sich melden, sobald sie neue Ergebnisse hat.«
26
Oscar Bane wohnte in der Amsterdam Avenue in einem zehnstöckigen Gebäude aus tristem gelbem Backstein, das Scarpetta an Mussolinis faschistische Bauten in Rom erinnerte. Der Portier in der Vorhalle verwehrte ihnen so lange den Zutritt zum Aufzug, bis Morales seine Dienstmarke vorzeigte. Der ältere, dickliche Mann schien irischer Herkunft zu sein und trug eine Uniform in demselben Grün wie die Markise über dem Eingang.
»Ich habe ihn seit Silvester nicht gesehen«, sagte der Portier mit Blick auf Scarpettas großen Tatortkoffer. »Ich kann mir schon denken, warum Sie hier sind.«
»Wirklich? Dann mal raus mit der Sprache«, entgegnete Morales.
»Ich habe es in der Zeitung gelesen. Persönlich kennen gelernt habe ich sie nie.«
»Meinen Sie Terri Bridges?«, erkundigte sich Benton. »Wie Sie sich bestimmt vorstellen können, reden alle darüber. Ich habe gehört, dass er aus dem Bellevue entlassen wurde. Man spricht nicht sehr nett über ihn. Jemand, über den so hergezogen wird, kann einem wirklich leid tun.«
Soweit Scarpetta feststellen konnte, hatte niemand Oscar gesehen, und sie machte sich große Sorgen, dass ihm jemand etwas antun könnte.
»Wir sind hier fünf Portiers und alle derselben Ansicht. Sie war nie in diesem Haus, sonst wäre wenigstens einer von uns ihr einmal begegnet. Außerdem benahm er sich in letzter Zeit recht komisch«, berichtete der Portier.
Er wandte sich nur an Scarpetta und Benton. Morales war ihm offenbar unsympathisch, und er machte keinen Hehl daraus.
»Aber er war nicht immer so«, fuhr der Portier fort. »Und ich muss es wissen, denn schließlich arbeite ich schon seit elf Jahren hier. Er ist vor etwa fünf Jahren eingezogen. Früher war
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